Wie die SPD auf den Juso-Abschied von Kevin Kühnert reagiert
„Du hast Visionen, weißt genau, wohin du willst. Immer auf der Suche nach Genoss*innen, mit denen du chillst“, – ein Video leitet Kühnerts Abschiedsrede beim digitalen Juso-Bundeskongress ein. Wegen Corona ist in diesem Jahr alles anders: Kühnert steht alleine auf einer Bühne im Berliner Willy-Brandt-Haus. Wo es sonst vermutlich stehende Ovationen gäbe, sind diesmal nur vereinzelte Klatscher aus dem Präsidium zu hören. Emotional wird es trotzdem. Denn klar ist: Mit Kühnerts vorzeitigem Abschied nach drei Jahren als Juso-Vorsitzender endet nicht nur eine Amtszeit, sondern auch eine kleine Ära.
Kühnert erwähnt, wie stark der Einfluss des Verbandes in den vergangenen Jahren gewachsen sei. Durch Corona werde klar, dass die Regeln des Marktes nur unzureichende Antworten bieten. „Die neoliberale Antwort auf die Euro-Krise war Sparen, sparen, sparen. Wir haben gemeinsam mit vielen anderen den Diskurs verschoben und erzwungen, dass die Antworten auf die jetzige Krise sozialer und nachhaltiger sind. Darauf können wir stolz sein, aber darauf können wir uns nicht ausruhen“, sagt Kühnert. Die Jusos seien kein Debattierklub, sondern dazu da, um Einfluss zu nehmen auf politische Entscheidung, macht der scheidende Vorsitzende noch einmal deutlich.
Nowabo: „Ich hätte dich jetzt gerne in den Arm genommen.“
Zum Schluss kommen dem 31-Jährigen Tränen. Seine Stimme stockt. Er dankt zahlreichen langjährigen Weggefährt*innen und gibt allen 80.000 Jusos bundesweit zum Schluss ein Zitat von Rod Stewart mit auf den Weg: „Don’t let them put you down, don’t let them push you around.“ Berührend, auch für den SPD-Co-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans, der anschließend spricht: „Das ist der Moment, in dem man Corona besonders verdammt, denn ich hätte dich jetzt gerne in den Arm genommen.“ Es fehle, dass man Kühnert nicht zum Abschied feiern könne. Denn klar sei: „Kevin du hast als Gesicht der Jusos die Jusos auf eine neue Art ins Gesicht der Öffentlichkeit zurückgebracht. Du bist auf besonders konstruktive Art umstritten und hast damit etwas angestoßen.“
Auch die Co-Vorsitzende Saskia Esken dankt dem Juso-Vorsitzenden: „Bleib dabei! Wir freuen uns auf alles, was noch kommt.“ Auf Twitter schreibt Esken außerdem: „Der großartige Kevin Kühnert hält eine fulminante und nun zum Ende raus sehr emotionale Rede über das, was ihn bei und mit den Jusos all die Jahre bewegt hat und weiter bewegen wird. Dass junge Menschen in und mit der SPD über linke Politik debattieren und ihre Zukunft selber machen.“
Auch auf Twitter äußern zahlreiche Sozialdemokrat*innen ihren Dank, so etwa SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil: „Eigentlich sollten Juso-Chef und Generalsekretär im Dauerstreit sein. Kevin Kühnert und ich haben das nie geschafft. Weil wir ein Verständnis von Politik haben, das Brücken baut. Danke für den gemeinsamen Weg bis hier und ich freue mich auf alles, was kommt.“ Mit einem Augenzwinkern gibt er ihm außerdem noch einen Mode-Tipp: „Und kauf dir mal ein Sakko!“
„Heulend vor dem Livestream“
Die SPD Europaabgeordnete Delara Burkhardt, bis Ende 2019 zwei Jahre lang Kühnerts Stellvertreterin im Juso-Bundesvorstand, schreibt: „Heulend vor dem Juso-Livestream. Kevin Kühnerts letzte Rede als Vorsitzender. Danke für 16 Jahre Leidenschaft für den besten Verband der Welt!“
Die sächsische Juso-Vorsitzende Sophie Koch schreibt: „Wenn Kevin Kühnert weint, muss ich auch weinen. Du warst so ein großartiger Vorsitzender und dass wir uns nicht alle im Arm liegen können, ist kacke. Danke für deinen Support, danke für dein offenes Ohr, deine Klarheit, deine Haltung. Du hast sehr sehr viele Jusos geprägt.“ Für Kira Braun, die saarländische Juso-Vorsitzende, gilt, dass Kevin Kühnert zum Abschied eigentlich minutenlang stehende Ovationen verdient hätte. „Danke für deine Arbeit für diesen Verband“, schreibt sie. Auch Lilly Blaudszun von den Jusos dankt Kühnert: „Danke Kevin Kühnert für jede Diskussion, jedes Juso-Wochenende, jeden Schnaps und jeden Schlagerabend. Und dafür, wie du den Verband in den letzten Jahren geprägt hast.“
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo