Meinung

Bosnien und Herzegowina gehört nach Europa

Am 6. April 1992 begann der Krieg in Bosnien und Herzegowina. 30 Jahre später steckt das Land in einer tiefen politischen Krise. Die EU-Integration muss deshalb vorangetrieben werden – auch wegen des Kriegs in der Ukraine.
von Delara Burkhardt · 8. April 2022
Der Krieg in der Ukraine mahnt: die im Bosnien-Krieg zerstörte Brück in Mostar, angeleuchtet in den Farben der Ukraine
Der Krieg in der Ukraine mahnt: die im Bosnien-Krieg zerstörte Brück in Mostar, angeleuchtet in den Farben der Ukraine

Vor 30 Jahren, am 6. April 1992, begann der Krieg in Bosnien und Herzegowina, der bis zu seinem Ende 1995 mehr als 100.000 Menschen das Leben kostete. Die schlimmste Gräueltat ereignete sich in Srebrenica im Osten, wo bosnisch-serbische Soldaten im Juli 1995 innerhalb weniger Tage mehr als 8000 bosniakische Männer und Jungen ermordeten. Heute, 30 Jahre später befindet sich Bosnien-Herzegowina in einer tiefen politischen Krise, zerrissen von korrupten politischen Eliten, Völkermord-Leugner*innen und Kreml-freundlichen Politiker*innen. Diese sind bereit, das Land für ihre separatistischen Pläne und persönlichen Interessen an den Rand des Zusammenbruchs zu treiben.

Die EU muss Glaubwürdigkeit zurückgewinnen

Als sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament fordern wir seit langem, dass die EU-Kommission sich aktiver einsetzen muss, um diese Krise zu beenden – auch durch Druck und Sanktionen gegen diejenigen, die die staatlichen Institutionen boykottieren. Die Europäische Union hat die Pflicht, die territoriale Integrität, die Einheit und den Frieden Bosniens und Herzegowinas zu schützen und ein Wiederaufflammen der Gewalt der 1990er Jahre zu verhindern.

Doch um eine bedeutendere politische Rolle in Bosnien und Herzegowina zu spielen, muss die EU dringend ihre Glaubwürdigkeit in der gesamten westlichen Balkanregion wiedererlangen. Es ist offenkundig, wie enttäuscht die Menschen dort von dem Versprechen der EU-Erweiterung sind.

Putins Krieg gegen die Ukraine sollte die EU alarmieren, sich dringend neben Bosnien und Herzegowina auch für den gesamten Westbalkan zu engagieren, denn regionale und globale Machthabende haben ein politisches und finanzielles Interesse daran, die europäischen Bestrebungen aller sechs Republiken des westlichen Balkans zu vereiteln. Die russische Einmischung durch Desinformationskampagnen hat bereits Spuren hinterlassen, insbesondere in Bosnien und Herzegowina, Montenegro und Serbien, wo nach Putins Angriff auf die Ukraine Sympathiekundgebungen für die Russische Föderation stattfanden. Eine Vernachlässigung oder gar ein Aufgeben der EU-Integration des Westbalkans wäre fatal.

Die Zukunft des Westbalkans liegt in der EU

Mehr denn je brauchen wir das Engagement der EU in Bosnien und Herzegowina, um der autokratischen Einmischung Russlands und Chinas entgegenzuwirken, die versuchen, die gesamte Westbalkan-Region zu destabilisieren. Mit einem stockenden Integrationsprozess riskieren wir, dass sich dort eine Anti-EU-Stimmung weiter verbreitet und festigt. Stattdessen müssen wir demokratische Bestrebungen stärken und die europäische Perspektive Bosnien-Herzegowinas sowie der fünf anderen Westbalkan-Staaten konkretisieren. Denn ihre Zukunft liegt in der EU.

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Autor*in
Delara Burkhardt aus Schleswig-Holstein kandidiert für die SPD bei der Europawahl.
Delara Burkhardt

ist erste stellvertretende Vorsitzende der Delegation für Bosnien und Herzegowina sowie Kosovo im Europäischen Parlament.

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