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Energiewende: Warum die SPD einen radikalen Umbau des EEG fordert

Der SPD geht die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetz nicht weit genug. Warum das EEG sozial ungerecht ist, wofür es trotzdem gebraucht wird und wie ein Umbau aussehen könnte: die wichtigsten Fragen und Antworten zur Debatte
von Benedikt Dittrich · 30. Oktober 2020
Klimaneutralität bis 2050 – das ist das langfristige Ziel. Doch die Weichen in diese Richtung will die SPD schon jetzt stellen – mit ihren Zukunftsmissionen.
Klimaneutralität bis 2050 – das ist das langfristige Ziel. Doch die Weichen in diese Richtung will die SPD schon jetzt stellen – mit ihren Zukunftsmissionen.

Was soll mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz erreicht werden?

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, kurz EEG, wurde von der rot-grünen Bundesregierung im Jahr 2000 vorgeschlagen und verabschiedet. Seitdem wurde es mehrfach geändert, wie eine Historie auf dem Informationsportal des Bundeswirtschaftsministeriums zeigt. Es ist einer der zentralen Bausteine der Energiewende, die von der damaligen Koalition unter Bundeskanzler Gerhard Schröder angestoßen wurde. Zentrales Anliegen des EEG ist die Förderung von Strom aus Erneuerbaren Energien. Die erzeugte Energie aus Wind, Wasser und Sonne wird mit dem EEG bevorzugt ins deutsche Stromnetz eingespeist und genutzt. Um den Ausbau der Erneuerbaren zu fördern, wurde außerdem eine Abnahmegarantie des produzierten Stroms zu einem festen Preis pro Kilowattstunde beschlossen. Die Kosten dafür werden über die EEG-Umlage finanziert, die über den Strompreis jede*r Verbraucher*in zahlt.

Erhöht der Strom aus Wind und Sonne den Strompreis?

Ja und nein. Der Strompreis wird über viele Faktoren beeinflusst, neben Steuern und dem Netzausbau aber auch durch die im EEG verankerte Umlage. Woraus sich der Strompreis zusammensetzt, erklärt unter anderem die Bundesnetzagentur auf ihrer Internetseite.

Wenn an sonnigen oder windigen Tagen besonders viel Strom aus Windkraft und Photovoltaik-Anlagen erzeugt wird, steigert das zwar die Stromproduktion. Gleichzeitig drückt es aber die Preise an der Börse, wo die überschüssige Strommenge verkauft wird. Also sinkt der Gewinn aus dem verkauften Strom – das ist das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Gleichzeitig garantiert das EEG den Betreiber*innen von Windrädern und Solaranlagen aber einen Festpreis auf die Abnahme des Stroms. Diese Differenz zwischen An- und Verkauf wird über die EEG-Umlage ausgeglichen.

Ein zweiter Preistreiber sind die Ausnahmen für die EEG-Umlage. Unternehmen, die viel Strom verbrauchen, sind von der Umlage ausgenommen, um im Wettbewerb keine Nachteile aufgrund der höheren Strompreise in Deutschland zu fürchten. Diese Ausnahmen werden von allen übrigen Verbraucher*innen ebenfalls ausgeglichen – also hauptsächlich von privaten Haushalten.

Was steckt in der EEG-Novelle?

Das zentrale Anliegen bleibt unangetastet: Das EEG soll natürlich auch weiterhin den Ausbau der Erneuerbaren Energien fördern. Konkretisiert wird in dem Gesetz nun das Ausbauziel: Bis 2050 soll der gesamte Strom, der in Deutschland erzeugt und verbraucht wird, klimaneutral erzeugt werden, also frei von Treibhausgasen wie CO2. Bis 2030 soll der Wert schon bei 65 Prozent liegen. „Wir wollen, dass dieser Herbst, dieses zweite Halbjahr 2020 das Halbjahr der Erneuerbaren Energien wird“, erklärte beispielsweise SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch dazu im September bei einer Digitalkonferenz der SPD-Bundestagsfraktion.

Der Ausbau der Erneuerbaren muss weiterhin massiv vorangetrieben werden. Damit das vor Ort besser akzeptiert wird, soll es künftig möglich sein, dass Windanlagenbetreiber betroffene Kommunen an den Umsätzen aus dem Stromverkauf beteiligen.

Und auch die Kosten durch die EEG-Umlage für die Bürger*innen sollen gedämpft werden, indem der Bund über Zuzahlungen die Umlage deckelt. Das ist schon im Konjunkturprogramm vereinbart. So bleibt die EEG-Umlage auf der Stromrechnung der Bürger*innen konstant – für 2021 bei 6,5 Cent pro Kilowattstunde. Für 2022 soll die Umlage sogar auf 6 Cent sinken, um private Haushalte zu entlasten.

Löst die neue EEG-Reform jetzt alle Probleme der Energiewende?

Schön wär’s. Schon der SPD-Fraktion geht der Entwurf aus dem Wirtschaftsministerium, der am Freitag im Bundestag zum ersten Mal diskutiert wird, nicht weit genug. Matthias Miersch kündigte bereits am Donnerstag Verhandlungsbedarf in der Koalition an. In einem „Zukunftspakt Erneuerbare Energien“ definiert die Fraktion dafür zentrale Leitlinien – vom Anspruch, dass Strom weiterhin bezahlbar sein muss, über den noch umfangreicheren Ausbau der Erneuerbaren bis hin zu schnellerer Umsetzung von Projekten sowie Beteiligung der Bürger*innen.

Langfristig will die SPD die EEG-Umlage abschaffen, weil sie aus Sicht der Sozialdemokrat*innen in ihrer derzeitigen Form unsozial ist. Die Ausnahmen bei der EEG-Umlage produzierten Ungerechtigkeiten, die es gelte abzuschaffen, erklärt Fraktionsvize Miersch. Gleichzeitig soll der Ausbau der Erneuerbaren Energien aber weiter gefördert und andere Unternehmen trotzdem nicht zusätzlich belastet werden. „Wir wollen Gerechtigkeit realisieren, die das neue weiter ermöglicht“, sagt Miersch zu diesem Spagat.

In dem Positionspapier der Fraktion heißt es weiter: „Eine Finanzierung soll über die Einnahmen aus dem nationalen Emissionshandel sowie über eine Erhöhung der Stromsteuer und den Abbau von klimaschädlichen Subventionen erfolgen.“ Für Miersch ist die Finanzierung der Energiewende die Schlüsselfrage: „Wir haben in den letzten Jahrzehnten in der Energiepolitik erlebt, dass wir die Folgekosten, beispielsweise bei der Atomaren Endlagerung oder Kohle, nie preislich abgebildet haben.“

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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