Gleichberechtigung

Wie Brigitte Macron die Rolle der First Lady Frankreichs neu definiert

Julia Korbik18. Mai 2017
Der Altersunterschied ist nicht das Einzige – und Entscheidende – was Emmanuel und Brigitte Macron von ihren Vorgängerinnen und Vorgängern im Élysée unterscheidet: Sie sind angetreten, die Rolle der Première Dame in Frankreich neu zu interpretieren. Das taten ehemalige Première Dames und Präsidenten nicht.

In Frankreich jubeln sie der neuen First Lady zu, rufen „Brigitte, Brigitte!“. In Italien ärgert Silvio Berlusconi sich derweil über seine teure Scheidung und schickt Emmanuel Macron vergiftete Glückwünsche: Macron sei ein „39 Jahre alter Bursche“ mit viel Erfahrung und „mit einer schönen Mama, die ihn schon am Arm gehalten hat, als er noch ein Kind war.“ Eine Anspielung darauf, dass die 64-jährige Brigitte Macron die frühere Lehrerin des neuen französischen Präsidenten ist und der Altersunterschied des Paares 25 Jahre beträgt.

Brigitte Macron als engste Beraterin ihres Mannes

Klar, für so jemanden wie Berlusconi wäre das undenkbar: Ein junger Mann mit einer älteren Frau! Warum zur Hölle sollte ein Mann sich das antun? Il Cavaliere selbst turtelt lieber mit der fast fünf Jahrzehnte jüngeren Francesca – denn ein alter Mann mit einer jungen Frau, das ist schließlich der Normalfall. Da zuckt niemand mit der Wimper. Weder in Italien, noch in Frankreich.

Emmanuel Macron selbst dürften die Sticheleien aus Italien ziemlich egal sein. Er hat aus seiner Ehe mit Brigitte nie eine große Sache gemacht, sie immer als selbstverständlich dargestellt. Schon jetzt steht das Ehepaar Macron für einen neuen Typus des französischen Präsidentenpaares: Während des Wahlkampfes gehörte Brigitte Macron zu den engsten Beratern ihres Mannes, redigierte seine Polit-Biografie „Revolution“, feilte an seinen Reden. Als Emmanuel Macron die Wahl dann tatsächlich gewann, bedankte er sich öffentlich für ihre Unterstützung („Ohne sie wäre ich heute nicht hier“). Nun ist es nicht ungewöhnlich, dass Politiker sich bei ihren Frauen bedanken – meistens dafür, wie schön diese ihnen den „Rücken freigehalten“ haben.

Anders als Carla Bruni und Bernadette Chirac

Brigitte Macron, das ist klar, hat aber sehr viel mehr vor, als ihrem Gatten nervige Dinge wie Familienangelegenheiten und Haushalt wegzuorganisieren, damit dieser sich seiner Karriere widmen kann: Sie will sich aktiv engagieren und die Rolle der Première dame neu definieren. Bisher ist diese Rolle eher schwammig und reduziert die Präsidentengattinnen meist auf schmückendes Beiwerk. Ja, Carla Bruni sah in Stilettos super aus, aber hatte sie überhaupt eine Meinung zu aktuellen politischen Ereignissen? Bernadette Chirac war vor der Wahl ihres Mannes Jacques selbst Politikerin – als sie als Première dame in den Élysée-Palast einzog, war es mit ihrem politischen Engagement vorbei.

Emmanuel und Brigitte Macron erinnern eher an politische Paare wie die Obamas oder die Trudeaus aus Kanada. Paare, die sich offensichtlich auf Augenhöhe begegnen und im positiven Sinne eine Arbeitsgemeinschaft bilden. Ein in Frankreich bisher eher unbekannte Form der Beziehung. So siezen Jacques und Bernadette Chirac sich nach der Tradition der französischen Bourgeoisie zwar, aus den amourösen Verfehlungen ihres Mannes machte Bernadette in der Öffentlichkeit aber keinen Hehl. Laut „Bunte“ sagte sie, mit den Mädchen sei es „im Galopp“ gegangen: Macht sei eben anziehend, ihr Mann sehr attraktiv. Es habe einen Punkt gegeben, an dem sie über Scheidung nachgedacht habe.

Frankreichs Präsidenten gehen fremd

Dass der französische Präsident fremdgeht, gehört quasi zum guten Ton und ist gesellschaftlich akzeptiert. Es wird sogar fast erwartet. Als François Mitterrand starb, erfuhren die Franzosen überraschend von der Existenz einer geheimen Zweitfamilie, bestehend aus Mitterrands Geliebten Anne Pingeot und seiner unehelichen Tochter Mazarine. Präsident Giscard d’Estaing stieß eines frühen Morgens in einem geliehenen Sportwagen mit einem Milch-LKW zusammen: Auf dem Beifahrersitz saß eine Frau, die nicht seine Ehefrau Anne-Aymone war.

Doch trotz der präsidialen Techtelmechtel: François Hollande ist bisher der einzige Präsident, dessen Untreue in Echtzeit an die Öffentlichkeit gelangte – das Bild ihres Präsidenten, der mit dem Mofa durch Paris zu seiner Geliebten fährt, hat sich den Franzosen ins Gedächtnis gebrannt. Bisher galt zwischen Politik und Presse eigentlich ein Stillschweigen über außereheliche Abenteuer. Von Mitterrands Zweitfamilie beispielsweise wusste die Presse schon lange, ohne diese zu thematisieren.

Claude Pompidou oder Valérie Trierweiler scheiterten

Emmanuel und Brigitte Macron sind also in jeder Hinsicht ein außergewöhnliches Paar. Wer die beiden bei Auftritten und in Interviews erlebt, der kann sich schwer vorstellen, dass sie sich in die Tradition der Präsidentenpaare vor ihnen einreihen wollen. Und im Gegensatz zu anderen Premières Dames, die ihre undankbare Rolle neu interpretieren wollten und damit scheiterten – wie Claude Pompidou oder Valérie Trierweiler – kann Brigitte Macron bei diesem Vorhaben offensichtlich auf die Unterstützung ihres Mannes zählen. Na dann, bonne chance!

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Kommentare

Feminismus ohne Netz und Boden

Das ist wohl die Neo-Klatschspalte der SPD-Politik im Vorwärts. Allseits bekannter Aufguss aus früheren Präsidentenaffären. Schwärmerei über eine Neue Premiere Dame Brigitte im Elysee-Palast. Infos aus dem Kaffeesatz und der Glaskugel, Annahmen, Spekulationen im Format der Yellow-Press. "Starke Frauen" im Hintergrund auf Augenhöhe mit ihren femininen Staatsmännern Emmanuel, Justin, etc. Fortsetzung folgt…? Demnächst Martin Schulz auf platonischem Altherrenfahrrad mit Manuela Schwesig auf dem Gepäckträger ?

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