Arbeitnehmer*innen-Rechte

Corona-Krise: Kurzarbeitergeld steigt auf bis zu 87 Prozent

Kai Doering23. April 2020
Arbeitnehmer*innen sollen gut durch die Corona-Krise kommen. Die große Koalition erhöht deshalb das Kurzarbeitergeld.
Arbeitnehmer*innen sollen gut durch die Corona-Krise kommen. Die große Koalition erhöht deshalb das Kurzarbeitergeld.
Mehr Unterstützung für Arbeitnehmer*innen in der Corona-Krise: Die große Koalition erhöht das Kurzarbeitergeld auf bis zu 87 Prozent. Zudem soll das Arbeitslosengeld länger ausbezahlt werden.

Bisher erhalten Beschäftigte, die in Kurzarbeit sind, 60 Prozent ihres bisherigen Netto-Gehalts (leben Kinder im Haushalt sind es 67 Prozent). Nun haben sich SPD, CDU und CSU auf eine deutliche Aufstockung geeinigt. Die Erhöhung soll stufenweise erfolgen. Ab dem vierten Monat erhalten Kurzarbeiter*innen künftig 70 Prozent ihres letzten Gehalts (mit Kindern 77), ab dem siebten Monat 80 (87) Prozent.

Arbeitslosengeld wird um drei Monate verlängert

Die SPD hatte auf eine Erhöhung des Kurzarbeitergelds gedrungen. Unterstützung erhielt sie dabei von den Gewerkschaften. Eine Erhebung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hatte kürzlich ergeben, dass die Mehrheit der Beschäftigten in Kurzarbeit mit dem bisherigen Satz nicht länger als drei Monate über die Runden käme. „Kurzarbeit sichert in Deutschland derzeit Millionen von Arbeitsplätzen in der größten wirtschaftlichen Krise, die wir in unserer Generation erleben. In den USA etwa sind ohne Kurzarbeit in den letzten Wochen über 22 Millionen Arbeitsplätze verloren gefangen“, betonte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil.

Auch der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann zeigte sich zufrieden: „Angesichts des massiven Widerstands der Union und der Arbeitgeber sind die Ergebnisse zur Anhebung des Kurzarbeitergeldes ein Erfolg“, sagte er. „Respekt gebührt auch der SPD, die diesen Kompromiss ermöglicht hat.“

Infografik: Letzte Rettung Kurzarbeit? | Statista Mehr Infografiken finden Sie bei Statista

Auch die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds wird in der Corona-Krise verlängert. Bezieher*innen, deren Anspruch zwischen dem 1. Mai und 31. Dezember enden würde, können bis zu drei Monate länger Arbeitslosengeld erhalten. „In der Krise wird außerhalb der Mangelbranchen kaum Personal eingestellt. Erwerbslose, deren Bezug von Arbeitslosengeld bis zum Jahresende auslaufen würde, erhalten deshalb eine Verlängerung um drei Monate“, erklärte SPD-Chefin Saskia Esken den Schritt auf Twitter.

Mehrwertsteuer in der Gastronomie sinkt

Unterstützung gibt es auch für die mittelständische Wirtschaft. Kleine und mittlere Unternehmen dürfen erwartete Verluste aus dem laufenden Jahr mit bereits geleisteten Steuer-Vorauszahlungen verrechnen. Um der Gastronomie zu helfen, die wegen Corona seit mehreren Wochen fast vollständig brach liegt, wird der Mehrwertsteuersatz auf Speisen vom 1. Juli 2020 bis 30. Juni 2021 von 19 auf sieben Prozent gesenkt. So soll nach Auslaufen der Corona-Beschränkungen der Konsum angekurbelt werden. Der genannte Zeitraum bedeute allerdings nicht automatisch, dass zum 1. Juli die Restaurants wieder öffnen dürften, betonten die Koalitionäre.

Um gerade benachteiligte Familie beim Unterricht zuhause, dem sogenannten Homeschooling, zu unterstützen, sollen bedürftige Schüler*innen einen staatlichen Zuschuss von 150 Euro zur Anschaffung von Tablets o.ä. erhalten, mit denen sie digitale Schulangebote nutzen können. In den Schulen soll die Ausstattung verbessert werden, die für die Erstellung von Online-Lehrangeboten notwendig ist. Insgesamt stellt die Koalition dafür 500 Millionen Euro zur Verfügung.

Heil: Bundesregierung kämpft um jeden Arbeitsplatz

Insgesamt kosten die zusätzlichen Corona-Hilfen rund zehn Milliarden Euro. Nach Angaben von SPD-Chef Norbert Walter-Borjans bedeutet allein die Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie einen Steuerausfall von bis zu fünf Milliarden Euro. Bereits Ende März hatte der Bundestag ein umfangreiches Corona-Hilfspaket mit einem Umfang von 156 Milliarden Euro auf den Weg gebracht, das Arbeitnehmer*innen und Unternehmen in der Krise absichern soll. Die jetzt zusätzlich beschlossenen Maßnahmen zeigten, „dass die Bundesregierung um jeden Arbeitsplatz kämpfen wird“, sagte Arbeitsminister Heil.

weiterführender Artikel

Kommentare

Kurzarbeitergeld, warum nicht sofort?

Wie könnt so einen Betrug an die fleißigen Beschäftigen noch gut heißen? Erst ab dem 4.Monat 10 Prozent und dann ab dem 7.Monat 10 Prozent mehr. So treibt Ihr uns zum Bitsteller.

Denn die Meisten von uns müssen für Mieten und nötige Ausgaben jetzt zahlen und nicht ab dem 4. oder 7. Monat.

Die SPD denkt nicht an die Menschen, die es sehr hart trifft.

Ich habe der NGG geschrieben, dass Gewerkschaften gegen diesen offensichtlichen Betrug an den Arbeitnehmern gegen die Bundesregierung klagen muss.

Hat die SPD denn überhaupt kein Gespür oder gar Rückrat für sich selbst?

Was auch "vergessen" wurde

Interessant wird nach dieser unzureichenden und unzweckmäßigen Regelung dann eine eventuelle Rückkehr in die Vollzeit.
Denn wer seinen Arbeitsplatz nicht verliert darf dann erst einmal Lohnsteuer/Einkommensteuer aufs Kurzarbeitergeld nachzahlen.
Wohin man schaut große Worte, vielversprechende Betitelungen der eingeleiteten Maßnahmen aber wenn man dann auf die tatsächliche Ausführung schaut ist die tatsächliche Funktion um Welten schlechter als der Werbetitel.

Noch immer keine Ausweitung der Testkapazitäten und kein Wiederaufbau des kaputtgesparten Gesundheitssystems.
Besonders schlimm scheint die werte Politik also entgegen aller Lippenbekenntnisse die Grundrechtsverletzungen und die immer desolatere Lage der Bürger nicht zu finden, erkennbar am Unterlassen geeigneter Maßnahmen um "die Krise" schneller "in den Griff" zu bekommen.

Ihre Meinung...

...dürfen Sie natürlich haben. Aber bleiben Sie doch bitte bei den Fakten. Die Testkapazitäten wurden massiv ausgeweitet. Darüber finden Sie in vielen Medien Berichte. Ob das genug ist oder nicht, lässt sich natürlich schwer beurteilen, vor allem von Laien. Aber dass sie nicht ausgeweitet wurden, ist schlicht falsch. Und dass das Gesundheitssystem unter Sparzwängen leidet bzw. gelitten hat in der Vergangenheit, da widerspreche ich Ihnen auch nicht. Aber im internationalen Vergleich kann man glaube ich nicht davon sprechen, dass ein "Wiederaufbau" nötig wäre - das würde ja voraussetzen, dass es komplett zerstört wäre. Das ist nicht der Fall, was die bisherigen Kapazitäten angeht.

..... im internationalen Vergleich ....

ist der Einäugige unter den Blinden König.
Die kommerzielle Privatisierung von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen muss auf den Prüfstand. Also meine Meinung: BlackRock + Co. haben in diesen Bereichen, auch bei anderen öffentlichen Aufgaben, nichts zu suchen.
Und dann sollten die Gesundheitämter so ausgerüstet seein, daß sie dringende Meldungen ans RKI nicht mit berittenen Boten auf den Weg bringen müssen.

Verstoß gegen Netiquette

Der Kommentar wurde gelöscht, da er gegen Punkt 6 unserer Netiquette verstieß.

Erfolg ?

Erst nachdem man** mehrere Monate gedarbt hat gibt es diese Erhöhung für die Betroffenen; das kann man doch nicht als Erfolg der SPD verkaufen - das ist die beste Strategie noch mehr Wähler zu verlieren. Wenn man einen faulen Kompromiss eingeht, dann muss man das auch so benennen und kann dazu sagen, daß unter den gegebenen Umständen (die wären zu erläutern) nicht mehr drin ist. Aufklärung tut Not !
Bei den Geldgeschenken für die SUV-produzierende Autoindustrie, und die Waffenproduzenten, gibt es wahrscheinlich keine solche Karenzzeit.
Sagen was ist, ist eine revolutionäre Tat. (Lassalle).

Absolut kein Erfolg

Ich muss dem ersten Kommentar zustimmen, das ist wirklich ein ganz schwaches Ergebnis, nichts was man feiern kann oder sollte.

Mit Blick auf die Gastronomie wird ein wichtiger Punkt übersehen: Es gibt nur 60 Prozent vom Lohn (der sowieso häufig niedrig ist). Das ist schon schlecht, aber es fallen auch komplett und ersatzlos die Trinkgelder weg. Und die sind in der Gastro ein ganz entscheidender Teil des Einkommens.

Dazu kommt immer noch das Problem der Minijobber und studentischen Aushilfen, die vom Kurzarbeitergeld gar nicht profitieren. Wieviel Jobs am Ende gerettet werden, lässt sich auch noch gar nicht abschätzen.

Ich komme dank glücklicher Umstände mit den 60% (noch) ganz gut klar. Aber ich weiß von vielen Kollegen, wo es ganz anders aussieht. Wenn solche Pseudoerfolge so bejubelt werden, frage ich mich ernsthaft, ob ich mein Parteibuch nicht abgeben sollte.

KuG

Erst ab dem 4.Monat das Kurzarbeitergeld zu erhöhen ist KEINE Leistung mit der man sich brüsten darf. Jetzt müssen viele doch zum Jobcenter um ergänzend Leistungen zu beantragen. NO GROKO!

KuG

Die Union stellt die Finanzierbarkeit in Frage, aber für die Wünsche von AKK nach weiteren Kampfflugzeugen scheint immer Geld zur Verfügung zu stehen.

Welch verkehrte Welt.

Verstoß gegen Netiquette

Der Kommentar wurde gelöscht, da er gegen Punkt 6 unserer Netiquette verstieß.

KUG

Die angebliche Erhöhung ist ein schlechter Scherz. Wer kommt denn bitte in den Urlaubsmonaten auf über 50 Prozent?