Inland

Energiepreise: Was sich die SPD von der Übergewinnsteuer verspricht

Die SPD zeigt sich offen für eine höhere Besteuerung von Unternehmen, die von den Preissteigerungen im Zuge des Ukraine-Kriegs profitieren. Am Freitag stimmt der Bundesrat über die Einführung einer „Übergewinnsteuer“ ab.
von Kai Doering · 7. Juni 2022
Profiteure der hohen Benzinpreise: Die SPD will Mineralölkonzerne stärker zur Kasse bitten, mit einer Übergewinnsteuer.
Profiteure der hohen Benzinpreise: Die SPD will Mineralölkonzerne stärker zur Kasse bitten, mit einer Übergewinnsteuer.

Die Zahlen kamen überraschend – vermutlich auch für die Unternehmen selbst. Um 43 Prozent übertraf der Mineralölkonzern Shell in den ersten drei Monaten dieses Jahres den Gewinn des Vorjahreszeitraums. Bei den Konkurrenten von BP oder ExxonMobile fielen die Zahlen ganz ähnlich aus: Die fünf größten Mineralölkonzerne haben zwischen Januar und März rund 30 Milliarden Euro verdient, mehr als doppelt so viel wie im ersten Quartal 2021.

Italien und Spanien als Vorbilder?

Grund für die Rekordgewinne ist der Krieg in der Ukraine. Die Sorge vor einem Stopp der Öl- und Gaslieferungen haben die Benzinpreise nach oben getrieben. Zahlen müssen sie die Verbraucher*innen an der Tankstelle. Italien, Großbritannien und Spanien haben deshalb bereits reagiert und besteuern die zusätzlichen Gewinne extra. In Italien müssen Energieunternehmen 25 Prozent Steuern auf Umsatzerlöse zahlen, wenn diese mehr als fünf Millionen Euro betragen und mindestens zehn Prozent über dem Vorjahreszeitraum liegen.

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil könnte sich eine solche „Übergewinnsteuer“ auch für Deutschland vorstellen. Es gebe eindeutig Unternehmen, „die durch den Krieg und die Krise immer mehr dazu gewinnen“, sagte Klingbeil dem „vorwärts“. „Ich möchte, dass wir Wege finden, wie wir diese Unternehmen an der Finanzierung des Gemeinwohls beteiligen können.“ Die Übergewinnsteuer sei hierfür eien gute Möglichkeit und er freue sich deshalb, „dass es sehr viel Unterstützung für diese Idee gibt“.

Diese kommt vor allem aus den Gewerkschaften, vom Koalitionspartner den Grünen, aber auch aus der EU-Kommission. Aus der Koalition hat sich dagegen die FDP klar gegen eine solche Abgabe ausgesprochen. Sie befürchtet, dass die Steuer am Ende an die Verbraucher*innen weitergegeben wird.

Eine Frage der ökonomischen Vernunft und der Fairness

Das Bundesland Bremen will dennoch Nägel mit Köpfen machen und hat eine Initiative für eine Übergewinnsteuer in den Bundesrat gestartet. Auch Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen beteiligen sich. „Es kann nicht richtig sein, dass sich einige Unternehmen allein aufgrund der kriegsbedingten Preissteigerungen die Taschen voll machen, während Bund und Länder ihrerseits Milliarden aufwenden müssen, um die unter den Preissteigerungen leidenden Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmerinnen und Unternehmer zu unterstützen“, erklärte Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) auf Nachfrage des „vorwärts“.

Besonders die Mineralölkonzernen verdienten sich zurzeit „eine goldene Nase – und das nicht aufgrund einer eigenen Leistung, sondern lediglich aufgrund veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen“. Bovenschulte bezeichnet es deshalb als eine „Frage der ökonomischen Vernunft und der Fairness“, sich zumindest einen Teil der Sonderprofite zurückzuholen, um sie für die Finanzierung der notwendigen Entlastungspakete zu nutzen.

Ähnlich hatte Anfang Mai bereits der Vorsitzende des wirtschaftspolitischen Beirats der SPD, der Ökonom Gustav Horn, argumentiert. Die Politik müsse darauf achten, „dass Unternehmen die allgemeinen Preissteigerungen nicht zu einer exzessiven Ausdehnung der Gewinnmargen nutzen“, schrieb Horn in einem Gastbeitrag auf vorwärts.de. Die Einführung einer Übergewinnsteuer könne dafür sinnvoll sein. „Die Einnahmen könnten dazu verwendet werden, um weitere Entlastungspakete für bedürftige Haushalte zu finanzieren. Damit wären weitere dringend benötigte Zuschläge zu Hartz IV oder der Grundsicherung sowie zum Wohngeld möglich“, so Horn.

Der Text wurde am 8. Juli aktualisiert.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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