Meinung

Wie einst Helmut Schmidt: So überzeugt Olaf Scholz in Washington

Besser hätte es kaum laufen können: Bundeskanzler Olaf Scholz schafft bei seinem Antrittsbesuch in Washington Klarheit und Vertrauen. US-Präsident Joe Biden lobt den Kanzler in den höchsten Tönen. Scholz beweist Mut – wie einst Helmut Schmidt.
von Lars Haferkamp · 8. Februar 2022
Enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit: Bundeskanzler Olaf Scholz am 7. Februar 2022 bei US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus.
Enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit: Bundeskanzler Olaf Scholz am 7. Februar 2022 bei US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus.

Was war in den vergangenen Tagen und Wochen nicht alles zu lesen über angebliche Zweifel der US-Regierung an Deutschlands Bündnistreue im Allgemeinen und an Olaf Scholz Zuverlässigkeit im Besonderen. In die Welt gesetzt von US-Republikaner*innen, CDU/CSU-Politiker*innen und interessierten Medien auf beiden Seiten des Atlantiks. Ihr gemeinsames Ziel: Präsident Biden und Kanzler Scholz zu schaden. Biden sollte als schwacher Präsident dargestellt werden, dessen Vertrauen in Deutschland von Berlin nicht honoriert worden sei. Scholz als schwacher Kanzler, der schweige und taktiere statt klar Stellung zu beziehen.

Der Besuch des Bundeskanzlers in Washington hat Klarheit geschaffen. Das zeigen die Äußerungen von Präsident Biden nach seinem langen Gespräch mit Olaf Scholz im Weißen Haus eindrucksvoll. Auf die Frage, ob der Kanzler angeblich zerstörtes Vertrauen wieder aufbauen müsse, stellt Biden klar: „Es gibt keinen Grund, Vertrauen zurückzugewinnen. Er hat unser Vertrauen. Deutschland ist ein komplett verlässlicher Partner.“

Joe Biden zu Scholz: „Wir sind enge Freunde und zuverlässige Partner“

Bidens Fazit nach dem Besuch von Olaf Scholz ist an Deutlichkeit nicht zu überbieten. „Es gibt keinen Zweifel, dass Deutschland unglaublich zuverlässig ist und einer der größten Partner in der Nato.“ Die Bundesrepublik sei, so Biden, „völlig, absolut, uneingeschränkt verlässlich, an Deutschland habe ich nicht den geringsten Zweifel“. Spekulationen über eine angebliche Verstimmung zwischen Washington und Berlin dementiert der US-Präsident klar. „Wir sind enge Freunde und zuverlässige Partner. Es gibt nichts, was wir nicht zusammen unternehmen können.“ Und für alle die, die es immer noch nicht verstanden haben, ergänzt er: „An der Partnerschaft Deutschlands mit den Vereinigten Staaten gibt es keinen Zweifel. Wir können uns aufeinander verlassen.“

All jenen, ob in Deutschland oder in den USA, die der Bundesregierung Passivität in der Ukraine-Krise vorwerfen, macht der US-Präsident ebenfalls eine klare Ansage: „Ich bedanke mich für die führende Rolle Deutschlands in Europa.“ Und so, wie es der Kanzler zuvor getan hat, weist auch Biden auf das massive deutsche Engagement für die Ukraine hin. „Einer der größten finanziellen Unterstützer der Ukraine ist Deutschland. Deutschland steht an der Spitze, wenn es um wirtschaftliche Hilfe geht.“

Wolfgang Ischinger: „Der Kanzler hat sich wacker geschlagen“

Diese klaren Worte werden nun von einigen in Zweifel gezogen. Sie seien gar nicht als Tatsachenbeschreibung zu verstehen, also gar nicht gemeint wie gesagt, sondern als eine Art „Beschwörung“. Das ist wirklich absurd. Und anmaßend. Als wüsste man es besser als der US-Präsident selbst.

Da lohnt es sich, auf die Bewertung eines außenpolitischen Profis zu schauen, der über jede parteipolitische Instrumentarisierung erhaben ist: Wolfgang Ischinger, der frühere Staatssekretär im Auswärtigen Amt und seit 2008 auf Wunsch von Angela Merkel Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz. Er hat den Besuch von Olaf Scholz in Washington genau beobachtet. Seine Analyse ist eindeutig: „Der Bundeskanzler hat sich in einer außerordentlich schwierigen Lage wacker geschlagen“, so Ischinger in einem Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Er hat das transatlantische Verhältnis nachdrücklich und überzeugend bekräftigt.“ Auch beim Thema Nord Stream 2 habe Olaf Scholz bei seinem Auftritt mit US-Präsident Joe Biden erfolgreich die Klippen umschifft. „Trotz Formulierungsunterschieden“ habe der Kanzler gezeigt, „dass es in dieser für Deutschland sehr schwierigen Frage keinen Streit mit Amerika gibt“.

Olaf Scholz auf den Spuren von Helmut Schmidt

Olaf Scholz hat in den USA – das räumen immerhin auch seine Kritiker*innen ein – außergewöhnlichen Mut bewiesen. Er hat sich nicht nur mit führenden Republikaner*innen im US-Kongress getroffen, er hat sich in einem Live-Interview auf CNN in englischer Sprache den Fragen der Presse gestellt – gelassen, selbstbewusst und überzeugend. Ein Live-Interview im US-Fernsehen, das hat Angela Merkel in 16 Amtsjahren kein einziges Mal gewagt. Der letzte Kanzler, der das getan hat, war Helmut Schmidt. Das zeigt einmal mehr: Bundeskanzler Olaf Scholz ist auf dem richtigen Weg.

Autor*in
Lars Haferkamp
Lars Haferkamp

ist Chef vom Dienst und Textchef des vorwärts.

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