Mitgliedervotum: SPD-Basis stimmt für große Koalition
Dirk Bleicker
Die Mitglieder der SPD haben in ihrem Votum mehrheitlich für eine Neuauflage der großen Koalition mit der Union gestimmt. Insgesamt 66,02 Prozent haben sich für eine neue Groko ausgesprochen, teilte SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan als Vorsitzender der Mandatsprüfungs- und Zählkommission am Sonntag in Berlin mit. 120 Genossinnen und Genossen aus dem gesamten Bundesgebiet hatten unter notarieller Aufsicht in der Nacht von Samstag auf Sonntag im Willy-Brandt-Haus die Stimmen ausgezählt.
Hohe Wahlbeteiligung
Stimmberechtigt waren 463.722 SPD-Mitglieder, inklusive der 2.305 Genossen, die ihren Hauptwohnsitz im Ausland haben. Abgegeben wurden 378.437 Stimmen – das entspricht einer Wahlbeteiligung von 78,3 Prozent. Abzüglich der fehlerhaften Stimmzettel, bei denen etwa die vorgeschriebene eidesstattliche Erklärung fehlte, wurden insgesamt 363.494 Stimmen als wirksam gewertet. Davon ungültig seien 561 gewesen, sagte Nietan.
Damit liegt die Wahlbeteiligung beim diesjährigen Mitgliedervotum nur knapp höher als 2013, als die Mitglieder erstmals über eine Koalitionsbeteiligung abstimmen konnten. Damals hatten 77,86 Prozent der Genossen ihre Stimme abgegeben. Die Zustimmung für die große Koalition war damals allerdings höher: Mit Ja votierten 2013 fast 76 Prozent der SPD-Mitglieder.
Scholz: SPD ist zusammengewachsen
Der kommissarische SPD-Vorsitzende Olaf Scholz zog eine positive Bilanz des Mitgliedervotums. Die Abstimmung und die Debatte über die Groko, die im Vorfeld des Votums innerhalb der Partei geführt worden war, seien ein „wichtiger demokratischer Vorgang für unser Land“ gewesen, sagte Scholz. „In der Diskussion sind wir weiter zusammengewachsen und das schafft uns jetzt die Kraft, die wir jetzt brauchen, um als Partei in der Regierung voranzukommen.“ Auch habe die SPD in den vergangenen Wochen neue Kraft für eine Erneuerung der Partei geschöpft, betonte Scholz.
Wer die SPD in der neuen Bundesregierung vertreten soll, ist noch unklar. Über diese Frage werde die Parteispitze in den kommenden Tagen beraten, kündigte Scholz an. In den Koalitionsverhandlungen mit der Union konnten sich die Sozialdemokraten insgesamt sechs Ressorts sichern: die Ministerien für Finanzen, Arbeit und Soziales, Familie, Justiz und Umwelt sowie das Auswärtige Amt. Die Ministerposten werde die SPD paritätisch besetzen, kündigte Scholz an. „Es werden drei Frauen und drei Männer sein. Es werden einige sein, die schon dabei sind, und einige sein, die neu hinzukommen.“
Der kommissarische SPD-Chef lobte das Engagement der Genossen und dankte den vielen Ehrenamtlichen, die sich bei der Auszählung der Stimmen beteiligten. Die Zeit des Wartens auf eine Entscheidung sei mit dem Ende des Mitgliedervotums nun vorbei, sagte Scholz. „Wir haben jetzt Klarheit.“
ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.