Rechtsstaatlichkeit

Nach EuGH-Urteil: SPD-Politikerin fordert härteren Kurs gegen Ungarn

Vera Rosigkeit16. Februar 2022
Will im Fall des ungarischen Ministerpräsidenten Victor Orban nicht mehr auf Dialog setzen: EU-Vizeparlamentspräsidentin Katarina Barley
„So kann die Europäische Union nicht funktionieren.“ EU-Vizeparlamentspräsidentin Katarina Barley will europäische Gelder für Polen vorerst nicht auszahlen.
„So kann die Europäische Union nicht funktionieren.“ EU-Vizeparlamentspräsidentin Katarina Barley will europäische Gelder vorerst nicht an Polen auszahlen.
Ungarn sei die korrupteste Regierung Europas, sagt Katarina Barley und fordert die EU-Kommission auf, endlich tätig zu werden. Das heutige Urteil des EuGH zur Rechtsstaatlichkeit erlaubt es, Gelder zu kürzen, um die Werte der Union zu verteidigen.

Bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit dürfen Ländern der EU Gelder gekürzt werden. Das entschied am Mittwoch der Europäische Gerichtshof, in dem er die Klagen Polen und Ungarns gegen diesen sogenannten Rechtsstaatsmechanismus ablehnte. Für die Vizepräsidentin des Europäischen Parlamentes Katarina Barley ist mit dem heutigen Urteil endlich das Hindernis beiseite geräumt, dass die EU-Kommission sich selber gesetzt habe, erklärt die Sozialdemokratin im Anschluss an die Urteilsverkündung in einer Pressekonferenz. Diese hätte bereits ab dem 1. Januar tätig werden können, habe jedoch stattdessen entschieden, auf das heutige Urteil zu warten, kritisiert Barley.

Barley: Ungarns Korruption zum Thema machen

„Die EU muss dringend härter reagieren, als sie das in der Vergangenheit getan hat“, fordert sie. Allen, die jetzt noch sagten, man müsse auf Dialog setzen, empfiehlt Barley, einen Blick auf die vergangenen zwölf Jahre zu werfen. Das habe nichts gebracht, sagt sie. Es ist ihr aber wichtig, zu betonen: „Victor Orban ist ein sehr kluger Mensch.“ Er neige dazu, Geschehnisse selber zu orchestrieren. Er warte auf eine Vorlage der EU, die er in seine Erzählung, dass „die EU gegen Ungarn Krieg führe“, einfügen könne. „Das sollten wir nicht tun“, warnt die Europaparlamentarierin.

Sie empfiehlt auf zweierlei zu achten: Zum einen sollte man weiterhin gegen die ungarische und polnische Regierung vorgehen, um zu zeigen, dass es nicht alleine um Ungarn gehe. Zum anderen sollte man sich in Ungarn von den vielen Punkten, auf die man sich fokussieren könnte, auf die Korruption in diesem Land konzentrieren. Denn die Korruption sei in Ungarn weithin in der Bevölkerung bekannt. „Es ist die korrupteste Regierung in Europa“, so Barley. Vier Prozent der Mittel, die nach Ungarn fließen, würden beanstandet. Bei diesem Thema werde es Orban schwerfallen, es als Kampagne der Europäischen Union zu diffamieren. Dies empfiehlt Barley auch mit Blick auf die in Ungarn anstehenden Wahlen im April.

Breite Mehrheit für Sanktionen

Allerdings dürfe man sich das jetzt nicht so vorstellen, dass ab morgen Gelder eingefroren würden. Vielmehr sei da sei noch ein Verfahren davor geschaltet, in denen noch offizielle Anhörungen erfolgen müssten. Barley spricht in diesem Zusammenhang von einer „Kaskade von Abfolgen“, die nach einem Zeitraum von mindesten fünf bis höchstens neun Monaten abgeschlossen sein werden. Dennoch sei es ihrer Meinung nach wichtig, jetzt die Gunst der Stunde zu nutzen, um die Demokratie in Europa zu verteidigen. Denn jetzt gebe es eine breite parlamentarische Mehrheit dafür und „nun haben wir auch den Richterspruch von Seiten des EuGH“.

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Kommentare

SPD-Politikerin fordert härteren Kurs gegen Ungarn

„Die EU muss dringend härter reagieren, als sie das in der Vergangenheit getan hat“, fordert Katarina Barley, womit sie vollkommen Recht hat.

Vergleicht man nämlich das Vorgehen der EU gegenüber den südeuropäischen Ländern, vor allem gegen Griechenland mit den von Schäuble und Merkel betriebenen Sanktionen, muss das zahme Verhalten gegenüber Ungarn und Polen geradezu als Ungleichbehandlung und Unterwürfigkeit bezeichnet werden.

Und diese Zurückhaltung haben Orban und Co. längst schamlos ausgenutzt und werden es weiter treiben, wenn die Kommission nichts unternimmt.

was heisst da schamlos, man

hat sich in Ungarn zunächst einmal innerhalb der Regularien eingerichtet, hat Verbündete um sich gesammelt und mit ihnen eine Union in der Union gebildet. Mitgliedstaaten, die sich wechselseitig rückversichern, wenn Brüssel nicht fügsam ist. Da ist schwer rankommen, und verboten ist dies ja nicht.
Man muss halt Mehrheiten oder wenigstens Sperrminoritäten organisieren, dann hat man Einfluss und kann Einflussnahmen abwehren. Nicht schön, aber in den Verträgen angelegt, die wiederum nicht geändert werden können angesichts der organisierten Minoritäten/Majoritäten. So ist es nun, und wir kommen nicht umhin, festzustellen, dass die EU, so wie wir sie verstehen wollen- nicht existiert und auch nie existieren wird. Jetzt kann man zurückgehen auf Start, oder man wurschtelt weiter. "Teile und Herrsche", das galt vor der EU und wird auch noch gelten, wenn die EU längst Geschichte ist. Aktionen in "Rumpelstilchenmanier" entspannen den Einzelnen, ändern aber an den Gesamtumständen nichts, leider- sonst würde ich auch mal aus der Haut fahren

Kurs gegen Ungarn

Leider gilt in der EU in wichtigen Fragen das Einstimmigkeitsprinzip, so dass mit Mehrheit oder Sperrminorität nichts erreicht werden kann.

schon recht, aber

damit erübrigt sich ja jede Maßnahme in Wesentlichen Fragen, Ungarn müsste ja dann gegen sich selbst votieren. Und selbst in Fragen, die Sie für unwesentlich halten- wo als Sperrminoritäten an Gewicht gewinnen, hat sich Ungarn gut vorbereitet und rückversichert, so wie es anderen im Bunde Rückversicherung bietet.

Wer allein steht- wie seinerzeit Griechenland- oder wie derzeit in anderem Kontext Deutschland (sorry Luxemburg) , der steht dumm da

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