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Debattenkonvent: Wie Wirtschaft und Gesellschaft klimagerecht werden

Klimaschutz und Erneuerbare Energien haben durch den Krieg in der Ukraine nochmal an Bedeutung gewonnen. Wie sie ein Gewinn für alle werden, war eines der zentralen Themen beim SPD-Debattenkonvent in Berlin. In der Kritik dabei: die Schuldenbremse
von Kai Doering · 5. November 2022
Die Transformation als Notwendigkeit: Anke Rehlinger, Jörg Hofmann, Jens Südekum und Maia Göpel beim SPD-Debattenkovent
Die Transformation als Notwendigkeit: Anke Rehlinger, Jörg Hofmann, Jens Südekum und Maia Göpel beim SPD-Debattenkovent

Der „Salon“ des „SchwuZ“, eines queeren Clubs in Berlin-Neukölln, ist in rotes Licht getaucht. Doch wo sonst die Nächte durchgetanzt wird, geht es am Samstagvormittag um ein ernstes Thema. „Klimaschutz, Wohlstand und Energiesicherheit – wie geht das?“ lautet die Frage, über die hier beim SPD-Debattenkonvent diskutiert wird. „Wir müssen aufpassen, dass durch die Energiepreise nicht eine Ohnmacht bei den Verbrauchern entsteht“, mahnt Matthias Miersch, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion und ihr Energieexperte. Es sei daher richtig, dass die Bundesregierung mit Strom- und Gaspreisbremse in die Märkte eingreife.

Überhaupt halte er es für falsch, den Energieverbrauch allein über den Preis zu regeln, lässt Miersch die Zuhörer*innen wissen. Das sieht Klimawissenschaftlerin Brigitte Knopf anders. Der CO2-Preis sei ein „Instrument der sozialen Gerechtigkeit“ betont sie, weil dadurch zahle, wer die Umwelt verschmutze. Allerdings fehle nach wie vor die Möglichkeit, den Menschen direkt Geld vom Staat auszuzahlen. Das mache die Zahlung eines Klimagelds für möglichst wenig CO2-Ausstoß zurzeit unmöglich.

„Wir kleckern, müssten aber klotzen.“

Generell müsse in Deutschland deutlich mehr für den Klimaschutz getan werden, fordert Knopf. „Wir brauchen einen dritten Wumms fürs Klima“, sagt sie in Anlehnung an die Aussagen von Olaf Scholz zu den Entlastungspaketen der Bundesregierung. Dann sind die Zuhörer*innen dran. An fünf Tischen stehen Miersch, Knopf und weitere Klima- und Energie-Expert*innen und sammeln Ideen. Mit schwarzen Stiften schreiben sie sie auf Flipcharts.

Eine Stunde und einen Raum weiter gibt es ebenfalls viele Fragen und Anregungen. „Neue Anforderungen an den Staat in der beschleunigten Transformation“ lautet hier das Thema. Gesprächspartner sind Dierk Hirschel, Chefökonom der Gewerkschaft verdi, und Christian Krell aus der Grundwertekommission der SPD. „Der sozialdemokratische Staat muss die sozial-ökologische Transformation gerecht gestalten“, fordert Hirschel. Nach 20 Jahren „dunklem neoliberalem Zeitalter“ und einem damit verbundenen Investitionsstau sei es für die Ampel-Regierung aber schwierig, jetzt durchzustarten. „Wir kleckern, müssten aber klotzen“, sagt Hirschel.

Erneuerbaren Energien als industriepolitische Notwendigkeit

Als ein Hindernis hat der Wirtschaftswissenschaftler die Schuldenbremse ausgemacht. „Ich wünsche mir einen offensiven Umgang der SPD mit der Schuldenbremse, denn sie verhindert Investitionen“, sagt Hirschel. Ins selbe Horn stößt wenig später auch Jörg Hofmann. „Wer eine grüne Null in der Klimabilanz will, wird das nicht mit einer schwarzen Null in der Haushaltspolitik hinkriegen“, ist der Vorsitzende der IG Metall überzeugt. In der Diskussion geht es um das Thema „So kriegen wir die klimagerechte Wirtschaft und Gesellschaft hin“.

Neben Hofmann sitzt Anke Rehlinger. „Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist zu einer industriepolitischen Notwendigkeit geworden“, weiß die saarländische Ministerpräsidentin. „Damit sichern wir auch Arbeitsplätze.“ Damit der Ausbau gelinge, brauche es jedoch „politisches Leadership“ ebenso wie eine gute Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteur*innen. Und natürlich Geld. „Ohne, dass der Staat Geld mit reingibt, wird es nicht gehen. Das muss auch die FDP einsehen“, sagt Rehlinger.

„Der Status Quo ist nicht zukunftsfähig.“

„Die Transformation ist die einzige Möglichkeit, unseren Wohlstand zu erhalten“, ist Jens Südekum überzeugt. Auch für den Wirtschaftswissenschaftler sind „Klima- und Industriepolitik zwei Seiten derselben Medaille geworden“. Daran habe auch der Krieg in der Ukraine nichts geändert, im Gegenteil. „Alles, was vor dem 24. Februar gegolten hat, gilt jetzt nochmal mehr“, sagt Südekum. Ob bei der Gewinnung von Fachkräften oder dem beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien brauche es eine „Politik aus einem Guss“. Und: „Es darf keine Abstriche bei den Investitionen geben.“

Soll die Transformation gelingen, kommt es aus Sicht von Maja Göpel aber auf noch etwas an: mehr Ehrlichkeit. „Wir sind nicht der Exportweltmeister, sondern importieren die allermeisten Rohstoffe, die wir brauchen“, stellt die Nachhaltigkeitsforscherin klar. Dass in Deutschland „noch keine ernsthafte Debatte über die Kreislaufwirtschaft“ geführt werde, hält Göpel daher für fahrlässig. Für sie ist klar: „Der Status Quo ist nicht zukunftsfähig.“ Es müsse über die Art der Tierhaltung ebenso gesprochen werden wie über die Erzeugung von Energie.

Und auch was die Diskussion über die Klimaziele angeht, wünscht sich Maja Göpel einen anderen Ton. Auch wenn es immer schwieriger werde, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen: „1,8 Grad sind immer noch besser als 2,5 Grad“, stellt Göpel klar. Dafür lohne es sich zu kämpfen. „Es gibt kein Zu-spät beim Klimaschutz.“

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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