Genosse Trend wird auf seine alten Tage nochmal zum Sprinter. Einst brachte er in den 1960er Jahren die SPD im Langstreckenlauf ins Bonner Kanzleramt. Jetzt legt er im Wochenturbo zu.
Da gerate ich in Not, ist doch alles Triumphale der Kleinkunst fremd. Was soll man noch Witze machen über jenen, der nur noch im Tragisch-Komischen dilettiert? Es gibt Menschen, die haben zwei linke Hände. Armin Laschet muss drei haben. Jedenfalls stellt er sich so an, immer wenn es um wichtige Fragen geht.
Söder – der große Spielverderber für Laschet
Wenn dann der große Spielverderber aus Bayern von seiner Union einen Wahlkampf fordert, der zeitgleich „sexy und solide“ sein soll, dann denkt es in mir an so was wie robuste Liebesgrüße aus Lederhosen, an Filmchen aus der Wiederholungsschleife der Privatsender. Nur waren sie weder erotisch noch komisch, sie waren spießig und trostlos.
Wenn das gemischte Doppel der Union so weiterwirkt und -würgt, könnte im Duden bald eines neues Verb auftauchen: „södern – alles tun, um eine unsichere Wahl sicher zu verlieren“.
Respekt ist kanzlerabel
Mal ganz unkomisch: Diese „Respekt“-Nummer der SPD finde ich einigermaßen kanzlerabel. Denn politisch analytisch bin ich immer erst im zweiten Schritt auf dem Weg zur Wahlurne, man weiß ja: Du wählst nur mit dem Herzen gut.
Mir ist egal, ob meine Lieblingspartei verspricht, die Entlastung alleinerziehender Väter mit einem Einkommen von 37.932 Euro betrage bei ihr jährlich 173 Euro mehr als bei den anderen. Notfalls bis gerne zahle ich sogar 180 Euro drauf für das Gefühl, dass es insgesamt vorangeht.
Scholz – kein Hand zum Chichi
Deshalb bleibt dieses Jahr der Wahl-O-Mat kalt. Scholzomat, längst hat sich der Begriff ins Positive gewendet, reicht mir. Kein Hang zum Chichi, hanseatisch, mittlerweile auch preußisch in Potsdam nachsozialisiert, an den richtigen Stellen souverän und engagiert – so könnte man ihn beschreiben. Das reicht dann schon, auch ohne Blick auf die Irrlichternden links und rechts.
Was macht dich eigentlich zum Wiederwähler, zur Immer-wieder-Wählerin? Bei mir sind es kleine Erinnerungen. Erfurt, Herbst 1986. Wir stehen mit einer aufgekratzten Besuchergruppe (West) vor dem heruntergekommenen und verrammelten Kaisersaal. Hier fand 1891 der große SPD-Parteitag statt, im Jahr nach Ende der Sozialistengesetze.
100 Jahre SPD wählen
Der Stadtbilderklärer, ein alter Mann (das Wort Fremden„führer“ mied man) erklärt nicht ganz vorschriftsfeierlich, die SED wolle diesen Ort zum Jubiläum ihrer dürftigen Geschichte einverleiben. Ich werfe einen wahrscheinlich wütenden, mit Sicherheit melancholischen Blick durch die nahezu blinden Scheiben.
Da tritt der Erklärer dicht neben mich, schaut erst nach links, nach rechts und sagt dann traurig leise: „Zu dem Haufen habe ich früher ja auch gehört.“ Allein für diesen Mann müsste ich hundert Jahre SPD wählen.