Die von Franz Müntefering schon 2005 als "Heuschrecken" titulierten Hedgefonds sollen künftig mit mehr Eigenkapital und weniger Fremdgeld arbeiten, sich in einem EU-Land registrieren lassen
und "angemessen" besteuert werden. Und die ähnlich konstruierten Private-Equity-Gesellschaften sollen endlich der Gewerbesteuerpflicht unterworfen werden, wenn es nach dem Willen der
Projektgruppe "Finanzmarktreformen" des SPD-Parteivorstandes geht.
Das würde die freie Wildnis, in der sich diese Fonds bisher tummeln konnten, schon beträchtlich einengen. Doch bliebe diesen gefährlichen Kapitalräubern immer noch so viel Freiheit, dass
sie die aufgekauften Firmen wie bisher mit dem Schuldenaufwand der Übernahme belasten, ihnen zuviel Dividende abverlangen und sich schließlich mit dem ungeschmälerten Veräußerungsgewinn
davonmachen könnten. Das ist das Grundmuster ihrer potenziell zerstörerischen Vorgehensweise und dieses bleibt vorläufig unangetastet.
Weiterhin steuerfreies Verscherbeln?
Nur sehr zaghaft ist in dem Reformpapier der SPD-Projektgruppe die Rede davon, dass die weitgehende Steuerfreiheit der Veräußerungsgewinne zu "überdenken" sei. Der vormalige
Bundesfinanzminister Hans Eichel hatte, wie man sich erinnert, diese Freiheit mit der Absicht eingeführt, dass sich Unternehmen von bloßen Finanzbeteiligungen und "Nebensächlichem" unbeschwert
trennen können, sich also sozusagen neu sortieren können. Aber leider ist dadurch das Geschäft des Kaufens und Verkaufens von Unternehmensbeteiligungen auch für die räuberischen Fonds erst so
richtig lukrativ geworden.
Die sozialdemokratischen Finanzmarkt-Reformer unterbreiten zahlreiche Vorschläge, die den Ursachen der jetzigen Banken- und Börsenkrise an die Wurzel gehen und die man gerne auch schon
früher gesehen hätte. Zu diesen gehört das Verbot der so genannten Leerverkäufe, mit dem Spekulanten unter Einsatz dafür geliehener Papiere auf fallende Kurse setzen. Das unverzichtbare
Herzstück der Empfehlungen aber zielt darauf ab, dass Banken künftig mindestens 20 Prozent der von ihnen gewährten Kredite in ihren Büchern behalten müssen. Dass man die zweifelhaften Schuldnern
gewährten Kredite, zu undurchsichtigen Paketen verpackt, unbegrenzt von einer Bank zur anderen weitergereicht hat, war der hauptsächliche Auslöser der von den USA ausgehenden Finanzmarktkrise.
Den Letzten in dieser Kette bissen schließlich als erste die Hunde.
Nicht bei Halbherzigkeiten stehen bleiben!
Dass die EU-Kommission sich in einem ersten Vorschlag mit einem lächerlichen Kredit-Selbstbehalt von fünf Prozent begnügen wollte, ist ein Hohn. Der sozialdemokratische Europa-Abgeordnete
Udo Bullmann sieht in diesem Vorschlag den Versuch von Kräften, die sich mit einem Blendwerk von Scheinreformen durch die Krise hindurchmauscheln wollen. Dabei ist doch selbst die
zwanzigprozentige Restbeteiligung eine weite Abkehr von der einst vorherrschenden Praxis, dass Schuldner und Gläubiger bis zur Bezahlung des letzten Schuldpfennigs ohne das Dazwischentreten von
Dritten miteinander verbunden blieben. Nicht wenige Sparkassen und Volksbanken sind bis zum heutigen Tage von dieser Praxis nie abgegangen.
Nicht wenige Stimmen, die sich über die Ursachen der Bankenkrise Gedanken gemacht haben, würden die SPD-Vorschläge gerne noch erweitert sehen, so um einen TÜV für die undurchsichtigen
Finanzmarktprodukte, mit denen so viele Menschen ihr Geld verloren haben. Oder wie wäre es mit einer Schufa nicht für Privatleute, sondern für Banken und alle professionellen
Finanzmarktteilnehmer, bei der diese einsehen könnten, wie tief der eine bei dem anderen bereits in der Kreide steht? Mit einer solchen Einrichtung, wie sie der Wirtschaftsweise Peter Bofinger
vorschlägt, hätte sich Island wahrscheinlich nicht so über alle Maßen übernehmen können.
In dieser beispiellosen Finanzkrise, die den Staatshaushalt wie die Konjunktur mit in die Tiefe zieht, sollte sich niemand mit halben Sachen begnügen. Wer jetzt das heiße Eisen nicht
schmiedet, bringt es später nicht mehr zum Glühen.
Dietrich Jörn Weder war langjähriger Leiter der Redaktion Umwelt im Hessischen Rundfunk