Europawahl: Trotz Enttäuschung blickt die SPD nach vorn
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SPD-Chefin Andrea Nahles machte keinen Hehl daraus, dass der dritte Platz hinter den Grünen für die SPD bei der Europawahl enttäuschend sei, bewusst richtete sie aber auch den Blick nach vorne. „Ich möchte alle SPD-Mitglieder und unsere Anhänger ermutigen selbstbewusst in die Zukunft zu schauen“, sagte sie nach den ersten Hochrechnungen im Willy-Brandt-Haus in Berlin. „Auch wenn die Ergebnisse von heute Abend schmerzen.“ Besonders bedankte sie sich bei den Spitzenkandidaten Katarina Barley und Udo Bullmann für ihren „herausragenden Einsatz“. Barley sei „mit Abstand die beliebteste Spitzenkandidatin aller Parteien“ gewesen.
Klimaschutz als wahlentscheidendes Thema
Klimaschutz sei ein wahlentscheidendes Thema gewesen, betonte Nahles und signalisierte, dass dieser Bereich im Wahlkampf bei der SPD zu wenig präsent gewesen sei. Es gebe mit den Grünen aber keine Diskussion darüber, ob die Pariser Klimaziele erreicht werden, sondern wie, erklärte die SPD-Chefin. „Wir nehmen die Herausforderung an und werden beim Klimaschutz offensiv handeln.“ Mit dem sozialverträglichen Braunkohleausstieg habe die SPD geschafft, woran Jamaika zuvor gescheitert sei, betonte Nahles und versprach, in den kommenden Monaten ein Klimaschutzgesetz auf den Weg zu bringen, das alle Bereiche der Volkswirtschaft umfasse.
Die Wahlergebnisse bestätigten zudem eine starke Veränderung der politischen Landschaft sowie der Meinungsbildungsprozesse, so Nahles. „Wirtschaft und Gesellschaft sind im Wandel. Wir haben uns noch nicht ausreichend darauf eingestellt.“ Zudem sei die SPD aktuell noch mitten in ihrem Erneuerungsprozess, den sie nach der Bundestagswahl 2017 begonnen habe: „Wir suchen die Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit.“ Inhaltliche Impulse wie das neue Sozialstaatskonzept der SPD oder die Grundrente von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil seien in diesem Zusammenhang wegweisend für die inhaltliche Ausrichtung der Partei: „In dieser Richtung werden wir weiterarbeiten.“
Basis für Wahlerfolge schaffen
Bis Ende des Jahres sollen laut Nahles „die wichtigsten Schritte zur Neuaufstellung der SPD“ abgeschlossen sein. „Das Schlimmste, was uns passieren könnte, wäre, diesen Weg auf halber Strecke abzubrechen“, sagte die Parteivorsitzende und zeigte sich überzeugt: „Wenn wir jetzt zusammenstehen, wird der Bundesparteitag eine gute Basis für erfolgreiche Wahlen im Jahr 2020 und bei der Bundestagswahl im Jahr darauf sein.“
Auch SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley ist die Enttäuschung über das Ergebnis deutlich anzumerken, als sie um 18.45 Uhr das Podium im Berliner Willy-Brandt-Haus betritt. „Ich hab echt alles gegeben, was ich konnte. Mehr ging nicht“, sagt Barley. Sie sei „zutiefst stolz“, Mitglied der SPD zu sein und habe sehr viele engagierte Genossen im Wahlkampf erlebt. Allerdings sei es der Partei nicht gelungen, das in Wählerstimmen umzusetzen. Barley will nun in Brüssel für ein „freies, sicheres und vor allem soziales Europa“ kämpfen. Sie hatte schon vor der Wahl angekündigt, dass sie am Wahltag als Bundesjustizministerin zurücktreten werde. Über ihre Nachfolge wird in den nächsten Tagen entschieden.
Bullmann hofft auf positiven Trend
Barleys Co-Spitzenkandidat und Vorsitzender der sozialdemokratischen S&D-Fraktion im Europäischen Parlament weilte am Wahlabend in Brüssel. Er hoffte auf einen positiven Trend im Laufe des Abends, der „den Weg für eine neue progressive Mehrheit im Europaparlament ebnen wird“. Mit einer solchen Mehrheit hätte der Spitzenkandidat aller europäischen sozialdemokratischen Parteien, Frans Timmermans, gute Chancen Kommissionspräsident zu werden.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo