Equal Care Day

Blumen? Ich hätte lieber Equal Rights für alle.

Lisa Frerichs29. Februar 2020
Beginnend mit dem Equal Care Day ist von Ende Februar bis Mitte März Gleichsstellungspolitik angesagt. Doch so wichtig Erinnerungstage sind: Wir brauchen Aufmerksamkeit und Veränderungen jeden Tag.

Equal Care Day, Weltfrauentag und Equal Pay Day. Von Ende Februar bis Mitte März ist Gleichstellungspolitik angesagt. Den Beginn macht der Equal Care Day am 29. Februar. Seit vier Jahren wird an diesem Aktionstag auf die mangelnde Wertschätzung und unfaire Verteilung von Sorgearbeit zulasten von Frauen aufmerksam gemacht. Nicht nur 80 Prozent der beruflichen Sorgearbeit – beispielsweise in Kindertagesstätten, in Grundschulen und in Pflegeeinrichtungen – werden von Frauen übernommen, sondern eben auch zuhause.

Obwohl Frauen schon seit vielen Jahren besser ausgebildet sind als Männer, herrschen immer noch überwunden geglaubte Rollenbilder vor. Diese beeinflussen nicht nur die Berufswahl, sondern führen auch dazu, dass Frauen sehr viel häufiger ihre Erwerbstätigkeit für Elternzeiten oder die (unbezahlte) Pflege von Angehörigen unterbrechen.

Deutschland ist beim Lohngefälle fast Schlusslicht

Es folgt der Weltfrauen(kampf)tag, wie immer am 8. März. Als Frau kann man sich an diesem Tag vor Rosen kaum retten. So schön ich Blumen auch finde, ich hätte lieber Equal Rights für alle.

Der Equal Pay Day findet dieses Jahr wiederum am 17. März statt. Das bedeutet, dass Frauen 77 Tage lang umsonst gearbeitet haben, da der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern 21 Prozent beträgt. Vor zehn Jahren betrug der Gender Pay Gap übrigens 23 Prozent, weshalb der Equal Pay Day am 26. März stattfand. Eine nennenswerte Verbesserung gibt es also leider nicht. Im europaweiten Vergleich ist Deutschland damit fast das Schlusslicht, nur in Estland und in der Tschechischen Republik ist das Lohngefälle ausgeprägter.

In Deutschland sind mehr als 70 Prozent der erwerbstätigen Frauen in Teilzeit beschäftigt. Männer gehen zu knapp 94 Prozent einer Vollzeittätigkeit nach. Nur der äußerst überschaubare Rest der Männer hat seine Arbeitszeit reduziert, um beispielsweise mehr Sorgearbeit leisten zu können. Im Übrigen leisten auch in Vollzeit erwerbstätige Frauen mehr Sorgearbeit als Männer. Und wenn Sorgearbeit ausgelagert wird – zum Beispiel in Form von Reinigungskräften, Haushaltshilfen oder Pflegekräften – sind dies wiederum auch fast ausschließlich Frauen, deren Beschäftigung in den vielen Fällen prekär ist.

Große Ungleichheit auch bei der Rente

Aus dieser gesamten Problematik resultiert nicht zuletzt der sogenannte Gender Pension Gap, der Auskunft über das eigene Alterssicherungseinkommen von Frauen gibt. Aktuell liegt die Lücke hier bei 59,6 Prozent. Die Rechenaufgabe, an welchem Tag im Spätsommer den Equal Pension Day „feiern“ müssten, habe ich mir an dieser Stelle gespart.

Umso wichtiger ist die nun endlich gefundene Einigung zur Einführung der Grundrente. Da Frauen sehr viel häufiger in Niedriglohnjobs oder in Teilzeit gearbeitet haben, profitieren sie mit 85 Prozent weit überdurchschnittlich vom Rentenzuschlag. Ein sehr wichtiger Schritt, den die SPD auch über den Koalitionsvertrag hinaus über Monate und Jahre hart erkämpft hat. Doch auch die Grundrente kann nur geringfügig korrigieren, was nach wie vor gehörig schief läuft und gesellschaftlich so verankert ist.

Frauen fehlen – vor allem in Führungspositionen

Frauen fehlen in bestimmten Berufen, ganzen Branchen und in Führungspositionen. Die aktuell wieder entflammte Diskussion um die Einführung von Frauenquoten, zum Beispiel in den Vorständen großer Unternehmen, zeigt das nochmals deutlich. Frauentypische Berufe werden gesellschaftlich nach wie vor unterbewertet und schlechter bezahlt.

Den Rest erledigt das Ehegattensplitting, das seit seiner Einführung im Jahr 1958 unverändert geblieben ist und deshalb ebenfalls nach wie vor für Frauen nachteilige Anreize setzt. Bezeichnend ist die Begründung der damaligen CDU-geführten Regierung, dass  die Regelung „eine besondere Anerkennung der Funktion der Ehefrau als Hausfrau und Mutter“ erwirke. Auf diese Anerkennung würde ich im Jahr 2020 doch gern verzichten.

Aufmerksamkeit ist wichtig, aber im ganzen Jahr

Deswegen müssen besonders wir als SPD diese Missstände immer wieder benennen und für Veränderung dieser laut sein – und das bitte nicht nur zum Weltfrauentag und Equal Pay Day. Versteht mich nicht falsch: Alle aufgeführten Aktionstage sind wichtig, um Aufmerksamkeit zu schaffen. Aufmerksamkeit auch dafür, dass Frauen viel öfter Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt werden oder Sexismus im Alltag ausgesetzt sind – für Entgeltgleichheit und die faire Verteilung von Sorgearbeit.

Ich wünsche mir aber Aufmerksamkeit im gesamten Jahr. Diese können wir nur erreichen, wenn wir als SPD alle möglichen Themen immer und immer wieder mit gleichstellungspolitischen Fragen verknüpfen – so wie jetzt mit der Grundrente geschehen.

Wir brauchen keine Rosen als Wertschätzung, sondern eine Partei, die für Chancengleichheit laut ist – jeden Tag.

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