Katja Pähle

„Unser Ziel ist eine zukunftsorientiere Regierung für Sachsen-Anhalt.“

Kai Doering03. Mai 2021
SPD-Spitzenkandidatin Katja Pähle: Veranstaltungen und direkte Begegnungen mit den Bürgerinnen und Bürgern fehlen mir.
SPD-Spitzenkandidatin Katja Pähle: Veranstaltungen und direkte Begegnungen mit den Bürgerinnen und Bürgern fehlen mir.
Am 6. Juni wird in Sachsen-Anhalt ein neuer Landtag gewählt. SPD-Spitzenkandidatin Katja Pähle setzt auf höhere Löhne und eine „Investitionsoffensive“ nach Corona. Die AfD will sie zurückdrängen.

Der – im Land nicht sehr beliebte – Slogan von Sachsen-Anhalt lautete lange: „Land der Frühaufsteher“. Wie früh stehen Sie zurzeit im Wahlkampf auf?

Das ist ganz unterschiedlich. Ich lebe ja in Halle. Wenn ich zu Terminen nach Magdeburg muss, stehe ich meistens um halb sechs auf, um rechtzeitig loszukommen und im besten Fall auch vorher noch das Frühstück für die Kinder zu machen.

Die Landtagswahl findet am 6. Juni statt. Der Wahlkampf ist also mitten in der heißen Phase. Wie läuft das ab mitten im Corona-Lockdown?

Vieles, was sonst ganz selbstverständlich zum Wahlkampf dazugehört, ist leider nicht möglich. Ich muss schon sagen: Veranstaltungen und direkte Begegnungen mit den Bürgerinnen und Bürgern fehlen mir. So gibt es leider kaum Möglichkeiten, bei denen man den Menschen direkt ins Gesicht schauen und sich mit ihnen unterhalten kann. Podiumsdiskussionen und andere Gespräche finden vor allem digital statt. Das ist gut, aber ein richtiger Ersatz ist es natürlich nicht. Wir haben auch thematische Flyer drucken lassen, die wir verteilen und auch eine Postkarte, mit der wir für die Briefwahl werben, die ja wahrscheinlich diesmal von besonders vielen Wählerinnen und Wählern wahrgenommen wird. Wir hoffen stark, dass in den Wochen vor der Wahl zumindest teilweise noch ein „Corona-konformer“ Straßenwahlkampf möglich wird.

Ein digitales Format, das Sie anbieten, heißt „Klartext mit Katja Pähle“. Was steckt dahinter?

Die Idee ist, dass ich mich mit einer bzw. einem Kandidierenden der SPD und einem Gast, den die Kandidierenden mitbringen, über ein Thema unterhalten. Das Ganze wird live im Internet gestreamt. So wollen wir lebendig zeigen, für welche Inhalte die SPD in Sachsen-Anhalt steht. Ich weiß vorher meistens selbst nicht, worum sich das Gespräch genau drehen wird. So haben wir uns auch schon mal eine Dreiviertelstunde über Tomaten unterhalten. Einen Tag später ging es dann um Stadtentwicklungspolitik. Das ist für mich aber auch das Reizvolle an dem Format. Mir macht es sehr viel Spaß.

Und wie kommt es bei den Zuschauer*innen an?

Insgesamt sehr gut. Wir haben immer ein treue Zuschauerschaft. Vor allem haben wir aber festgestellt, dass die Mitschnitte der Live-Gespräche hinterher auch noch sehr häufig aufgerufen werden. Das Schöne an digitalen Formaten ist ja, dass sie gespeichert sind und man sie sich auch nach der Übertragung ansehen kann, wenn es einem eben passt.

Schon lange vor Beginn des Wahlkampfs haben Sie das Format „1000 mal Halle“ begonnen, bei dem Sie 1000 Orte in Halle besuchen und mit den Menschen, die dort wohnen oder arbeiten, sprechen wollen. Was bewegt die Menschen vor Ort?

Auch das ist sehr vielfältig. Bis sich die Corona-Situation zum Ende des letzten Jahres wieder verschärft hat, war ich bei recht vielen Vereinen und Verbänden und haben mit den dort Engagierten gesprochen. Dabei ging es viel um die Frage, wie das Land sie besser unterstützen könnte, Stichwort Ehrenamt. Dabei ist die finanzielle Unterstützung häufig erst der zweite Schritt. Der erste ist, dass wir die Engagierten erstmal stärker wahrnehmen müssen. Da brauchen wir eine Anerkennungskultur für diejenigen, die unsere Gesellschaft lebenswert machen, indem sie sich etwa um Spielplätze kümmern, sich in Freiwilligenagenturen engagieren oder Älteren helfen. Die mehr als 100 Orte, die ich bisher schon besuchen konnte, haben wir gezeigt, dass die Menschen in Halle sehr engagiert sind und sich gerne um ihre Stadt kümmern. Das macht mir auch für meine politische Arbeit Mut.

Um Anerkennung geht es auch viel im Programm der SPD für die Landtagswahl. Ein zentraler Punkt ist die bessere Bezahlung von Arbeitnehmer*innen. Der Stundenlohn liegt in Sachsen-Anhalt deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Woran liegt das?

Zunächst mal daran, dass die CDU im Land immer darauf gesetzt hat, Sachsen-Anhalt als Billiglohnland zu verkaufen. Sie sieht die niedrigen Löhne als Wettbewerbsvorteil. Hauptsache es gibt Arbeitsplätze, egal wie schlecht sie bezahlt werden. Natürlich gibt es im Land auch gut bezahlte Bereiche wie etwa die Chemie- oder die Stahlindustrie, aber es gibt eben auch die große Callcenter-Branche, in der die Löhne meistens niedrig sind. Als SPD müssen wir deshalb klarmachen, dass Sachsen-Anhalt kein Billiglohnland ist. Dabei muss das Land mit gutem Beispiel vorangehen. Deshalb wollen wir mit einem Tariftreuegesetz dafür sorgen, dass öffentliche Aufträge vorrangig an tarifgebundene Unternehmen vergeben werden. Das ist für uns ein Hebel, den Durchschnitt der Verdienste im Land anheben.

Der Gesetzentwurf dafür lag bereits vor. Warum hat ihn die Landesregierung noch nicht auf den Weg gebracht?

Weil es die CDU immer abgelehnt hat. Unser Wirtschaftsminister Armin Willingmann hat mehrere Anläufe unternommen, den Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen, ist aber jedes Mal an der Blockade der CDU gescheitert. Für uns ist deshalb klar, dass ein Tariftreuegesetz eine zentrale Forderung für mögliche Koalitionsverhandlungen werden wird.

Im Wahlprogramm fordert sie SPD auch eine „Investitionsoffensive“ nach Ende der Corona-Pandemie. Wo sehen Sie den größten Bedarf?

Die Corona-Pandemie hat an vielen Punkten gezeigt, wo Dinge im Argen liegen. Deshalb geht es uns zum einen um stärkere Investitionen in unsere Krankenhäuser. Wir müssen für eine flächendeckende Krankversorgung sorgen und schlagen daher ein Investitionsprogramm in Höhe von 600 Millionen Euro vor. Es ist aber auch insgesamt wichtig, nach der Krise nicht den Geldbeutel enger zu zurren. Wir müssen als Land in die Infrastruktur investieren, aber auch in Bildung und so auch Aufträge gerade in der kleinen und mittelständischen Wirtschaft auslösen. ­­­

Die Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen galt vor fünf Jahren als exotisch und war eher ein Notbündnis gegen eine starke AfD. Gibt es in Anbetracht der Umfragewerte überhaupt eine Alternative zu einer Fortsetzung nach der Wahl?

Wir treten an, um die AfD so weit zurückzudrängen, dass es im Landtag wieder Optionen für unterschiedliche demokratische Mehrheiten gibt und nicht mehr den Zwang zu einem solchen Notbündnis. Gerade das Ergebnis der Wahl 2016 hat ja gezeigt, dass es an Wahlabenden immer Überraschungen gibt. Niemand hätte damals wohl gedacht, dass wir uns in dieser Konstellation zusammenraufen und dass das Bündnis auch noch fünf Jahre hält. Wir konzentrieren uns darauf, eine starke SPD in den Landtag zu kriegen, damit wir mehr Kraft haben, unsere Ideen und Projekte umzusetzen. Unser Ziel ist eine stabile und zukunftsorientiere Regierung für Sachsen-Anhalt. Wie die dann aussieht, werden wir nach dem 6. Juni sehen. Wir haben ja in den letzten Monaten auch andernorts gesehen, wie schnell sich Stimmungen ändern können.

Schon 2016 gab es Stimmen in der CDU, die eine Koalition mit der AfD zumindest nicht ausschließen wollten. Werden die nicht lauter werden, wenn das Wahlergebnis so ist, wie es die Umfragen vorhersagen?

Die CDU in Sachsen-Anhalt zeigt in dieser Frage zwei Gesichter. Ministerpräsident Rainer Haseloff steht ganz klar und hat für den Erhalt der Kenia-Koalition im vergangenen Jahr sogar seinen Innenminister entlassen. Auf der anderen Seite gibt es z.B. zwei stellvertretende Fraktionsvorsitzende, die eine Denkschrift veröffentlicht haben, in der steht, dass es Aufgabe der CDU sei, das Nationale mit dem Sozialen zu versöhnen. Es gab in den letzten fünf Jahren immer wieder Momenten, in denen Abgeordnete der CDU nach rechts geblinkt haben. Wie sie sich letztlich entscheiden würden, ist schwer vorherzusagen. Wer sichergehen will, dass die AfD nicht an der Landesregierung beteiligt wird, muss deshalb SPD wählen.

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Kommentare

wie schön, endlich mal

keine vergangenheitsbezogene Politik. Weiter so!