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Corona in den USA: „Trump-Administration versagt in der Krise“

Noch vor kurzem war die Corona-Pandemie in den USA kaum spürbar. Inzwischen ist der Alltag deutlich eingeschränkt. In der Kritik steht Präsident Trump für sein Krisenmanagement.
von · 18. März 2020
US-Präsident Donald Trump steht für seinen Umgang mit der Corona-Krise in der Kritik.
US-Präsident Donald Trump steht für seinen Umgang mit der Corona-Krise in der Kritik.

Wie macht sich die Corona-Krise im amerikanischen Alltag bemerkbar?

Vor gut einer Woche schien der Alltag in den meisten Teilen der USA noch normal. Das rächt sich jetzt, denn die neue Realität der Pandemie ist inzwischen auch in den USA gekommen. Die Flut der Berichterstattung wirkte insbesondere in den letzten Tagen sehr aufgeregt. Da ging es um den verzweifelten Kampf um Klopapier bis zu leergefegten Supermarktregalen, und inzwischen um die Schließung von Restaurants und Stadien. Die Politik reagierte nur langsam und trotz täglicher live-Schalten ins Weiße Haus scheinen die Reaktionen dieser Regierung hilflos und unvorbereitet. Die Trump Administration ist schlicht nicht auf das Lösen von echten Problemen vorbereitet und versagt in der Krise.

Dazu kommt, dass es in 50 Bundesstaaten 50 verschiedenen Herangehensweisen zu geben scheint. Während ein Bundesstaat das öffentliche Leben in einigen Bezirken komplett stilllegt, können Menschen in Nachbarbezirken und Nachbarbundesstaaten noch Restaurants und Schulen besuchen. Der New Yorker Gouverneur Andrew Cuomo mahnt deswegen eine aggressive bundesweite Strategie für Tests, Schulschließungen und die Kapazitätserweiterung von Krankenhäusern an, um die Auswirkungen von COVID-19 zu verlangsamen und abzuschwächen. Die Kommunen kämpfen gegen COVID-19 und werben vehement für die soziale Distanzierung ihrer Einwohner*innen. Wie dann das tägliche Überleben vieler Arbeiternehmer*innen, die von Lohnzahlung-zu-Lohnzahlung leben, funktionieren soll, ist schwer vorstellbar.

Vergangene Woche hat der US-Kongress bereits ein Coronavirus-Finanzpaket in Höhe von insgesamt 8,3 Milliarden Dollar verabschiedete. Am Samstag verabschiedeten dann die Mitglieder des Repräsentantenhauses das Gesetz Family First CoronaVirus Response Act mit breiter, parteiübergreifender Mehrheit. Das Gesetz beinhaltet Maßnahmen für bezahlten Notfallurlaub und kostenlose Tests für COVID-19. Obwohl noch nicht im Senat beschlossen, hat Trump seine Unterstützung zugesagt. Erst einmal wird das soziale Abstandhalten die neue Norm werden. Keine Paraden am St. Patrick’s Day, Washingtons japanische Kirschbäume blühen ohne Besucher, leere Broadway-Theater, und March Madness Basketball — alles abgesagt, möglicherweise wochenlang.

Mit welchen Maßnahmen hat die Regierung auf die Krise reagiert?

Am Montag hat die US-Regierung deutlich strengere Richtlinien als bisher bekanntgegeben. So sollen Zusammenkünfte von mehr als zehn Personen vermieden werden. Auch nicht-essentielles Reisen sollte unterlassen werden. Kinder und Jugendliche im Schulalter sollten nach Möglichkeit von zu Hause aus lernen. Präsident Trump sagte dazu live, dass das Land aufgrund des Virus bis Juli, August mit einer Reihe von Einschränkungen rechnen müsse. Diese neuen Richtlinien sind Empfehlungen und gelten zunächst für die nächsten 15 Tage.

Dennoch, eine flächendeckende Regelung gibt es hiermit noch immer nicht. Trump forderte zum Beispiel nur die Gouverneure in den Bundesstaaten auf, in denen es Anzeichen für eine Mensch-zu-Mensch Übertragung gibt, Schulen, Restaurants, Fitnesscenter und andere Orte, an denen sich Menschengruppen versammeln, zu schließen. Die Regierung versucht nun, die Anzahl der Tests auf das Virus zu erhöhen, angefangen bei Mitarbeiter*innen des Gesundheitswesens, Ersthelfer*innen und Menschen ab 65 Jahren mit Atemwegsbeschwerden und Fieber über 37,6 Grad.

Zudem räumte Trump ein, dass die Wirtschaft möglicherweise in eine Rezession rutschen werde. „Das Schlimmste steht uns noch bevor", sagte Dr. Anthony Fauci, der Direktor des Nationalen Instituts für Allergie- und Infektionskrankheiten, bei einer Besprechung im Weißen Haus am Sonntag. "Es ist die Art und Weise, wie wir auf diese Herausforderung reagieren, die den endgültigen Endpunkt bestimmen wird. Wir sind jetzt an einem sehr, sehr kritischen Punkt.” Das sind offene und starke Worte, von denen sich viele Amerikaner_innen wünschten, dass Trump sein Regierungshandeln konsequent daran orientieren würde.

Wie haben sich die Beziehungen zu den Nachbarländern verändert?

Präsident Trump hat am Montag wegen der Pandemie mit den Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten telefoniert. Zu den G7-Staaten gehört auch Kanada, der nördliche und größte Nachbar der Vereinigten Staaten. In einer gemeinsamen Erklärung des Weißen Hauses vereinbarten sie enge Zusammenarbeit, um die globale Reaktion auf die COVID19-Pandemie zu beschleunigen und zu koordinieren. Die Gesundheits- und Finanzminister werden zu einem wöchentlichen Telefonat zur Koordinierung der Maßnahmen aufgerufen, so die Staats- und Regierungschefs.

Um den Fluss des Virus einzudämmen, einigten sich der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau und US-Präsident Donald Trump darauf, die Grenze zwischen beiden Ländern für nichtessentiellen Reiseverkehr zu schließen. Den Handel soll dies aber vorerst nicht betreffen. Die Südgrenze zu Mexiko ist derzeit noch offen, wobei sowohl die US-Regierung als auch die Regierung Mexikos über eine Schließung der Grenze nachdenken. Die US-Regierung plant allerdings, Migrant*innen, die die Grenze illegal überqueren, sofort nach Mexiko zurückschicken zu wollen, einschließlich Asylsuchende. Mexiko hat laut dem Johns Hopkins University & Medicine Coronavirus Research Center mit 93 bestätigten Fällen weitaus weniger betroffene Menschen, als die USA mit 6.519 Fällen (Stand 18. März 2020). Die zu erwartenden schweren wirtschaftlichen Konsequenzen scheinen der Hauptgrund zu sein, beide Grenzen -Nord und Süd- bis auf weiteres offen zu lassen.

Wie hat sich die Wahrnehmung Deutschlands aus der Außenperspektive verändert?

Deutschland hat in den USA ein überwiegend positives Image. Wir gelten gemeinhin als effizient, organisationsstark und krisenerprobt. Um es salopp zu sagen: „Germany has its sh** together“. Diese Krise hat das Potential, dieses Image zu bestärken oder ihm einen Dämpfer zu verpassen. Ein Fokus wird darauf liegen, wie das deutsche Gesundheitssystem mit einer Pandemie umgeht. Dies wird sicherlich die Debatte um die Reform des US-Gesundheitssystems im Wahlkampf mit beeinflussen.

Sollte Deutschland diese Krise gut meistern, dann wird das denjenigen Auftrieb geben, die sich für ein öffentlich finanziertes System in den USA stark machen. Was die Wirtschaft und arbeitsmarktpolitische Instrumente angeht, so wurde der Erfolg des „Kurzarbeitergeldes“ bereits 2009 wahrgenommen. Hier kann Deutschland weiter Vorreiter für progressive Ideen in den USA sein. Ähnliches gilt für staatlich garantierte und zum großen Teil öffentlich finanzierte Kinderbetreuung. Was Deutschlands Rolle in der EU angeht, so wurde in den USA ein Mangel an inner-europäischer Solidarität wahrgenommen. Die Beschränkungen zum Ausfuhr notwendigen medizinischen Materials zur Bekämpfung der Krise bei Deutschlands europäischen Nachbarn sind kein Vorbild für ein Land, das sich für internationale Kooperation und multilaterale Lösungen einsetzt.

Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf die Arbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung?

Die Auswirkungen der Krise auf die Arbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung sind massiv. Als Organisation, die in Deutschland und global Dialog-, Austausch- und Bildungsprogramme organisiert, betreffen die Einschränkungen von Reisen, Versammlungen und des öffentlichen Lebens den Kern der Rahmenbedingungen unserer Arbeit. Das gilt insbesondere für ein Büro wie das in Washington, DC, das Programme für eine Vielzahl von Gesprächspartner*innen aus Deutschland und Europa durchführt.

Internationale Programme sind, nicht nur aufgrund der geltenden US-Einreisebeschränkungen, bis Mitte April ausgesetzt. Bereits vorbereitete Veranstaltungen werden auf die zweite Jahreshälfte verschoben. Doch auch dies ist in den USA schwierig. Angesichts der Präsidentschafts- und Kongresswahlen im November war geplant, viele Programme in den ersten sechs Monaten des Jahres umzusetzen. Nun gilt es, kreativ zu sein. Wir werden unsere Beratungsfunktion weiter ausbauen u.a. mit Hintergrundanalysen, digitalen Alternativen (wie Video-Konferenzen) und Vorbereitungen für die für die Programme in der zweiten Jahreshälfte füllen – in der Hoffnung, dass diese sich dann auch tatsächlich durchführen lassen. Insgesamt werden wir unsere digitale Präsenz erhöhen.

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