Sonntagabend, 20:15 Uhr: Zeit für den „Tatort“. Doch an diesem Sonntag war es anders. Rudelgucken war angesagt. Der Anlass: Das einzige TV-Duell von Angela Merkel und ihrem Herausforderer Martin Schulz.
In einem Café direkt am Domplatz in Münster fanden sich neben vielen Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfern der SPD auch etliche Bürgerinnen und Bürger ein, die den Zweikampf mit uns gemeinsam verfolgen wollten. Was uns dann geboten wurde, war eine Art Polit-Krimi in 90 Minuten. Die Spannung kam auf jeden Fall der im sonst auf demselben Sendeplatz laufenden „Tatort“ gleich.
Zugucken allein reicht nicht
Auf vielen Tischen im Café sah es ähnlich aus: Neben dem Glas Bier oder Wein lag das Handy griffbereit. Denn TV-Duell heißt nicht nur passiv lauschen, sondern aktiv mitmachen! Unter den Hashtags #TVDuell und #MartinMachts galt es, die Highlight der Sendung zu kommentieren oder wichtige Aussagen zu unterstreichen und zu teilen. Allein mein Tweet, in dem ich Martin Schulz Aussage zitierte, es gehe in diesem Wahlkampf um die Zukunft unseres Landes, nicht um die Zukunft von Gerhard Schröder, wurde binnen kürzester Zeit 127 mal mit „gefällt mir“ markiert und 26 mal retweetet.
Und wie lief das Duell selbst? Es war geprägt von der sehr einseitigen Auswahl der Themen durch das Moderator*innen-Quartett. Die überwiegende Zeit ging es um Flucht, Migration und Integration. Der angekündigte Themenblock zur sozialen Gerechtigkeit geriet arg knapp. Moderatorin Maybritt Illner leitete das schon entsprechend ein: „Soziale Gerechtigkeit können wir kurz machen.“
Maut-Versprechen: Schulz stellt Merkel bloß
Dennoch gelang es Martin Schulz, klare Botschaften zu senden und seine Konzepte deutlich zu machen. Bei der Rente z.B. müsse es darum gehen, das Rentenniveau zu sichern und zu verhindern, dass das Renteneintrittsalter auf 70 angehoben werde, wie es einige in der Union forderten. Merkel konterte und erteilte der Rente mit 70 eine Absage. Doch Schulz erinnerte zu Recht daran, welches Versprechen Merkel 2013 im TV-Duell gegen Peer Steinbrück gegeben hatte: Mit ihr werde es keine PKW-Maut geben. Heute ist sie beschlossene Sache und Merkel brach ihr Versprechen.
Und auch beim Thema Diesel-Skandal punktete Schulz mit klaren Positionen: Fahrverbote dürfe es nicht geben, weil sonst die Halterinnen und Halter für die Betrügereien der Konzerne zahlen müssten. Stattdessen brauche es eine wirksame Umrüstung der Hardware auf Kosten der Automobilhersteller. Merkel ließ eine klare Position bei dem Thema vermissen.
Schulz klarer Sieger - Kritik an Moderation
Und so stand nach 90 Minuten in unserem Café an Münsters Domplatz fest, wer das Duell für sich entschieden hatte: Martin Schulz. Über die streitbare Rolle der Moderatorinnen und Moderatoren, die besten Momente und schmerzlich vermisste Themen des Duells wurde anschließend noch länger bei kühlen Getränken diskutiert. Und auch bei Twitter und Co. gingen die Debatten munter über die eigentliche Sendezeit hinaus.