Bezahlbares Wohnen

Wie die Berliner SPD Mieten begrenzen will – und andere Länder nachziehen können

Kai Doering06. Februar 2019
In den Innenstadtbezirken wie rund um die Karl-Marx-Allee steigen die Mieten in Berlin rasant. Die SPD will nun mit einem Mietendeckel dagegen halten.
In den Innenstadtbezirken wie rund um die Karl-Marx-Allee steigen die Mieten in Berlin rasant. Die SPD will nun mit einem Mietendeckel dagegen halten.
In Berlin wird Wohnen immer teurer. Die Berliner SPD schlägt deshalb einen „Mietendeckel“ vor, der die Mietentwicklung für fünf Jahre einfriert. Andere Bundesländer könnten dem Beispiel recht einfach folgen.

Es klingt nach einer juristischen Feinheit, könnte aber die Situation für tausende Mieterinnen und Mieter in Berlin verbessern. Nach dem Willen den Berliner SPD sollen die Mieten für bezugsfertige Wohnungen für fünf Jahre eingefroren werden. Grundlage ist das „Recht des Wohnungswesens“, das im Gegensatz zum Mietrecht nicht Sache des Bundes, sondern der Länder ist.

Mit dem Mietendeckel gegen Spekulationen

Die Idee für den „Berliner Mietendeckel“ stammt von der Bundestagsabgeordneten Eva Högl, dem stellvertretenden Landesvorsitzenden Julian Zado und Basismitglied Kilian Wegner – alle drei Juristen. Gelten soll der Deckel in Gebieten, „die von einem besonders starken Mietenanstieg betroffen sind“ – und zwar sowohl für bestehende Mietverhältnisse als auch für Neuvermietungen. Der Vermieter soll verpflichtet werden, die Vormiete offenzulegen. Wer die Miete trotzdem erhöht, muss ein Bußgeld zahlen.

„Wir müssen verhindern, dass Spekulationen die Mieten immer höher treiben“, sagt Julian Zado. Die durchschnittliche Quadratmeter-Mieter hat sich in der Hauptstadt in den vergangenen zehn Jahren nahezu verdoppelt. Gerade in Innenstadtlagen liegt die Nettokaltmiete pro Quadratmeter deutlich über 12 Euro, doch auch in den Außenbezirken sind bezahlbare Wohnungen kaum noch zu haben.

Der Unterschied zum „Mietenstopp“ von Schäfer-Gümbel

„Die Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum ist akut bedroht“, sagt Julian Zado. Zwar sollen nach Willen des SPD-geführten Senats die sechs kommunalen Wohnungsbaugesellschaften bis 2026 gut 53.000 neuen Wohnungen bauen und es sollen in großem Umfang Wohnungen vom Land zurückgekauft werden, doch daneben brauche Berlin „eine Atempause“ bei den Mieten. Diese soll der „Mietendeckel“ bringen.

Er orientiert sich an einem Vorschlag, den der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel im vergangenen September gemacht hatte. Doch während bei seinem „Mietenstopp“ Mieten „für fünf Jahre nur in Höhe der Inflation steigen“ dürfen, ist beim Berliner „Mietendeckel“ nicht mal das erlaubt. Der Hauptunterschied ist aber, dass Högl, Zado und Wegner komplett aufs Landesrecht setzen.

Der Mietendeckel könnte noch vor 2021 kommen

„Die Mietpreisbremse hat die Union derart verwässert, dass sie in vielen Bereichen kaum wirkt“, kritisiert Zado. Und auch Schäfer-Gümbels „Mietenstopp“ scheiterte bisher am Veto des Koalitionspartners im Bund. „Der Mietendeckel ist ein Instrument, das jede SPD-geführte Landesregierung sofort umsetzen könnte“, ist Julian Zado sicher – wegen des landeseigenen „Rechts des Wohnungswesens“, das im Rahmen der Föderalismusreform 2006 auf die Bundesländer überging.

Während der Bund der Berliner Haus- und Grundbesitzer darauf verweist, dass das Mietrecht allein Sache des Bundes sei, unterstützen Mietrechtsexperten den Vorstoß. „Am Mietrecht soll nichts geändert werden. Es soll preisrechtlich reguliert werden. Das könnte gehen“, sagte etwa der Berliner Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Benjamin Raabe, im Interview mit der „taz“.

Derzeit prüfen die Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Wohnen sowie für Justiz den Vorschlag der drei Berliner Sozialdemokraten. Die drücken derweil auf die Tube und fordern, dass der Mietendeckel „noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt“ wird. Die endet 2021. „Angesichts wachsender Verdrängung und Unsicherheit der Mieterinnen und Mieter in Berlin ist keine Zeit zu verlieren.“

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Kommentare

Mietendeckel

Der "Mietendeckel" wird fehlende Wohnungen nicht ersetzen und so die Ursache für Mietsteigerungen nicht beseitigen. Eher ist im Gegenteil davon auszugehen, dass sich der Wohnungsmangel dadurch vergrößert. Hier sind bessere Ideen und Lösungen gefragt. Jedes Jahr werden rund 30 Milliarden für die sogenannte "Energiewende" ausgegeben ohne das eine entsprechende Wirkung meßbar wäre. 30 Milliarden für ein paar Jahre in moderne Niedrigenergiehäuser investiert wären eine Idee. Der "Mietendeckel" wird eher Beifall von Leuten finden, die lieber gleich enteignen und in Volkseigentum überführen würde.

Sinnvolles Werkzeug von mehreren erforderlichen !

Ein Mietendeckel ist ein wichtiges Werkzeug um grenzenlosem Gewinnstreben von Immobilienspekulanten eine Grenze zu setzten.
Allerdings sollte erheblich unterschieden werden, zwischen Bestand- und sanierten Altbau u. Neubau, damit in Zeiten des Wohnungsmangels Investitionen nicht abgewürgt werden. Der Mietendeckel kann auch, wenn intelligent eingesetzt, ein Deckel l gegen die momentan immens steigenden baupreise, deren Höhe nicht allein durch hohe Standards (insbes. im Dämmbereich) bestimmt wird, sondern insbesondere durch hohe Angebotspreise der Baufirmen und der Baustoffhändler, die die momentane immense Nachfrage natürlich (aus-)nutzen !
Dennoch müssen die Städte durch weitere Massnahmen unbedingt vom Druck befreit werden ! Es gilt das Umland und die ländlichen Räume durch Infrastsrukur und innovative Konzepte zu attraktiveren, gleichzeitig schnelle, funktionierende , zuverlässige Nahverkehrsverbindungen in die Stadt aufzubauen ! Egal ob neuer Wohnraum in Stadt oder Land, auf sparsamen Umgang mit Bauflächen sollte der Umwelt zuliebe geachtete werden ! Nutzung von Bestandseserven (Umbau, Ausbau, Aufstockung) sollte immer vor Neubau gehen !!!

Home-Office-Verpflichtung für Unternehmen entlastet Städte !!!

Ein wichtiger Beitrag gegen den steigenden Mietendruck in Städten ist die von Andrea Nahles angekündigte Verpflichtung für (geeignete) Unternehmen ihren Mitarbeiter/inne/n die Möglichkeit eines Home-Office-Arbeitsplatzes einzuräumen.
Das entlastet nicht nur die Mitarbeiter selbst vom Pendel- und Staustress, von hohen Fahrtkosten etc., sondern ermöglicht vielen Mitarbeitern die Rückkehr in heimatliche Gefilde insbes.auf dem Land. Auch die Idee von ländlichen Co-Working -Spaces (bspw. in ausgedienten ehem.landw. genutzten Nebengebäuden) kann das Wohnen und Arbeiten auf dem Lande wieder attraktiv machen. Endlich wieder ein dicker Pluspunkt für die SPD, weil solche Gesetze die Lebensplanung der Menschen zu ihren Gunsten flexibler macht und neue ungeahnte Möglichkeiten schafft !!

Wohnungsbau

Statt Steuergelder in Rüstung und Wehretat zu stecken um Washington gefällig zu sein sollte dieses Geld u.a. ion den kommunalen Wohnungsbau gesteckt werden um die Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen. Daß der Kapitalmarktorientierte Wohnungsbau für die Menschen nichts bringt ist ja offensichtlich. "Investoren" bekommen abschreibungszeiträume von 12 jahren eingeräumt (= 8% Verzinsung) Eigenheimbauer schreiben 33 Jahr ab (3% Verzinsung). Nutzen sich Eigenheime weniger schnell ab ? Bauern haben auf Ställe 40 Jahre Abschreibung (2,5% Verzinsung). Gehen Kühe oder Schweine pfleglicher mit ihrer Wohnung um als Mieter ?

Noch viel zu tun!

Obwohl im Koalitionsvertrag der letzten GroKo vereinbart, hatte die Union - und nicht der damalige verantwortliche SPD-Minister Maas - mit ihrer Beschränkung der Bremswirkung "auf die absolut notwendigen Bereiche" das Mietpreis-Bremse-Gesetz mit zahllosen Beschränkungen und Ausnahmen erheblich verwässert. Daher war es nicht verwunderlich, dass die Bremswirkung bei den Mieten nicht eingetreten ist. Die Ursache hierfür sah und sieht auch der deutsche Mieterbund ausschließlich bei der bremsenden Union.
Die neuen CDU-geführten Landesregierungen in NRW und Schleswig-Holstein wollten dieses Gesetz sogar wieder abschaffen, anstelle es zu verbessern! Das ist das wahre Gesicht der Union ggü. den Mietern!
Und anstelle, wie in der neuen GroKo vereinbart, die entschärfte Mietpreisgrenze endlich scharf zu machen, bremste die Union erneut! Die CDU-Generalsekretärin Frau Kramp-Karrenbauer forderte - noch - mehr Marktwirtschaft! Die Immobilienwirtschaft zeigte sich bereits erfreut über den erneut verwässerten Entwurf! Die Mieter haben wieder das Nachsehen! Und die Union wird wieder einmal hinterher auf die SPD zeigen wegen eines wenig wirksamen Gesetzes!
Die Stadt München und ihr ...

Noch viel zu tun! ...2

...
und ihr SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter haben für - den kommunalen Wohnungsbestand - überzeugend gezeigt, wie weit eine solche Mietpreisbremse gehen sollte und gehen kann, damit diese ihre volle Wirkung auch entfalten kann: Mieterhöhung begrenzt auf 10% innerhalb von 5 Jahren anstelle von 15% innerhalb von 3 Jahren, Mietobergrenze = 90% des jeweiligen Mietspiegel-Wertes, Modernisierungsumlage max. 5% anstelle 11% bzw. 8%, max. 3€ pro qm und nur solange, bis Modernisierung „abbezahlt“ anstelle unbegrenzt. Und zusätzlich hat Reiter über das Vorkaufsrecht der Stadt München gerade 300 Mietwohnungen zum Schutz der dortigen Mieter zurückgekauft.
Wir können festhalten, dass die Union dagegen alles unterlässt, um, insbesondere den bedürftigen Mietern (Alleinerziehende, etc.), bezahlbare Mieten zu garantieren. Der frühere bayerische „C“SU-Finanzminister Söder hatte da noch eines drauf gesetzt und alleine in München über 32.000 landeseigene Wohnungen (85.000 Mieter!) an dubiose Investoren verscherbelt. Mit dem Erlös hatte Söder notleidende Banker der bayerischen Landesbank gerettet und unbescholtene Mieter geopfert. Insofern kann ich den betroffenen Mietern nur raten, die ...

Noch viel zu tun! 3

...
nur raten, die Mieter-Heuchler Merkel, Seehofer, Söder und ihre Union nach 12 und mehr Jahren Nichtstun auf diesem Sektor endlich abzuwählen.
Und dass die Union jetzt offensichtlich doch auf die SPD zugeht und eine leichte Verschärfung des neuen Gesetzentwurfs mitträgt, zeigt, dass das Thema offensichtlich auch bei der Union angekommen ist, wenn auch die Maßnahmen noch längst nicht ausreichen.
Ach noch etwas!
Warum schwört man beim Thema Wohnen und Boden nicht generell von der - unsozialen - Marktwirtschaft ab und führt, z.B. an Rentensteigerungen orientierte, Obergrenzen für Mietsteigerungen und Bodenwertsteigerungen ein? Warum wird, zumindest bei Grundbesitz in öffentlicher Hand, nicht generell von Verkauf auf Erbpacht umgestellt? Warum werden bereits überhöhte Mieten vom Vormieter einfach „übernommen“? Warum wird der Mietpreisspiegel nicht endlich der Realität angepasst - z.B. durch Einbeziehung der Bestandsmieten? Warum wird die neue Grundsteuer nicht wieder auf Ihre ursprüngliche Zielsetzung zurückgeführt: eine nicht auf die Mieter umlegbare Steuer auf das Immobilienvermögen und nicht eine weitere Umlage auf die Mieter? Frau Barley hat das mittlerweile auch ...

Noch viel zu tun! 4

...
auch vorgeschlagen. Ich höre aber schon die „Schein“-Elite der deutschen Volkswirte und die sog. Unions-Mietexperten jammern! Der jetzt von der SPD vorgelegte 12-Punkte-Plan geht in die richtige Richtung, dürfte aber mit der Union nicht durchsetzbar sein!
Natürlich schafft dieses längst überfällige Gesetz keinen neuen, bezahlbaren Wohnraum! Das ist auch nicht die Zielrichtung dieses Gesetzes! Aber ganz Deutschland wartet auf einen entsprechenden „Masterplan“ des auch für Wohnungsbau zuständigen Bundesinnenministers Seehofer. Der scheint aber mit anderen, wichtigeren(?) Themen beschäftigt.

‪Nach der Wahl ist vor der Wahl:
http://youtu.be/0zSclA_zqK4