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71,4 Prozent für Rendi-Wagner: „Damit ist die Diskussion über den SPÖ-Vorsitz beendet.“

Pamela Rendi-Wagner hat die Vertrauensfrage gewonnen und bleibt Vorsitzende der SPÖ. „Das permanente Gehacke, das die SPÖ in den letzten Monaten gelähmt hat, ist damit vorbei“, sagt der Journalist Robert Misik. Die Corona-Krise biete der Partei jetzt die Chance, „wieder in die Spur zu kommen“
von Kai Doering · 6. Mai 2020
Rückendeckung von der Basis: 71,4 Prozent der Mitglieder wollen Pamela Rendi-Wagner als SPÖ-Vorsitzende behalten.
Rückendeckung von der Basis: 71,4 Prozent der Mitglieder wollen Pamela Rendi-Wagner als SPÖ-Vorsitzende behalten.

Bei der Mitgliederbefragung der SPÖ haben sich 71,4 Prozent der beteiligten Mitglieder für Pamela Rendi-Wagner als Parteivorsitzende ausgesprochen. Sie sagt, dieses Ergebnis gebe ihr Rückhalt. Sehen Sie das genauso?

Ja, absolut. Diese 71,4 Prozent geben ihr als Vorsitzende Rückendeckung und die 42,7 Prozent Beteiligung sind sensationell. So eine hohe Beteiligung hat es in der Geschichte der SPÖ noch nicht gegeben. Es ist allerdings auch nur ein parteiinternes Ergebnis. Jetzt kann der Kampf um die Zustimmung der Wählerinnen und Wähler beginnen.

Rendi-Wagners Vorschlag, den Mitgliedern die Vertrauensfrage zu stellen, hat damals im Parteivorstand nur eine knappe Mehrheit bekommen. Auch jetzt betonen viele SPÖ-Spitzenleute, die Befragung habe niemand außer Rendi-Wagner gewollt. Ist die Führungsdebatte innerhalb der Partei damit trotzdem beendet?

Ja, mit diesem Ergebnis ist die Diskussion über den Parteivorsitz beendet. Das permanente Gehacke, das die SPÖ in den letzten Monaten gelähmt hat, ist damit vorbei. Die tonangebenden Mitglieder in der Bundes-SPÖ wissen, dass sie jetzt gemeinsam an einem Strang ziehen müssen, wenn es für die Partei wieder aufwärts gehen soll. Hinzu kommt ja, dass Österreich immer noch mitten in der Corona-Pandemie steckt und wohl die schwerste Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg vor sich hat. Da ist keine Zeit für politische Spielchen.

Auslöser der Befragung war ja das schlechte Abschneiden der SPÖ bei der Nationalratswahl im vergangenen Jahr. Hat die Partei das Ergebnis schon richtig aufgearbeitet und Lehren aus der Niederlage gezogen?

Um ehrlich zu sein, kann ich gar nicht sagen, welche Lehren die SPÖ aus diesem historisch schlechten Wahlergebnis ziehen sollte. Die vorgezogene Wahl fand ja unter sehr schwierigen Vorzeichen statt und Pamela Rendi-Wagner war noch nicht lange im Amt. Hinzu kam die Inszenierung von Sebastian Kurz als die prägende Figur der österreichischen Innenpolitik. Da war die Niederlage der SPÖ nahezu vorprogrammiert. Die entscheidenden Fehler hat Rendi-Wagner aus meiner Sicht nach der Wahl gemacht etwa indem sie gesagt hat: „Die Richtung stimmt.“ Das wurde ihr in der Partei übelgenommen und hat für Unruhe gesorgt.

Bundeskanzler Sebastian Kurz scheint gestärkt aus der Corona-Krise hervorzugehen. Die SPÖ liegt in Umfragen dagegen unter 20 Prozent. Wo und wie kann die Partei überhaupt punkten?

Die guten Umfragewerte für Sebastian Kurz würde ich nicht überbewerten. Eine akute Krise ist immer die Stunde der Exekutive und nicht der Opposition. Ich glaube, die Zeit der Showpolitik und der großen Überschriften, die die ÖVP und Sebastian Kurz perfekt beherrschen, ist mit Corona vorbei. Bei den Hilfsprogrammen hat die Regierung zudem haarsträubende Fehler gemacht. Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit sind – im Verhältnis zur Einwohnerzahl – jetzt schon deutlich höher als in Deutschland. Viele Härtefonds und Rettungsschirme funktionieren nicht richtig und sind viel zu bürokratisch. All das wird den Druck auf die Regierung erhöhen. In den kommenden Monaten wird es nun darum gehen, richtige und gerechte Wirtschaftsprogramme aufzulegen. Es geht um Politik mit Hand und Fuß. Für die SPÖ sehe ich da alle Chancen, wieder in die Spur zu kommen. Klar ist aber, dass Pamela Rendi-Wagner das nicht alleine gelingen wird. Sie braucht ein Team, das die verschiedenen Tonalitäten der politischen Orgel beherrscht.

Die SPÖ-Führung macht sich eigentlich für die Einführung einer 30-Stunden-Woche stark. Der Landeshauptmann des Burgenlandes Hans Peter Doskozil fordert stattdessen eine Mindestlohndebatte. Lässt sich das in der Corona-Krise zusammenführen?

Ich denke schon. Es ist ja klar, dass wir in den nächsten zehn, fünfzehn Jahren über markante Arbeitszeitverkürzungen sprechen müssen, um auf die Veränderungen durch Digitalisierung und Automatisierung zu reagieren. Genauso klar ist aber auch, dass eine Arbeitszeitverkürzung nicht die zentrale Botschaft sein kann, wenn Hundertausende in Kurzarbeit sind und sich der Verteilungsspielraum drastisch reduziert hat. Ich bin fest davon überzeugt, dass Pamela Rendi-Wagner das genauso sieht. So zumindest verstehe ich ihre Äußerungen bei der Pressekonferenz nach Bekanntgabe des Ergebnisses der Mitgliederbefragung.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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