Ampel und Union einig: Sondervermögen für die Bundeswehr kommt
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In seiner Regierungserklärung Ende Februar hatte Bundeskanzler Olaf Scholz es angekündigt. Nun haben sich SPD, Grüne und FDP mit der Union auf ein Sondervermögen für die Bundeswehr geeinigt. Es soll 100 Milliarden Euro umfassen, mit denen die Streitkräfte besser ausgestattet und für die Bündnisfähigkeit in der NATO notwendige Rüstungsprojekte finanziert werden sollen. Mithilfe des Sondervermögens, das neben dem regulären Haushalt bereitgestellt wird, soll dafür gesorgt werden, dass die Mehrausgaben nicht zulasten anderer Posten, etwa im sozialen Bereich, gehen.
Kevin Kühnert: SPD steht für „Sicherheit ohne Ideologie“
„Für die SPD ist das ein wichtiger und durchaus auch ein schöner Tag“, betonte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert nach einer Sitzung des SPD-Präsidiums. Mit der Einigung auf das Sondervermögen schließe sich ein Kreis. Vor drei Monaten habe Bundeskanzler Olaf Scholz – nur drei Tage nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine – von einer „Zeitenwende“ gesprochen und von der Notwendigkeit, langfristig mehr für die Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit Deutschlands zu investieren, unter anderem durch ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro.
„Heute, drei Monate später, steht eine politische Mehrheit und zwar nicht nur die knappst mögliche, sondern eine breite demokratische Mehrheit im Deutschen Bundestag dahinter“, so Kühnert. Dies sei der Lage angemessen. „Es ist die richtige Antwort und unterstreicht noch einmal, dass es richtig gewesen ist, seitens der SPD die Verantwortung für die sicherheitsrelevanten Ressorts in der Bundesregierung zu übernehmen“, betonte der Generalsekretär. „Die Sozialdemokratische Partei steht für Sicherheit ohne Ideologie“.
Darüber hinaus sei es der SPD immer wichtig gewesen, „keine Konkurrenzdiskussion“ in Deutschland zuzulassen zwischen den Investitionen für Sicherheit und denen für Soziales. Kühnert nannte hier beispielhaft Rentenerhöhungen, das soziale Bürgergeld und die Kindergrundsicherung. Auch deshalb habe es den Vorschlag von Bundeskanzler Scholz für ein Sondervermögen gegeben. „Die Ampel-Regierung muss von keinem ihrer sozialen Ziele Abstand nehmen“, betonte der Generalsekretär. Das zeigten die Beschlüsse der letzten Wochen, und das werde auch die aktuelle Haushaltswoche im Bundestag zeigen, sowie die Erhöhung des Mindestlohnes. „Das alles waren wesentliche Versprechen der SPD im Wahlkampf.“ Die SPD könne heute vermelden: „Wort gegeben und Wort gehalten.“
Geld soll komplett der Bundeswehr zugutekommen
Als „ganz wichtiges Zeichen, dass wir gemeinsam dafür sorgen, dass die Bundeswehr endlich so aufgestellt wird wies notwenig ist, damit wir die Landes- und Bündnisverteidigung gewährleisten können“ wertete Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht die Einigung am Montagmorgen im ZDF. Das Sondervermögen könne nun schnell auf den Weg gebracht werden.
Im Interview mit dem Deutschlandfunk bestätigte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, dass das Geld vollständig in die Ausrüstung der Bundeswehr fließen werde. „Das folgt genau der Ankündigung von Olaf Scholz“, sagte er am Montagmorgen. Aspekte wie Entwicklungszusammenarbeit oder Cybersicherheit sollen im Sondervermögen nicht berücksichtigt, sondern über den normalen Haushalt finanziert werden. „Hier wird der Bundeshaushalt deutlich aufwachsen“, kündigte Mützenich an.
Vor der Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion zeigte sich Rolf Mützenich „froh, dass das so genannte Zwei-Prozent-Ziel nicht einen Verfassungsrang erhalten wird“. Das hätte künftige Generationen, aber auch Haushaltsgesetzgeber, „zu stark gebunden“. Mützenich zeigte sich „dankbar gegenüber der CDU/CSU, dass sie diesen Weg nach durchaus herausfordernden Verhandlungen mit uns gehen wird“. Die Drohung von Unionsfraktionschef Friedrich Merz, nur so viele Abgeordnete von CDU und CSU zur Abstimmung zuzulassen, wie die Regierungsfraktionen für eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag benötigen, sei „offensichtlich vom Tisch“.
Zwei-Prozent-Ziel soll erfüllt werden
Wofür das Geld ausgegeben wird, soll in einem Wirtschaftsplan festgehalten werden, den ein Unterausschuss des Haushaltsauschusses überwacht. „Es geht um die gesamte Bandbreite“, sagte Verteidigungsministerin Lambrecht im ZDF – von Funk- und Nachtsichtgeräten bis hin zu schweren Transporthubschraubern. Mit den 100 Milliarden soll auch das Ziel der NATO, dass jeder Mitgliedsstaat zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung ausgibt, erfüllt werden, allerdings gerechnet auf einen Zeitraum von fünf Jahren. Es könne „in einem Jahr mehr, in einem anderen weniger“ ausgegeben werden, Lambrecht. So wird das Zwei-Prozent-Ziel auch nicht wie von der Union gefordert, im Grundgesetz festgeschrieben, sondern nur in einem begleitenden Gesetz.
Das Sondervermögen dagegen soll in dieser Woche vom Bundestag beschlossen und im Grundgesetz verankert werden. Da hierfür eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament notwendig ist, ist die Ampel-Koalition auch auf Stimmen von CDU und CSU angewiesen.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.