Nach der Bundestagswahl: So will die SPD zu neuer Stärke finden
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Einen Tag nach der schweren Niederlage bei der Bundestagswahl hat bei der SPD die Aufarbeitung des Ergebnisses begonnen. „Wir haben eine Neuausrichtung der Partei verabredet“, sagte SPD-Chef Martin Schulz nach der Sitzung des Parteivorstands am Montagnachmittag im Willy-Brandt-Haus. Diese sei „das Projekt für die kommenden Monate“.
Die SPD-Mitglieder sind gefragt
So beschloss der Parteivorstand, „unsere Arbeit der vergangenen Jahre gründlich auszuwerten und die notwendigen Schlüsse daraus zu ziehen“. Eine zentrale Aufgabe sollen dabei die SPD-Mitglieder spielen. Bei acht Regionalkonferenzen im Oktober und November sollen sie mit der Parteispitze beraten, welche Themen künftig für die SPD wichtig sind und wie die „Debattenkultur“ innerhalb der Partei verbessert werden kann.
Die Ergebnisse der Konferenzen sollen in das Arbeitsprogramm der SPD für die kommenden vier Jahre einfließen. Dieses wird auf dem Bundesparteitag vom 7. bis 9. Dezember in Berlin beschlossen. Mit dem Arbeitsprogramm will die SPD einen „Zukunftsdialog“ starten, um mit Mitgliedern, Bürgern und Wissenschaftlern darüber zu diskutieren, „was der Kern einer modernen Sozialdemokratie ist“. Auch die Parteistrukturen sollen neu ausgerichtet werden.
Andrea Nahles soll die Bundestagsfraktion führen
„Es geht jetzt darum, dass die SPD zusammenhält“, sagte Martin Schulz im Willy-Brandt-Haus. „Wir haben den festen Willen, aus dem Tal herauszukommen.“ Dazu gehört für Schulz auch, „den direkten Dialog mit den Menschen“ zu suchen. Als Parteichef will er in den kommenden Monaten vor allem die Gegenden besuchen, in denen die SPD Wähler an Protestparteien oder an das Lager der Nichtwähler verloren hat. „Die SPD muss den Respekt vor den individuellen Lebensleistungen stärker ausstrahlen“, forderte Schulz.
Innerhalb der Partei setzt er dabei auf eine Aufgabenteilung. „Ich habe empfohlen, dass Andrea Nahles künftig die SPD-Bundestagsfraktion anführen soll“, sagte Schulz. SPD-Präsidium und -Vorstand seien dem Vorschlag gefolgt. Nun werde er der Fraktion die Wahl von Nahles empfehlen. Die bisherige Arbeitsministerin sei „Repräsentantin einer Generationsentwicklung, die wir brauchen und einleiten werden“, so Schulz. Er selbst wolle auf dem Parteitag im Dezember erneut als Vorsitzender kandidieren.
1400 Neumitglieder innerhalb weniger Stunden
Gemeinsam wollen Nahles und er „als starke Opposition dafür sorgen, dass das Parlament die Konfrontation bekommt, die Angela Merkel seit Jahren verweigert“. Die SPD habe die Rolle, „die Konfrontation zwischen dem demokratischen linken und dem demokratischen rechten Lager sichtbar zu machen“. Der Kanzlerin warf Schulz am Montag erneut „Schlaftablettenpolitik“ vor. Er mache sie „sehr persönlich verantwortlich für den Zustand der deutschen Demokratie“ und damit zumindest indirekt auch für den Einzug der AfD in den Bundestag. Angela Merkel vertrete einen „Politikstil, der Deutschland nicht gut tut“.
Überraschende Unterstützung erhalten Martin Schulz und die SPD von hunderten Neumitgliedern. Innerhalb nicht mal eines Tages beantragten 1400 Menschen, Mitglied in der SPD zu werden – „und das allein im Internet“. Kurz zuvor hatte Thomas Oppermann aus der Fraktionssitzung noch die Zahl von 1200 Neueintritten getwittert. Für Schulz zeigt das: „Unsere Partei wird nicht nur gebraucht, sie ist auch stark genug, aus dieser Niederlage neue Kraft zu schöpfen.“
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.