Europäischer Haushalt

Einigung in Brüssel: EU-Rechtsstaatsmechanismus kommt

Kai Doering10. Dezember 2020
Ein Sieg für die Rechtsstaatlichkeit in Europa: Die Staats- und Regierungschef*innen haben sich auf den EU-Haushalt inklusive Rechtsstaatsmechanismus verständigt.
Ein Sieg für die Rechtsstaatlichkeit in Europa: Die Staats- und Regierungschef*innen haben sich auf den EU-Haushalt inklusive Rechtsstaatsmechanismus verständigt.
Die EU-Staats- und Regierungschef*innen haben sich auf einen Kompromiss beim Rechtsstaatsmechanismus geeinigt. Ungarn und Polen geben damit ihren Widerstand gegen den EU-Haushalt auf. Auch die Corona-Hilfen können wie geplant fließen.

Die Zahlung von EU-Geldern wird künftig an die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien gekoppelt sein. Die EU-Staats- und Regierungschef*innen haben sich bei ihrem Treffen in Brüssel am Donnerstag auf die Einführung eines sogenannten Rechtsstaatsmechanismus verständigt. Ungarn und Polen hatten diesen lange blockiert, weil sie eine Einmischung der EU in innere Angelegenheiten befürchten. Die rechtskonservativen Regierungen beider Länder fallen seit Jahren durch Einschränkungen der Demokratie auf.

Ungarn und Polen setzen auf Zusatzerklärung

„Die EU hat sich nicht erpressen lassen, der Rechtsstaatsmechanismus kommt“, freut sich die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Katarina Barley. „In Wahrheit müssen Orbán und Kaczyński klein beigeben, auch wenn sie es zu Hause als Erfolg verkaufen.“ Barley spielt damit auf einen Passus an, den der Ungar Orbán und der Pole Kaczyński zur Bedingung ihrer Zustimmung gemacht hatten: Der Rechtsstaatsmechanismus wird mit einer Zusatzerklärung versehen, in der u.a. festgelegt ist, welche rechtlichen Möglichkeiten Länder haben, sich gegen die Anwendung des Mechanismus zu wehren. Sie können etwa das Verfahren vom Europäischen Gerichtshof überprüfen lassen, was die Anwendung verzögern würde. Zudem ist in der Zusatzerklärung festgehalten, dass der der Verstoß gegen die Rechtsstaatsprinzipien negative Auswirkungen auf die Verwendung von EU-Geldern hat, um finanzielle Auswirkungen zu haben.

„An der künftigen Grundwertebindung von EU-Geldern kann eine einseitige Erklärung des Rates nichts ändern“, sagt dennoch Katarina Barley. „Orbán hat lediglich etwas Zeit erkauft, weil er sich bis zu den nächsten Wahlen in Ungarn weiter die Taschen mit europäischem Geld voll machen will.“ Die Überprüfung durch den Europäischen Gerichtshof könne aber schnell erfolgen. Bereits am Morgen hatte Barley in einem Interview mit dem „Deutschlandfunk“ angeregt, das Europäische Parlament könne das Gericht selbst anrufen, um das Verfahren zu beschleunigen.

Das wichtigste Investitionsprogramm Europas der kommenden Jahre

Erleichtert zeigt sich auch der Vorsitzende der SPD-Abgeordneten im Europaparlament, Jens Geier, dass mit der Einigung der EU-Haushalt für die kommenden sieben Jahre sowie die milliardenschweren Corona-Wiederaufbauhilfen stehen. „Dass hilfsbedürftigen Regionen auch Zuschüsse statt allein Kredite für den Wiederaufbau gezahlt werden sollen, ist ein großer Fortschritt und nicht zuletzt den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in der deutschen Bundesregierung zu verdanken“, sagt Geier.

Der europäische Wiederaufbaufonds sei „das wichtigste Investitionsprogramm Europas in den kommenden Jahren und ein großer Fortschritt in der europäischen Zusammenarbeit“. Der Fonds hat ein Gesamtvolumen von 750 Milliarden Euro und soll dazu dienen, den von der Corona-Krise besonders betroffenen Staaten unter die Arme zu greifen. Dafür nimmt die Staatengemeinschaft erstmals auch gemeinsame Schulden auf. „Mit dieser Einigung über den Gesamthaushalt und den Wiederaufbaufonds kann die EU den Bürgerinnen und Bürgern Auffangnetze zu knüpfen und diese Krise überwinden. Europa muss fairer, sozialer und nachhaltiger werden“, sagt Jens Geier.

Der EU-Ministerrat sowie das Europaparlament werden über die offenen Punkte in den kommenden Tagen abstimmen. Eine Zustimmung gilt als sicher.

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Kommentare

EU-Rechtsstaatsmechanismus kommt

Na ja, die Worte hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Denn nach diesem "Kompromiss", bei dem zwei Länder, die die EU-Menschenrechtscharta völlig ignorieren, die restlichen 25 Mitgliedsstaaten mehr oder weniger über den Tisch ziehen, wird es aller Voraussicht nach nie zu tatsächlichen Sanktionsmaßnahmen gegen diese Länder kommen.

Bis der EuGH entschieden hat und wie er entscheiden wird, ist völlig offen, und so können Orban und Kaczyński die Rechte in ihren Ländern weiter einschränken und Gelder der EU kassieren, ohne dafür eine Leistung zu erbringen.

Allein die Tatsache, dass Orban sich freut, kennzeichnet die weitere Handlungsweise, nach der die beiden auch künftig die EU nach ihren Maßstäben an der Nase herumführen werden.

Ich sehe mich in meine früheren Aussagen zu diesem Thema immer wieder aufs Neue bestätigt.

der

Aufschwung kommt, das war mal so ein SingSang aus dem Munde Norbert Blüms- war dann auch nur so ein Schnack.
Mit der Hinwendung der EU zur Rechtsstaatlichkeit verhält es sich genauso- das wird nichts mehr, da können Erfolgsmeldungen wie diese hier im Stundentakt rausgegeben werden