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ddvg betreibt keine Briefkastenfirma

Die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft betreibt keine Briefkastenfirma. Anderslautende Gerüchte, die am Mittwoch sogar den nordrhein-westfälischen Landtag beschäftigten, weist die SPD-Medienholding zurück. Die „Cavete“ Global Ltd. werde für das Engagement in Asien gebraucht – und Gewinne nach deutschem Recht besteuert.
von Kai Doering · 20. April 2016
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Die Meldung sollte für Wirbel sorgen. „Hat die SPD eine Briefkastenfirma in Hong Kong?“ fragte die bei Verschwörungstheoretikern beliebte Seite sciencefiles.org. Kurz darauf griff der rechtsgerichtete Blog „Achse des Guten“ das Thema auch auf unter der Überschrift „Wozu braucht die SPD eine Offshore-Firma in Hongkong?“.

An diesem Mittwoch fand das Thema schließlich sogar den Weg in den nordrhein-westfälischen Landtag. „Wie ist es zu erklären, dass die SPD über ihre Medienholding, die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft, eine Briefkastenfirma in Hongkong hat?“, wollte der CDU-Abgeordnete Marcus Optendrenk am Rande einer Unterrichtung der Landesregierung zu den „Konsequenzen aus den Panama Papers“ von Finanzminister Norbert Walter-Borjans wissen.

ddvg: „Cavete“ hat keine Merkmale einer Briefkastenfirma

Tatsächlich hat die Unternehmensholding der SPD, die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (ddvg) mit der „Cavete“ Global Ltd. eine hundertprozentige Tochterbeteiligung in Hongkong . Diese weise jedoch „keinerlei Strukturmerkmale einer Briefkastenfirma auf“, teilte die ddvg mit.  Dass es diese Firma gibt, ist auch frei einsehbar auf der Website der ddvg veröffentlicht. Von Geheimnissen kann also keine Rede sein.

Die Gesellschaft sei „nicht darauf angelegt, irgendwelche Sachverhalte in unzulässiger Weise zu gestalten, Vermögenswerte zu verbergen oder steuerlichen Verpflichtungen auszuweichen“, betont die ddvg. Die Steuerfrage habe für die Gründung der Firma keine Rolle gespielt. Mögliche Gewinne würden „nach deutschem Steuerrecht versteuert“. Daher sei die Vermutung, die SPD betreibe eine Briefkastenfirma zur Steuerhinterziehung „völlig abwegig“.

Hongkonger Firma finanziert Engagement in Asien

Warum aber betreibt die SPD über ihre Medienholding überhaupt eine Gesellschaft in Hongkong? Im vergangenen Jahr ging mit der Internetseite okoer.com ein Verbraucherportal für China online, das sich am Vorbild des deutschen „Öko-Test“-Magazins orientiert: Produkte des chinesischen Marktes werden mit Hilfe von „Öko-Test“ in Deutschland unabhängig getestet. Damals berichtete der „Spiegel“ wohlwollend sowohl im Magazin als auch online. okoer.com stößt in China inzwischen auf großes Interesse und hat enorme Wachstumsraten. Zurzeit werden 40 Mitarbeiter beschäftigt. Bis zum Jahresende plant die ddvg den Ausbau des Teams auf bis zu 100 Mitarbeitern. Die ddvg hält die Mehrheit an diesem Verbraucher-Portal.

Um sich in China zu engagieren, war jedoch eine Firma notwendig, die ihren Sitz im Land hat. Hongkong geriet in den Blick, da das Gebiet zwar seit 1997 wieder zu China gehört, jedoch als „Sonderverwaltungszone“ besondere Rechte genießt. Eine mehrheitliche Beteiligung ausländischer Unternehmen an in China tätigen Unternehmen lässt sich in Hongkong wesentlich einfacher umsetzen als im chinesischen Mutterland. Deshalb wurde die „Cavete“ Global Ltd. in der einstigen britischen Kronkolonie angesiedelt.

„Achse des Guten“: Krude Theorien statt Journalismus

Von einer Schein- oder gar Steuervermeidungsfirma – wie es die Berichte auf sciencefiles.org und bei der „Achse des Guten“ nahelegen – kann daher überhaupt keine Rede sein. Diesbezügliche Berichte sind eher Futter für Verschwörungstheoretiker als das Ergebnis sauberer journalistischer Recherche – ein Trend, der bei der „Achse des Guten“ schon länger zu beobachten ist.

Das wurde zuletzt Anfang des Jahres deutlich als mit Michael Miersch einer der bisherigen Betreiber das Portal verließ. „Auf der Achse hat sich eine Stimmung breitgemacht, die kaum noch etwas gemein hat mit der ursprünglich liberalen, weltoffenen und aufgeklärten Haltung dieses Autorenblogs“, schrieb er damals zur Begründung.

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Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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