Nur „der Hakan“

Warum Praktika so wertvoll für den direkten Kontakt sind

Hakan Demir12. Juli 2021
Seit dem Beginn meines Wahlkampfes mache ich Praktika. Das ist nicht sonderlich kreativ, aber trotzdem wertvoll. Denn im direkten Kontakt fallen Barrieren, lerne ich die Lebenswelt vieler Neuköllner*innen kennen.

Seit Beginn meines Wahlkampfes mache ich Praktika. Ich räume Tische auf, schraube an Parkbänken rum, verkaufe Würstchen, spiele Fußball mit Jugendlichen, packe Lkw voll mit Lebensmitteln.

Ich weiß, dass ich dafür nicht den Kreativpreis erhalten werde. Aber darum geht es auch nicht. Es geht darum, die Lebenswelt von vielen Neuköllner*innen hautnah mitzuerleben. Sie arbeiten in über 10.000 Betrieben – in Spätis genauso wie in international agierenden Unternehmen. Die Reaktionen sind durchweg positiv. Aber es gab auch schon die Rückmeldung, dass das anbiedernd rüberkommen könne.

„Was? Das sehe ich nicht so“, sagte ich da sofort. In den meisten Wahlkampfaktionen gibt es eine Distanz – mal ist es der Infostand, mal der Flyer in der Hand, mal die Haustür, die zwischen einem liegt. Die Tagespraktika ermöglichen mir, dass diese Barrieren fallen. Ich bin in dem Moment nur „der Hakan“, der mitarbeitet. In den meisten Fällen wissen weder die Kolleg*innen noch die Kund*innen, dass ich der Bundestagskandidat bin.

Probleme: Wertschätzung, Arbeitszeiten, Kundschaft

Das führt dazu, dass ich genauso gut oder schlecht behandelt werde wie alle anderen auch. Ich bekomme also einen guten Einblick in die Probleme des Betriebs. Mal ist es die lange Arbeitszeit, mal die geringe Wertschätzung durch den Chef oder die ausbleibenden Kund*innen.

Was mache ich mit diesen Infos? Sie bestärken mich darin, dass politische Entscheidungen notwendig sind und sie nicht nur Zahlen ändern, sondern das Leben vieler hart arbeitender Menschen. Die Erfahrungen bestärken mich außerdem darin, nicht zu vergessen, wer das Land am Laufen hält.

Am Ende gibt es dann doch meistens eine Enthüllung: „Hallo, heute ist mein erster Praktikumstag. Aber ich bin nicht nur Praktikant, sondern auch Bundestagskandidat.“ Ein kleines Gespräch beginnt. „Cool, dass Du das machst“, höre ich dann häufig. Politik ist für die meisten weit weg, nicht nahbar, nicht ansprechbar. Das will ich ändern. Einen kleinen Beitrag leiste ich dazu mit meinen Praktika.

Ich weiß, dass ich dafür nicht den Kreativpreis erhalten werde. Aber darum geht es auch nicht.

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