Was die SPD mit der Lindenstraße gemeinsam hat

Martin Kaysh02. Januar 2020
Blick aufs Jahr: Was hat die SPD mit der ARD-Serie „Lindenstraße“ zu tun? Beide sind auf der Suche nach Gerechtigkeit. Und nehmen sich dabei viel Zeit, sagt Kabarettist Martin Kaysh.

Wir können das Datum im Kalender schon ankreuzen. Egal, was bis dahin passiert, am 29. März 2020 endet die große sozialdemokratische Epoche. Keine Panik, sie endet im Fernsehen, in der ARD. Die Lindenstraße verabschiedet sich. Seit 1985 wurde da im Grunde das Parteiprogramm der SPD verfilmt, auch wenn es nie einer der Drehbuchautoren gelesen hat. Aber was sozialdemokratisch ist, das hat man auch im wahren Leben eher im Gefühl als im Protokoll des letzten Parteitags.

Viele in dieser Dauerwerbe­sendung für gesellschaftlichen Fortschritt waren immer irgendwie auf der Suche nach ­Gerechtigkeit. Alles dauerte dort, gefühlt ewig, als müsse erst die Antragsberatungskommission in Mutter Beimers Küche über den Fortgang der Geschichte beschließen. Es war so, wie Kabarettisten die SPD sehen. Lindenstraßen-Erfinder Hans W. Geißendörfer träumte von der Revolution, aber dann blieb erst einmal der Fahrstuhl stecken. Am Ende guckte kaum noch einer.

Heute haben wir dieses Internet, und die SPD eine neue Parteispitze. Der Weg dahin war ein lindensträßig langer Prozess. Aber er hat in den Regionalkonferenzen mehr Menschen zusammengebracht, als ein Fantreffen, von 13-Jährigen organisiert, um einen total berühmten Youtube-Star zu be­kreischen. Verschwörungstheoretiker hingegen sehen in der Basisabstimmung der SPD nur eine böse Idee der Post, um sich am Briefporto dumm und dämlich zu verdienen. Diskutiert nicht mit solchen Leuten. Die halten das Konzept des Schlüpferwechsels auch für eine Idee der Waschpulverindustrie.

SPD 2020 lieber ohne Vorsatz

Endlich, Fernsehen aus, ganz analog, macht die SPD 2020 wieder Politik. Keine Ahnung, was in der Koalition, der großen, noch wegregiert werden muss. Ein bisschen fehlte auch mir zur Halbzeit der Cliffhanger – die dramatische Schluss­einstellung am Ende einer Serienfolge, damit ich nächste Woche wieder einschalte. Mit Vorsätzen für 2020 sollte sich die SPD indes zurückhalten.  Wir kennen das vom Gericht. Dort wirkt Vorsatz bekanntlich strafverschärfend.

Vielleicht kann man den Missbrauch bei Befristungen von Arbeitsverträgen, der steht noch auf dem Koalitionsplan, schnell fahrlässig abschaffen. Nebenbei entledigt man sich auch der schwarzen Null und schafft stattdessen die grüne Null. Was immer das ist, irgendwas mit der gleichfarbigen Partei, die im neuen Jahr wieder Richtung Null tendiert.
Jetzt muss nur noch die Nichtkanzlerin Nichtkanzlerin bleiben. Allzu laut stellt AKK die Gretchenfrage der Politik: „Wie hast du´s mit dem Militär?“, und beantwortet sie umgehend selbst mit: „Mehr, mehr, mehr!“. Gegen ihren Bundesarbeitsdienst zum Beispiel sprechen nicht nur Vergangenheit und Grund­gesetz.
Kramp-Karrenbauer wünscht man die Hingabe zur wahren deutschen Tradition – zu Spiegelei, viel Spiegelei. Das gab es bei Helga Beimer immer im Kummerfall. Irgendwer muss weiterbraten.

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