Arbeitsteilung

Partnerschaft: Warum Männer mehr unbezahlte Arbeit leisten müssen

Julia Korbik26. April 2017
Frauen leisten in Deutschland den Großteil der unbezahlten Arbeit, das zeigt eine neue Studie. Dafür reduzieren sie ihre bezahlte Arbeitszeit und verzichten auf beruflichen Erfolg. Das muss sich ändern.

Es gibt Statistiken und Studien, die belegen, was man irgendwie sowieso schon wusste. Dazu gehört auch die aktuelle Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Die zeigt nämlich, dass Frauen in Deutschland 60 Prozent mehr unbezahlte Arbeit leisten als Männer, ob im Haushalt, bei der Kinderbetreuung oder der Pflege Angehöriger.

Oft höre ich an dieser Stelle das Argument: „Kein Wunder, Frauen arbeiten ja generell weniger als Männer und öfter in Teilzeit, also haben sie auch mehr Zeit für unbezahlte Tätigkeiten.“ So einfach ist es aber nicht. Vielmehr legt die Studie den Schluss nah, dass Frauen aufgrund ihrer unbezahlten Arbeit (zum Beispiel im Haushalt) ihre bezahlte Arbeit reduzieren – insbesondere dann, wenn sie Kinder unter sechs Jahren haben. Unter Müttern ist Vollzeitarbeit sogar die Ausnahme, unter Vätern hingegen Standard. Heißt: Wenn ein Paar Kinder bekommt, reduzieren Mütter tendenziell ihre Arbeitszeit, während für die Väter alles so bleibt, wie es ist.

Partnerschaftlichkeit als Ziel

Immer öfter geistern durch die Medien die sogenannten „neuen Väter“, die Anteil haben wollen an der Kindererziehung, die bereit sind, ihre Arbeitszeit zum Wohle der Familie zu reduzieren. Immer wieder heißt es in verschiedenen Erhebungen und Umfragen, dass mehr und mehr Paare sich eine partnerschaftliche Arbeitsaufteilung wünschen. Die WSI-Studie macht nun ganz deutlich, dass bei „modernen“ Vätern die Partnerschaftlichkeit noch längst nicht zum Trend geworden ist, sondern eher ein frommer Wunsch bleibt. So sind es immer noch Mütter, die den Großteil der Elternzeit nehmen: Mehr als 90 Prozent der Elternzeit, für die Elterngeld gezahlt wird, entfallen auf Frauen. Männer hingegen kommen über die zwei „Vätermonate“ oft nicht hinaus.

Doch es gibt auch Hoffnung: Laut WSI-Studie ergeben sich aus den Vätermonaten langfristige Effekte, denn diese erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass der entsprechende Vater auch nach der – meist kurzen – Elternzeit seine Arbeitszeit reduziert. Etwa jeder vierte Mann verringere seine Arbeitszeitdauer im Anschluss an seine Elternmonate.

Die üblichen Geschlechterrollen aufbrechen

Tut sich also doch was! Wenn auch langsam, und das ist ja kein Wunder: Rollenbilder und Geschlechterverhältnisse haben sich über Jahrzehnte ausgebildet und verfestigt, die ändern sich nicht einfach in ein paar Jahren. Ich kenne einige junge Väter, die völlig selbstverständlich Elternzeit nehmen wollten, und zwar über die üblichen „Vätermonate“ hinaus. Als sie mit diesem Wunsch vor ihre Chefs traten, wurden sie erst einmal komisch angeguckt. Vielleicht auch mitleidig: Armer Kerl, der steht sicher ganz schön unterm Pantoffel. Das soll nicht heißen, dass Männer hier die Opfer sind – sondern, dass auch Männer auf Hindernisse stoßen, wenn sie die üblichen Geschlechterrollen aufbrechen und für die Familie beruflich Abstriche machen wollen.

Im Bereich der Pflege gibt es keine ähnlich positiven Tendenzen wie bei der Kinderbetreuung: Frauen stellen fast zwei Drittel derjenigen, die unbezahlte Pflegearbeit leisten – und zwar oft, wenn sie selbst sich noch im Erwerbsalter befinden.

Gegenmaßnahme Gleichstellungspolitik

Frauen sind es, die den Großteil der unbezahlten Arbeit machen, die den Haushalt schmeißen, sich um die Kinder kümmern und Angehörige pflegen. Und so sind es auch Frauen, die ihre Arbeitszeit reduzieren, dadurch geringere berufliche Chancen, weniger Gehalt und eine schlechtere Altersvorsorge haben. Die WSI-Studie empfiehlt deshalb als Gegenmaßname eine Gleichstellungspolitik, die Anreize für eine Umverteilung von unbezahlter Arbeit hin zu Männern setzt. Außerdem brauche es bessere Möglichkeiten für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, also auch von Beruf und Sorgearbeit.

Letztendlich geht es darum, dass gewisse Leitbilder sich ändern – darum, dass unbezahlte Arbeit nicht mehr automatisch als „weiblich“ gedacht wird. Und dass sie überhaupt als Arbeit anerkannt wird.

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