Sigmar Gabriel debattiert mit Google-Chef

Wirtschaftsminister trifft „kleinen“ Weltkonzern-Manager

Sarah Schönewolf15. Oktober 2014
Es sollte ein Dialog werden: Google-Chef Eric Schmidt und der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel debattierten am Dienstagabend über den Umgang mit digitalen Daten und ihren Wert. Doch statt Zwiegespräch erlebten die Zuschauer vor allem amerikanisches Understatement. Und einen angriffslustigen Minister.

Google ist ein Konzern der Superlative. Das amerikanische Internetunternehmen gilt mit einem Marktwert von 158,8 Milliarden Dollar als wertvollste Marke der Welt. Mit seiner Achtung für den Suchmaschinenanbieter hielt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel am Dienstagabend nicht hinterm Berg: „Ich bewundere Google. Ich finde, es ist ein fantastisches Unternehmen. Aber trotzdem braucht es Spielregeln.“

Um die Frage der Regeln im digitalen Raum, die Selbstbestimmung und den Einfluss von Google-Algorithmen drehte sich die Debatte zwischen dem Verwaltungsratchef von Google und Gabriel. Die Diskussion war der Auftakt einer Veranstaltungsserie, die der Minister künftig unter dem Titel „Wirtschaft für morgen“ führen will.

Nicht nur Google in der Kritik

In seiner Rede sprach Gabriel über die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Wirtschafts- und Arbeitswelt. Innovation und Integration der neuen Errungenschaften in die bestehenden Technologien seien die beiden Stützen der deutschen Wirtschaft. Diese gelte es zu stärken, sagte Gabriel. „Ich wünsche mir, dass wir mutiger werden und die Chancen der Vernetzung annehmen.“ Er wünsche sich einen neuen Gründergeist und eine Industrie 4.0, die sich den Herausforderungen der Digitalisierung stelle.

Neben den Chancen sprach der Minister aber auch über die Risiken der Digitalisierung etwa durch Datenmissbrauch. „Die digitale Selbstbestimmung der Menschen ist die zentrale Bedingung für alles“, gab Gabriel die Prämisse vor. Er schlug ein europäisches Datenschutzsiegel vor, durch das die Datenschutzrichtlinien der Unternehmen transparent und besonders nutzerfreundliches Verhalten ausgezeichnet würde. In seiner Kritik am Umgang mit Daten und dem Missbrauch der Monopolstellung von Online-Unternehmen beschränkte sich der Vizekanzler aber nicht nur auf Google. Auch andere Onlinedienste bekamen ihr Fett weg: „Wer soziale Marktwirtschaft und fairen Wettbewerb will, findet das Verhalten von Amazon mehr als seltsam.“

Dass Investitionen in die Infrastruktur nötig und eine Menge Mut zu Veränderung und Optimismus die entscheidenden Variablen sind, um in Zeiten der Digitalisierung wirtschaftlich erfolgreich zu sein, darin waren sich der Google-Manager und der Wirtschaftsminister einig. Schmidt redete den Deutschen gut zu: „Deutschland hat alles was es braucht, um ein Player in der digitalen Welt zu sein.“ Neben den Gemeinsamkeiten traten in der Debatte vor allem die Unterschiede zwischen den Positionen des Executive Chairman und des Vizekanzlers zutage.

Eric Schmidt redet Google klein

So verwies Schmidt bei vielen Kritikpunkten an Google auf den vermeintlichen Nutzerwillen. Hauptanliegen des Konzerns sei es, die Nutzer zufriedenzustellen. User bevorzugten es etwa, wenn sie beim Onlinekauf direkt von der Suchmaschine auf andere Unternehmenswebseiten verwiesen würden. Es gäbe zudem die Möglichkeit anonym zu surfen und Daten schnell zu löschen. Der Konzern reagiere bereits auf die deutsche Datensensibilität. So sei es bei Google Streetview nachträglich möglich gewesen, das eigene Wohnhaus aus der Abbildung zu entfernen.

Insgesamt versuchte Schmidt, die Marktmacht seines Konzerns kleinzureden. Die App des sozialen Netzwerks Facebook würde stärker genutzt werden als die Seite der Suchmaschine und viele Nutzer steuerten Internetseiten direkt an, ohne eine Google-Suche zu benutzen. Kontrovers wurde auch das Leistungsschutzrecht diskutiert. Hier schlug sich Gabriel auf die Seite der Verlage und kritisierte Googles Vormachtstellung. Dieser Marktmacht zu entkommen, sei für viele Unternehmen schwierig.

Nachdem Schmidt darauf verwiesen hatte, dass sich der Konzern an deutsches Recht halte, zeigte sich Gabriel angriffslustig. „Das ist eine Aufforderung zur staatlichen Regulierung“, sagte der Minister. Dann sei eben ein Einblick in den Algorithmus notwendig. Ein Vorgehen, das er eigentlich nicht wolle, so Gabriel. „Mir wäre es lieber, wir würden uns beide wie ehrbare Kaufleute verhalten.“

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