Meinung

Corona-Kosten: Die Reichen müssen mehr zahlen

Mit dem sich langsam abzeichnenden Ende der Corona-Krise rückt die Frage in den Vordergrund, wer für die Kosten der Hilfsprogramme aufkommt. Dabei müssen die, die von der Krise profitiert haben, stärker zur Kasse gebeten werden.
von Gustav Horn · 2. Dezember 2020
Während der Corona-Krise boomt der Online-Handel. Er sollte deshalb an den Kosten zur Bewältigung der Krise beteiligt werden, mein Gustav Horn.
Während der Corona-Krise boomt der Online-Handel. Er sollte deshalb an den Kosten zur Bewältigung der Krise beteiligt werden, mein Gustav Horn.

„Wer soll das bezahlen?“, ist nicht nur ein etwas bejahrter rheinischer Karnevalssong, sondern auch eine aktuell oft gehörte Frage angesichts der immer neuen Hilfen und der rasant steigenden Schulden des Staates in der Corona-Krise. Die einen – wie der Fraktionschef der CDU im Bundestag Brinkhaus – machen sich Sorgen, dass der Bund  zu viel zahlt und die Länder zu wenig, die anderen wie Friedrich Merz, gleichfalls CDU, mahnen, dass überhaupt zu viel gezahlt wird und die dritten wie das arbeitgebernahe Institut der der deutschen Wirtschaft (IW) bemängeln die Effizienz der Zahlungen. Als Krönung prophezeit der „Spiegel“ unvermeidliche Steuererhöhungen und versetzt die Republik damit in Angst und Schrecken.

Arbeitslosigkeit vermeiden ist das wichtigste Ziel

Wirklich? Die Bürgerinnen und Bürger bleiben erstaunlich gelassen. Die weit überwiegende Mehrheit in allen Parteien außer der AfD unterstützt laut „Politbarometer“ eine Politik, die in der Krise die Wirtschaft stabilisiert, auch in dem man Schulden aufnimmt. Das ist genau die Strategie der SPD und ihres Finanzministers Olaf Scholz. Sie plädieren vehement dafür, sie in der gegenwärtigen Krisenlage spürbar auszuweiten. Das hat gute Gründe. Der wichtigste lässt sich an den Zahlen der Arbeitslosen für November ablesen. Entgegen allen Befürchtungen ist trotz des erneuten Lockdowns die Zahl der Arbeitslosen gesunken. Arbeitslosigkeit trotz tiefer Krise vermeiden, ist das wichtigste Ziel dieser Politik und sie funktioniert.

Man könnte also über das Gemäkel aus der CDU leicht hinweggehen, wenn es nicht auch gute Gründe gäbe, bereits jetzt, mit der Hoffnung eines bald zu erwartenden Impfstoffes, über die Wirtschaftspolitik nach dem Ende der Krise nachzudenken. Wenn die Konjunktur sich wieder gefestigt hat, und erst dann und keinen Augenblick früher, stellt sich die Frage nach der Rechnung. Die Antwort hierauf sollte eindeutig ausfallen: Alle wirtschaftlich Starken und insbesondere jene, die von der Krise vielleicht sogar profitiert haben, werden stärker belastet werden als dies ohne die Corona Pandemie der Fall gewesen wäre. Diese Aussage darf man nicht dramatisch verstehen, denn so hoch wird die Rechnung gar nicht ausfallen.

Ein Schuldenstand wie nach der Finanzmarktkrise

Zum einen wird der Schuldenstand, sollte die Krise im Laufe des kommenden Jahres enden, höchstens so hoch ansteigen wie nach der Finanzmarktkrise. Dessen Abbau wurde seinerzeit auch ohne ohne höhere Steuersätze geschafft. Eine wichtige Voraussetzung ist hierfür ist allerdings, dass die Binnenkonjunktur in Deutschland kräftig wird. Gerade deshalb verbietet es sich, anders als  es sich mittlerweile bei der CDU andeutet, frühzeitiges Sparen. Es würde den mittelfristigen Schuldenabbau wegen kurzfristigem Aktionismus in Sachen konservativer Wirtschaftspolitik verzögern. Der zweite Grund für die relativ geringe Last aus der Krise ist, dass die Zinsen niedrig sind und daher die jährliche Zinsbelastung im Haushalt, die aus den Steuermitteln beglichen werden  muss, entsprechend gering ausfällt.    

Über diese allgemeinen Überlegungen hinaus stellt sich allerdings schon die Frage nach der Gerechtigkeit in unserem Steuersystem bei der Begleichung dieser Rechnung. Gegenwärtig tragen auch Menschen mit niedrigem und mittleren Einkommen eine relativ hohe Steuer- und Abgabenlast. Das sollte man ändern. Die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer oder die Erhöhung der Erbschaftssteuer für hohe Vermögen in Kombination  mit  einer Finanzmarkttransaktionssteuer und einer Digitalsteuer für den Online-Handel und die Online-Plattformen würden jene, die in der Krise sogar profitiert haben, stärker belasten. Dies schafft Spielräume gerade untere und mittlere Einkommen von Steuern oder Abgaben zu entlasten.

So geht praktizierte gesamtwirtschaftliche Solidarität

In der Krise mit großzügigen Hilfen Beschäftigung zu halten und Arbeitslosigkeit  zu vermeiden, und dann wenn es wieder gut geht, die wirtschaftlich Starken die alles andere als erdrückenden Lasten zahlen zu lassen, ist praktizierte gesamtwirtschaftliche Solidarität. Sie steht der Sozialdemokratie gut zu Gesicht. Zugleich beantwortet sie die Frage nach dem „Wer soll das bezahlen?“.

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Gustav Horn

ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Duisburg-Essen. Er gründete und war von 2005 bis 2019 wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung.

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