Es muss genügen, dass eine Geschichte wahr sein könnte", sagt Teuermann. Er stellt sich Markov, seinem Gegenüber als Vertreter für Schlösser und Sicherheitsanlagen vor. Und obwohl es möglich
sein kann, dass dieser Teuermann eines Verbrechens schuldig ist, lädt Markov, der sich zum Schreiben zurückgezogen hatte, ihn zum Spiel mit der Wahrheit ein. Aber wo treffen sich Wahrheit und
Fiktion. Wann wird das Spiel Ernst?
Gegensätzlich
Es ist nicht irgendein Buch, das Markov in der Abgeschiedenheit eines Dorfes in einem auf Zeit geborgten Haus zu Ende bringen will, wie es im Klappentext heißt. Er arbeitet an der Vollendung
seiner Dissertation über Führungsgrundsätze. Lange hat er das vor sich hergeschoben, wohl auch aus Angst, dann das wahre Leben, den Alltag leben zu müssen.
Teuermann kommt aus eben diesem Alltagsleben. Wenn es stimmt, was er Markov erzählt, war er dort Geschäftsführer, Handwerker, Koch, Familienvater, Liebhaber und Philosoph. Aber es gibt eine
dunkle Seite seines Lebens. Irgendwann hat er den Alltag aufs Spiel gesetzt, nun möchte er aussteigen.
Geschichtensüchtig
Teuermann zieht Markov an und er stößt ihn ab. Kann Markov Teuermanns Geschichten trauen? Und was hält der von dem, was Markov erzählt. Gekonnt verknüpft die Autorin die Geschichten, welche
die Helden einander präsentieren, mit dem Fortgang derer ureigensten Geschichte. Der untergehende Vertreter und der angehende Kommunikationsdoktor haben wenig gemeinsam und kommen einander doch
sehr nah.
Irgendwann bietet Markov Teuermann einen folgenschweren Kontrakt an: "Wenn Sie das nächste Mal meinen, nichts mehr erzählen zu können, und sich deshalb umbringen wollen, sagen Sie mir vorher
Bescheid. Geben Sie mir zumindest die Gelegenheit, Sie von Ihrem Entschluss abzubringen, Wenn Ihnen meine Argumente nicht gefallen, können Sie sich verabschieden, dann halte ich Ihre Hand bis Sie
tot sind." Teuermann erklärt sich einverstanden. Er findet dies "eine zynische und zugleich liebevolle Abmachung." Nun haben die beiden also eine Art Rede-Beziehung.
Das Geschichten-Erzählen wie das Lesen derselben wird zur Sucht. Man wünscht sich immer mehr davon. Wie lange werden die Geschichten reichen? Viel zu schnell ist das Buch zu Ende. Eine
wunderbare Erzählung über eine seltsame Beziehung und die wundersame Macht der Fiktion!
Dagmar Günther
Kathrin Gerlof: Teuermanns Schweigen, Aufbau Verlag, Berlin 2007, 181 Seiten, 17,95 Euro, ISBN 978-3-351-03234-0
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