Inland

Corona-Politik: So will die Ampel in den Pandemie-Herbst steuern

Die Bundesregierung geht für den kommenden Herbst und Winter von weiterhin hohen Corona-Infektionszahlen aus. Ab Oktober sollen dafür neue Regeln gelten. Die Rede ist von einem Basisschutz auf „Winterreifen“ und einer Warnstufe auf „Schneeketten“.
von Benedikt Dittrich · 3. August 2022
Über die neuen Corona-Regeln muss noch im Bundestag abgestimmt werden.
Über die neuen Corona-Regeln muss noch im Bundestag abgestimmt werden.

Eine gute Prognose schickt Karl Lauterbach am Mittwoch im Gespräch vorweg: Eine gefährlichere Corona-Variante, eine Kombination aus Delta- und Omikron-Mutation, erwartet der Bundesgesundheitsminister nach aktuellen Labordaten nicht. Trotzdem stimmt er die Bevölkerung auf einen Corona-Herbst und Winter ein mit weiterhin hohen Infektionszahlen. „Wir werden eine bessere Situation haben als im vergangenen Herbst“, so Lauterbach bei der Vorstellung der neuen Corona-Regeln, die dann gelten sollen, „aber wir werden eine Kerze haben, die von beiden Seiten brennt.“ Denn bei den anhaltend hohen Corona-Infektionszahlen erwartet der Sozialdemokrat einerseits eine höhere Belastung der Krankenhäuser und gleichzeitig mehr Personalausfälle aufgrund von Infektionen. Darauf bereite man sich nun vor, wie er im Einklang mit Justizminister Marco Buschmann (FDP) erklärte. Die neune Corona-Schutzmaßnahmen sollen nach den notwendigen Abstimmungen und Gesetzesänderungen in Bundestag und Bundesrat von Oktober bis Ostern gelten – also wie bei der Winterreifen-Regelung für Pkw „von O bis O“.

Allgemeine Regelungen

Um die Corona-Infektionszahlen so niedrig wie möglich zu halten, setzt die Bundesregierung künftig vor allem auf eine umfassende Maskenpflicht in öffentlichen Räumen sowie bereits geltende Corona-Arbeitsschutzverordnungen für Betriebe. Für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen kommen ein tagesaktueller, negativer Schnelltest oder eine frische Impfung hinzu, respektive der Nachweis, dass man erst vor kurzem von Covid-19 genesen ist. „Frisch“ bedeutet in dem Fall: Maximal drei Monate alt.

Maskenpflicht in Flugzeug und Fernverkehr

Wer im Herbst mit dem Flugzeug oder den Fernzügen der Bahn verreist, muss weiterhin eine FFP2-Maske während der Fahrt oder des Fluges tragen. Im öffentlichen Nahverkehr entscheiden die Bundesländer wie bisher eigenständig, mit den gegenwärtigen Regeln würde es aber auch dort bei einer Maskenpflicht in Bus und Bahn bleiben.

Restaurants, Bars, Fitnessstudio

Hier soll es künftig eine Ausnahme geben: In der Gastronomie kann auf eine Maskenpflicht verzichtet werden. „Sie bringt in Bars und Restaurants recht wenig“, erklärte Lauterbach mit Verweis darauf, dass sie beim Essen und Trinken ohnehin abgenommen werden müsse.

Für effektiver hält der Gesundheitsminister deswegen dort einen negativen Schnelltest respektive eine frische Impfung oder den Genesenen-Nachweis. Konkret entscheiden können über diese Ausnahmeregel die Bundesländer, Wirt*innen sollen für ihre Einrichtung selbst entscheiden dürfen, ob sie allein den Test- oder Impfnachweis zur Zugangsvoraussetzung machen. „Dann haben wir eine Chance, die Sicherheit dort zu erhöhen“, so Lauterbach. Die Regel gilt auch für den Kultur- und Freizeitbereich. Auf frühere 2G-, oder 3G-Regelungen soll laut Entwurf verzichtet werden.

Schulen und Kitas

Für Schüler*innen ab der fünften Klasse können die Bundesländer eine Test- oder Maskenpflicht verhängen. Dabei geht es nach Ansicht von Lauterbach und Buschmann vor allem darum, den Präsenzunterricht weiter zu ermöglichen – also neben den Kindern auch das Lehrpersonal vor Infektionen zu schützen.

In den unteren Klassen und Kitas soll es nur Testmöglichkeiten geben, aber keine Maskenpflicht. Auch hier obliegt die Entscheidung den Ländern.

Lockdowns, Schließungen, Ausgangssperren

Für die ab Oktober geltenden Regeln sind keine weitergehenden Maßnahmen vorgesehen, wie es sie im vergangenen Winter noch gab: Es soll weder Betriebsschließungen noch Veranstaltungsverbote geben, wie Lauterbach und Buschmann erklärten.

Allerdings: Bei hohen Infektionszahlen, einer Belastung des Gesundheitssystems oder der kritischen Infrastruktur durch Personalausfälle gibt es die Möglichkeit, eine Warnstufe auszurufen. Dann würden Ausnahmen bei der Maskenpflicht entfallen, außerdem wären dann zusätzliche Hygienekonzepte, Abstandskonzepte und Personenobergrenzen für Veranstaltungen wieder möglich. Diese Gefahrenstufe wäre laut Lauterbach und Buschmann dann der Wechsel von den „Winterreifen“ auf die „Schneeketten“.

Diese Situation sollen die Parlamente der Bundesländer feststellen dürfen. Dafür können die Läner auch vorher Regeln festlegen, eine Pflicht besteht dazu aber nicht. Es obliegt also allein den Ländern, von welchen Werten und Daten sie eine solche Notsituation abhängig machen.

Impfkampagne

Karl Lauterbach setzt auf Bundesebene dafür aber umso mehr auf die nächste Impfkampagne. Dann mit an die aktuellen Omikron-Mutationen angepasste Impfstoffe. Bei den Herstellern Biontech und Moderna rechnet er demnach bereits mit einer Zulassung ab September, „sodass dann die Impfstoffe zur Verfügung stehen.“ Sie sollen stärker vor einer Infektion auch mit einer Omikron-Variante des Coronavirus schützen, die bei den ursprünglichen Impfstoffen im Laufe der Zeit abfiel. „Es ist aber nicht so, dass es gar keinen Infektionsschutz mehr gibt“, erinnert Lauterbach an die weiterhin wirksamen Impfstoffe.

Als frühstmöglichen Termin für die Zulassung der angepassten Vakzine sieht Lauterbach den 9. September. Mit dem Corona-Medikament Paxlovid habe man außerdem schon jetzt eine gute Möglichkeit, die Sterblichkeit bei Corona-Infektionen weiter zu senken, so der Gesundheitsminister.

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare