
Planerische Arbeiten Halstenbergs
Über Halstenberg als Raumplaner vor allem informiert das Buch „Im Wechsel der Zeit. Friedrich Halstenberg. Planung im Demokratischen Staat – Landesentwicklungspolitik in Nordrhein-Westfalen“, das Christoph Zöpel und Iris Bocian im Auftrag der Akademie für Städtebau und Landesplanung NRW herausgegeben haben.
In seinem einführenden Beitrag skizziert Zöpel den Lebensweg Halstenbergs, der am 12. Juni 1920 im damals preußischen Ostwestfalen geboren wurde und die Schule in nationalsozialistischer Zeit besuchte – lesenswert ist, wie er diese Erfahrung 1988 aufgearbeitet hat.
Start im Bundesbauministerium
Er studierte Rechtswissenschaft und wurde 1962 Leiter der Abteilung Städtebau und Raumordnung im Bundesministerium für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung, in einer christlich-liberalen Bundesregierung. Während dieser Zeit wurde 1964 das von ihm konzipierte Bundesraumordnungsgesetz beschlossen.
Halstenbergs Engagement im demokratisch-politischen Funktionssystem der Bundesrepublik begann so mit einer herausgehobenen Stellung in der Administration der Bundesregierung. Er erweiterte es parteipolitisch und gewerkschaftlich, 1964 trat er in die SPD ein, verbunden mit der Beratung der SPD-Bundestagfraktion, 1965 schloss er sich der ÖTV an.
Von Bonn an die Ruhr
Ende 1965 verließ er das Bundesministerium und wurde Direktor des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk. Damit begannen die Tätigkeiten, die Halstenberg zum „Konzeptor der Landesentwicklungspolitik“ in NRW werden ließen, nach der nur kurzen Tätigkeit beim SVR als Chef der Staatskanzlei mit Ressortzuständigkeit für die Landesplanung – an der Spitze der Landesadministration.
Der Weg Halstenbergs in die Sozialdemokratie war programmatisch beeinflusst. Das Godesberger Programm hatte die SPD von einer Klassenpartei zu einer Volkspartei verändert, Heinz Kühn, seit 1962 Landesvorsitzender der SPD in NRW, propagierte diese Volkspartei in exponierter Weise. Aus der Opposition heraus machte er Landesplanung zu einem politischen Schwerpunkt, das fundierte seine Beziehung zu Halstenberg.
Chef der Staatskanzlei und Finanzminister
Chef der Staatskanzlei konnte Halstenberg werden, weil bei den Landtagswahlen 1966 die SPD 99 von 200 Mandaten erzielte. Die FDP wechselte koalitionär zur SPD und Heinz Kühn wurde Ministerpräsident. Bei diesen Landtagswahlen hatte Halstenberg in Essen kandidiert, er rückte im Juli 1972 über die Landesliste in den Landtag nach, er wurde so auch Parlamentarier, eine weitere Funktion im gewaltenteiligen politischen System der Bundesrepublik. Zusätzlich zu seiner Aufgabe als Chef der Staatskanzlei wurde er, gestützt auf das Landtagsmandat, nun Minister für Bundesangelegenheiten. 1975 wurde er wiedergewählt und behielt das Landtagsmandat über seinen Rücktritt als Finanzminister 1978 hinaus bis 1980.
Das Buch zeigt den Beitrag Halstenbergs, zunächst zur Landesplanung und dann zur Finanzplanung, so wie sich das Erfordernis staatlicher Planung mit der ersten wirtschaftlichen Krise der Bundesrepublik ergab, die sich im Ruhrgebiet besonders niederschlug. Die planerischen Antwort Halstenbergs, zuerst der Gebietsentwicklungsplan Ruhr des SVR und dann das Entwicklungsprogramm Ruhr der Landesregierung, wurde die bis heute nachwirkende Leistung Halstenbergs für die Veränderung des „Ruhrgebiets“. Das „Nordrhein-Westfalen Programm 1975“ leistete dann planerisches Gestalten für das ganze Land.
Hohe Anerkennung für Pragmatismus
1975 wurde Halstenberg Finanzminister, er musste die Landesregierung nach Konflikten über die Führung der Westdeutsche Landesbank, damals eine der größten Banken Deutschlands, verlassen. Schulden im politischen System ließen Halstenberg danach nicht mehr los. Sein Aufsatz „Finanzplanung und Staatsverschuldung“ ist auszugsweise wiedergegeben, um deutlich zu machen, wie Halstenbergs generelles Planungsverständnis mit seinen Vorschlägen für eine bessere Finanzplanung korrespondiert.
Mit Verschuldung im politischen Funktionsbereich wurde Halstenberg dann konfrontiert als Schatzmeister der SPD von 1978 bis 1984. Sein demokratisch-politisches Wirken, rundete sich mit dieser Parteifunktion ab, bei seinem Ausscheiden mit hoher Anerkennung für pragmatische Leistungen. Wenzel Seibold stellt dies kritisch wertend dar, überschrieben mit „Von tiefer Verschwiegenheit zu kristallklarer Transparenz Friedrich Halstenberg als Schatzmeister der SPD“. Das unterstreicht das politische Handeln Halstenbergs als vorbildlich für nachfolgende sozialdemokratische Generationen.
Christoph Zöpel, Iris Bocian (Hg.): Im Wechsel der Zeit. Friedrich Halstenberg. Planung im Demokratischen Staat – Landesentwicklungspolitik in Nordrhein-Westfalen Klartext Verlag, 2018, 388 Seiten, 24,95 Euro, ISBN 978-3837519471