Inland

130 Milliarden für Konjunkturpaket: Bundesregierung will „mit Wums“ aus der Krise

Das Konjunkturpaket der Bundesregierung steht. Um den Konsum anzukurbeln und Investitionen zu ermöglichen, soll die Mehrwertsteuer vorübergehend sinken. Familien erhalten pro Kind einen Bonus von 300 Euro. Eine Abwrackprämie ist vom Tisch.
von Kai Doering · 4. Juni 2020
Mit Wums aus der Krise: Die Vertreter*innen von SPD, CDU und CSU stellen am späten Abend des 3. Juni das Konjunkturpaket zur Überwindung der Corona-Krise vor.
Mit Wums aus der Krise: Die Vertreter*innen von SPD, CDU und CSU stellen am späten Abend des 3. Juni das Konjunkturpaket zur Überwindung der Corona-Krise vor.

21 Stunden verteilt auf zwei Tage saßen sie zusammen. Am späten Mittwochabend haben die Vertreter*innen von SPD, CDU und CSU das geplante Konjunkturpaket im Kanzleramt vorgestellt. Mit insgesamt 130 Milliarden Euro soll die Wirtschaft nach dem Einbruch in der Corona-Krise wieder zum Laufen gebracht werden. „Wir wollen mit Wums aus der Krise kommen“, sagte Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz dazu.

Mehrwertsteuer sinkt auf 16 Prozent

Hierfür soll die Mehrwertsteuer ab Juli begrenzt auf sechs Monate von 19 auf 16 Prozent (beim verminderten Satz von sieben auf fünf) sinken, um Waren und Dienstleistungen zu vergünstigen und so den Konsum anzukurbeln. „Ich erwarte dringend, dass die Unternehmen diese Senkung nicht für sich behalten“, betonte Scholz. Sie müsse den Verbraucher*innen zugutekommen.

Gleiches gilt für den Kinderbonus, von dem vor allem einkommensschwache Familien profitieren sollen. Pro Kind erhalten Eltern einmalig 300 Euro, die nicht mit anderen Sozialleistungen wie etwa dem Arbeitslosengeld II (ALG II) verrechnet werden. Für den Bonus hatte sich die SPD besonders stark gemacht. Auch auf eine Ausbildungsgarantie in der Krise einigte sich die große Koalition. „Jeder ausbildungswillige Jugendliche soll einen Ausbildungsplatz erhalten“, versprach Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Kommunen werden entlastet

Nicht durchsetzen konnte sich die SPD mit ihrer Forderung, Städten und Gemeinden bestehende Altschulden zu erlassen, um ihnen finanzielle Spielräume für Investitionen in der Krise zu eröffnen. Stattdessen übernimmt der Bund von ihnen künftig 75 Prozent der Kosten der Unterkunft für ALG-II-Empfänger*innen – und zwar dauerhaft, wie Finanzminister Olaf Scholz betonte. Zudem sollen Verluste bei den Gewerbesteuereinnahmen ausgeglichen werden. „Die Kommunen sind der tragende Teil von Investitionen“, begründete SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich den Schritt.

Die Bundestagsfraktionen von SPD und Union waren in den vergangenen Wochen eng in die Erarbeitung des Konjunkturpakets eingebunden. Sie sind es auch, die die entsprechenden Gesetze in den verbleibenden zwei Sitzungswochen bis zur parlamentarischen Sommerpause auf den Weg bringen müssen, damit sie zum 1. Juli in Kraft treten können. „Mit dem Paket wollen wir auch die Innovation und Transformation der Gesellschaft voranbringen“, betonte Mützenich. Es sei „ein Angebot an das ganze Land“.

Keine Prämie für Autos mit Verbrennungsmotoren

Neben gezielten Konsumimpulsen enthält das Konjunkturpaket deshalb auch ein 50 Milliarden Euro schweres „Zukunftspaket“, der Maßnahmenbündel vom Klimaschutz, über den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur bis zur Digitalisierung umfasst. „Wir versuchen, gestärkt aus dieser schwierigen Situation herauszukommen“, sagte Bundeskanzlerin Merkel dazu. Das Paket sei der „Grundstein“ für den Weg aus der Krise.

Nicht im Konjunkturpaket enthalten ist dagegen eine Kaufprämie für Autos mit Verbrennungsmotoren, für die sich neben der Autoindustrie auch Vertreter*innen der CDU stark gemacht hatten. „Reine Verbrenner werden nicht unterstützt“, hob SPD-Chef Norbert Walter-Borjans hervor. Eine „Abwrackprämie“ wie in der Finanzkrise 2009 wird es also nicht geben. Der Kauf von Elektro- und Hybrid-Fahrzeuge hingegen wird mit einer erhöhten Prämie unterstützt.

Scholz: „Werden finanziell gut zurechtkommen“

Von einem „guten Konsens für alle“ sprach so auch CSU-Chef Markus Söder. Die Koalitionspartner hätten sich in den 21-stündigen Verhandlungen „politisch ergänzt und nicht ideologisch verhakt“. Am Ende stehe „ein vertretbares, aber wuchtiges Paket“.

Dass das auch finanzierbar ist, betonte Olaf Scholz. Aus dem im März beschlossenen Nachtragshaushalt von 156 Milliarden Euro stünden noch mehr als 60 Milliarden Euro für das Konjunkturpaket zur Verfügung. Zwar werde ein weiterer Nachtragshaushalt nötig, doch der sei „in der Dimension überschaubar“. Der Bundesfinanzminister zeigte sich überzeugt: „Wir werden mit den Herausforderungen finanziell gut zurechtkommen.“

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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