Digitalisierung

Zukunft der Arbeit: Warum Weiterbildungen attraktiver werden müssen

Alice Greschkow07. Februar 2020
Experten zufolge könnte sich die Welt in den kommenden 15 Jahren stärker ändern als in den vergangenen 300. Das erfordert eine neue Lernkultur. Weiterbildungen müssen attraktiver werden.

Wo Fortschritt ist, ist Bildung gefragt – dies war schon immer so. Technologien veralten, neue Geräte und Systeme sind in den vergangenen Jahrzehnten in den Arbeitsalltag der meisten Menschen bezogen. Ob der PC im Büro oder die automatisierte Fertigung in der Fabrik – Arbeitnehmer*innen müssen offen bleiben, um mit Innovationen Schritt zu halten und diese bedienen zu können. Doch im Jahr 2020 wirkt angesichts neuer Trends wie die Künstliche Intelligenz Weiterbildung besonders wichtig.

Wird alles smart?

Der Megatrend der Digitalisierung ist unaufhaltsam. Einige Experten wie der Futurist Gerd Leonhard gehen davon aus, dass aufgrund der erhöhten Geschwindigkeit die Welt sich in den kommenden 15 Jahren mehr ändern wird als in den vergangenen 300. Denn die Richtung ist klar: das Internet der Dinge, Technologien um Spracherkennung und selbstlernende Systeme werden viele Tätigkeiten verändern.

Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung kalkulierte wie hoch das „Substitutionspotenzial“ – also der Anteil der durch Automatisierung ersetzbaren Tätigkeiten – in vielen Jobs ist und kam auf eine harte Analyse: In einigen Fertigungsberufen liegt das Potenzial bei rund 70 Prozent, doch auch in Dienstleistungsberufen mit einem hohen Anteil an Routineaufgaben ist die Gefahr groß, dass digitale Lösungen effizienter und fehlerfreier arbeiten. Eine McKinsey-Studie aus dem Jahr 2017 ging davon aus, dass 800 Millionen Arbeitsplätze weltweit der Automatisierung zum Opfer fallen werden, die Übertragung einer Analyse der Forscher Frey und Osborne geht vom Wegfall von 42 Prozent der Jobs in Deutschland aus. Dies würde jedoch nur eintreffen, wenn tatsächlich alle digitalisierbaren Tätigkeiten auch wirklich automatisiert werden.

Es handelt sich um keine Zukunftsmusik mehr: Digitale Hilfssysteme werden beispielsweise schon in der Landwirtschaft genutzt. Beim „Smart Farming“ kommen Drohnen und Sensoren beispielsweise zum Einsatz, die eine optimale Bewirtschaftung von Ackerflächen erzielen sollen. Dadurch kann die Produktivität erhöht werden, Landwirt*innen werden entlastet.

Weiterbildungen müssen attraktiv sein

In der Tendenz ist klar, dass Weiterbildungen an Bedeutung gewinnen werden, um die mittelfristigen Umwälzungen abzufedern. Im Gegensatz zu vergangenen Fortschritten umreißt die Digitalisierung nahezu alle Branchen. Das bedeutet jedoch nicht, dass alle Arbeitnehmer*innen in Zukunft das Programmieren lernen müssen. Es geht vielmehr um ein Verständnis für komplexere Arbeitsprozesse, die weniger Routine fordern.

Weiterbildungen sind jedoch nach einer weiteren Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung paradoxerweise eher unattraktiv für Arbeitnehmer*innen in Berufen mit einem höheren Automatisierungsrisiko. Sie bilden sich seltener weiter als Personen mit geringerem Automatisierungsrisiko. Dies läge allerdings auch oft an den Führungspersönlichkeiten, die Bildungsangebote nicht offen anbieten.

Hoffmann fordert Kulturwechsel

Am Dienstag äußerte sich DGB-Chef Reiner Hoffman bei einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin zum Thema lebenslanges Lernen eindeutig: Er verstünde, dass nicht alle Berufstätigen ein Interesse an Weiterbildungen hätten – dafür bräuchte es einen Kulturwechsel. Weiterbildungen seien essenziell für das zukünftige Berufsleben, doch Bildung sei in Deutschland eher negativ und mit stressreichen Erfahrungen konnotiert. Dabei müsse sie auch Spaß machen, um attraktiv zu sein. Vor allem für Personen, die schlechte Erinnerungen an ihre Schulzeit haben und keine guten Noten absolvierten, sei es schwierig im späteren Leben positive Lernerfahrungen zu machen.

Die Politik hat den Trend erkannt: Arbeitsminister Hubertus Heil möchte laut einem neuen Gesetzentwurf die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass der Staat die Sozialversicherungsbeiträge für Menschen in Kurzarbeit übernimmt – unter der Bedingung, dass dies mit einer Qualifizierungsmaßnahme verbunden sei. Fraglich ist jedoch, wie berufliche Bildungsangebote attraktiver werden können, bevor es zur Kurzarbeit kommt.

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Kommentare

Verantwortungslosigkeit und Kurzfristiges "Denken"

Solange die Politik die Innovationsunwilligkeit(Thema: altersgerechte Arbeitsplätze) und Ausbildungsunwilligkeit von Unternehmen abfedert und unterstützt (nicht zuletzt durch das sehr "arbeitgeberfreundliche" Abreitnehmererfindungsgesetz), solange die Politik aktiv unterstützt das der Import von ausländischen Fachkräften zu Dumpinglöhnen erheblich billiger ist, als die Weiterbildung von Arbeitnehmern oder die Beschäftigung inländischer Fachkräfte (mit der Ausrede des angeblichen "Fachkräftemangels"), solange können rein dekorative Maßnahmen wie die hier vorgetragene Übernahme der Sozialbeiträge während der Kurzarbeitsphasen kaum ein Umdenken bewirken.

Ausbildungen und Weiterbildungen werden nicht etwa - wie auch hier fälschlich behauptet - wegen fiktiver Unwilligkeit seitens der Arbeitnehmer unterdrückt sondern hauptsächlich durch für AN untragbare Kosten und wegen der durchgehenden Weigerung der AG, AN weiterzubilden.

Die verfehlte Politik, den Unternehmen fertig ausgebildete Fachkräfte zu "schenken" bedeutet auch, das AN die auf eigene Kosten ihre (weiter)bildung durchführen,diese Kosten im neuen Beruf wegen zerstörter Lohnstrukturen nicht mehr ausgleichen können.

Weiterbildungen sollen attraktiv sein

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