Eigentlich hat der Gender Pay Gap (GPG), also die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern, nur einmal im Jahr seinen großen Aufritt. Und zwar am Equal Pay Day, welcher symbolisch den Tag markiert, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten – während Männer bereits ab dem 1. Januar für ihre Arbeit bezahlt werden. 2017 war der Equal Pay Day am 18. März.
Bereinigter und unbereinigter GPG
Von jeher gibt es um den GPG Streit, darum, wie er berechnet wird und wie repräsentativ er überhaupt ist. GPG ist nämlich nicht gleich GPG, da gibt es den unbereinigten und bereinigten GPG. Unbereinigt beträgt die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern 21 Prozent, bereinigt sechs Prozent. Für den unbereinigten GPG werden nicht nur die Angaben von Vollzeitbeschäftigten eingerechnet, sondern auch die von in Teilzeit und geringfügig Beschäftigten, Azubis und Praktikanten. Der bereinigte GPG hingegen rechnet nur Angaben von Menschen mit ein, die über vergleichbare Eigenschaften verfügen.
So ein richtiges Thema ist das, wie gesagt, eigentlich nur einmal im Jahr – wenn verschiedene Initiativen und Bündnisse es in die Öffentlichkeit bringen. Ansonsten gilt die Devise: Lohnlücke? Ja, schon irgendwie blöd… Aber auch nicht so wichtig, oder?
Nun im Wahlkampf wurde plötzlich über den GPG geredet! Obwohl der nächste Equal Pay Day erst 2018 ansteht! Zu verdanken ist dieses Ereignis SPD und CDU: Erstere plakatierte mit dem Slogan „Wer 100% leistet, darf nicht 21% weniger verdienen“, dazu das Bild einer jungen Frau in Arbeitskleidung. CDU-Mann Jens Spahn sprach daraufhin von „Fantasiezahlen“, mit denen die SPD arbeite und verwies auf den bereinigten GPG von sechs Prozent.
Sind doch nur sechs Prozent
Das Ganze ließe sich wunderbar zu einem Duell zwischen SPD und CDU aufbauschen, tatsächlich steht das Ganze aber für einen allgemeinen, GPG-bezogenen Unglauben. Denn die Lohnungleichheit ist zwar eine jedes Jahr aufs Neue statistisch erfasste Tatsache – an der wird dann aber so lange rumgerechnet und ruminterpretiert, bis das bestehende Problem angeblich keines mehr ist.
So wird dann gerne so getan, als seien sechs Prozent Lohnunterschied nichts, worüber Frauen sich beschweren müssten. Sechs Prozent, ha! Lächerlich! Dabei sind diese sechs Prozent weder lächerlich noch unwichtig: Schließlich geht es um Menschen mit ähnlicher Qualifikation und Arbeitszeit. Es geht darum, dass eben kein gleicher Lohn für die gleiche Arbeit gezahlt wird.
Und dass der bereinigte GPG „nur“ sechs Prozent beträgt bedeutet eben nicht, dass die 21 Prozent unbereinigter GPG – die Berechnung des GPG ist in der Europäischen Union übrigens einheitlich geregelt – eine „Fantasiezahl“ sind. Frauen verdienen aus einer Vielzahl von Gründen weniger als Männer, und die meisten davon haben strukturelle Ursachen. Oft heißt es, Frauen seien ja selber schuld, sie würden sich eben schlechtbezahlte Jobs in typischen „Frauenberufen“ suchen, öfter Teilzeit arbeiten, der Familie wegen länger aussetzen und hätten generell einfach kein so ausgeprägtes Interesse an der Karriere wie Männer.
Geschlechterrollen und Diskriminierung
Diese sogenannten Erklärungen setzen aber voraus, dass alle diese Faktoren auf individuelle Lebensentscheidungen von Frauen zurückgehen. Das ist aber schlicht und einfach nicht der Fall. Der GPG ist nämlich auch das Ergebnis sich hartnäckig haltender Geschlechterrollen und damit verbundener Diskriminierung: Vielen Müttern wird die Rückkehr auf eine volle Stelle schwer gemacht, sie werden in Teilzeitstellen gedrängt und haben so langfristig schlechtere Aufstiegschancen. Um nur mal ein Beispiel zu nennen. Und nur, weil Berufe in der Erziehungs-, Pflege- und Gesundheitsbranche typische „Frauenberufe“ sind, erklärt das noch nicht, warum diese so dermaßen schlecht bezahlt werden.
Die Diskussion über die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern ist komplex, und viele Faktoren spielen hier eine Rolle. Fest steht aber: Wer die Lohnlücke bloß wegdiskutiert und so tut, als sei sie kein reales Problem, macht es sich zu einfach. Egal, ob gerade Wahlkampf ist oder nicht.
Kommentare
Männer und Frauenberufe
Es wäre nett wenn man sich erstmal vor Augen führte, dass die 6% immer noch nicht den Öffentlichen Dienst berücksichtigen und auch weitere Daten nicht herangezogen werden. Tut man das landen wir unter 3 Prozent. Aber warum werden typische Frauenberufe schlechter bezahlt? Liegt das an Diskriminierung? Nein, es liegt daran, dass diese üblicherweise aus der Umlage von Steuern und Abgaben bezahlt werden und keinerlei Gewinn aus Produktivität abwerfen. Deswegen werden Berufe im Sozialbereich schlechter Bezahlt als die in der Wirtschaft und Dienstleistungen dort in der Regel schlechter als im produzierenden Gewerbe. Das ist aber keine Diskriminierung, sondern ein Merkmal unserer Wirtschaftsform. Würden wir jetzt staatlicherseits die Gehälter in diesem Bereich anheben müssten wir auch die Abgaben erhöhen. Es fragt sich nur warum hat bspw. Herr Oppermann in den Verhandlungen um den TVöD das nicht einfach gemacht?
Lohnlücke
Nur eine Frage: Wo ist denn besagte Lücke im öffentlichen Dienst? Da spielt Geschlecht doch gar keine Rolle!