Sozen-Wirtschaft

Wirtschaftsausblick auf 2021: Alles wird gut – soweit

Gustav Horn04. Januar 2021
Volle Regale in einem Elektronikgeschäft: Die Binnenwirtschaft wird zum tragenden Pfeiler eines Aufschwungs nach Corona werden, meint Gustav Horn.
Volle Regale in einem Elektronikgeschäft: Die Binnenwirtschaft wird zum tragenden Pfeiler eines Aufschwungs nach Corona werden, meint Gustav Horn.
Auch wenn der bestehende Lockdown wohl verlängert wird, wird die Wirtschaft im Jahr 2021 wieder durchstarten. Die Corona-Krise hat jedoch klar gezeigt, vor welchem gewaltigen Umbau die weltweite Wirtschaft steht.

Mit der Impfung keimt die Hoffnung, dass die Corona Pandemie bald beherrscht sein wird und sich allmählich ihrem Ende entgegen neigt. Das ist ein großer medizinischer Erfolg, der auch die Wirtschaft beflügeln wird.

Der wirtschaftliche Impuls geht jedoch weit über die Wiederöffnung der im Lockdown geschlossenen Geschäfte und Restaurants hinaus. Globale Lieferketten, die durch die Pandemie immer wieder gefährdet waren, stabilisieren sich und geben dem Außenhandel einen kräftigen Schub. Vor allem aber sollte die Binnenwirtschaft zum tragenden Pfeiler eines dynamischen Aufschwungs werden. Der wiederholte Lockdown hat dazu geführt, dass die privaten Haushalte in ihren Konsummöglichkeiten teilweise schmerzlich beschränkt wurden. Zwar wichen die Verbraucher*innen vermehrt auf den Online-Handel aus, jedoch vermochte dies den weitgehend verhinderten Zugang zum stationären Handel, zur Gastronomie oder zu Kulturveranstaltungen bei weitem nicht vollständig zu ersetzen. Mit anderen Worten, es wurde gespart.

Ein Schub vom privaten Konsum

Es sind diese Ersparnisse, die im Laufe dieses Jahres zumindest teilweise wieder auf den Markt fließen und den Konsum markant nach oben treiben dürften. So prognostiziert das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) einen Anstieg des privaten Verbrauchs im Jahr  2021 um fünf Prozent und selbst das etwas skeptischere Ifo-Institut sieht einen Zuwachs von 4,5 Prozent voraus. Ein solcher Schub strahlt auf die ganze  Wirtschaft aus und führt vor allem dazu, dass die Beschäftigung trotz der außergewöhnlich massiven Belastungen durch die Krise gehalten werden kann und die Arbeitslosigkeit anders als in vielen anderen Ländern nur relativ geringfügig ansteigt. Dies ist fast ein Wunder.  

Der tiefere Grund hierfür ist allerdings kein Zauberwerk, sondern Ergebnis einer tragfähigen und durchdachten wirtschaftspolitischen Strategie staatlicher Stabilisierung. Die rasche Unterstützung betroffener Unternehmen, die ausgeweitete Kurzarbeit und die weitreichende Konjunkturstimulanz im Inland und der EU haben nicht nur unmittelbar Unternehmen über Wasser und Menschen in Beschäftigung gehalten, sondern sie haben in diesem Meer an Unsicherheit in der Pandemie ein Mindestmaß an wirtschaftlichem Vertrauen erzeugt, das allen statt lähmender Depression Schwung für eine markante Erholung in diesem Jahr verleiht. Dies wird man in künftigen Büchern zur Wirtschaftsgeschichte zu würdigen wissen.

Große Herausforderungen für Unternehmen und Beschäftigte

Doch bei allem berechtigten Stolz hierauf hat die Krise auch deutlich gemacht, vor welch großen Herausforderungen Unternehmen, ihre Beschäftigten und auch die staatliche Instanzen in naher Zukunft stehen. Die globale Wirtschaft steht vor einem gewaltigen Umbau. Gefordert ist ein Durchdenken sämtlicher Produktionsprozesse unter dem Blickwickel digitaler und ökologisch nachhaltiger Technologien. Dies wird zu spürbaren Veränderungen von Tätigkeiten und der Beschäftigungsverhältnisse führen. Das erzeugt gleichfalls Unsicherheit und Sorgen um Beschäftigung und Einkommen, denen sich eine gesamtwirtschaftlich orientierte Wirtschaftspolitik widmen muss. 

Ihre Aufgabe ist, den Wandel anzutreiben und abzusichern. Die Politik ist also doppelt gefordert. Auf der einen Seite muss sie Anreize, Regulierungen und die gesamtwirtschaftlich Nachfrage so gestalten, dass die erforderlichen technologischen Veränderungen für Unternehmen wie private Haushalte lohnend sind. Im Ansatz wird dies bereits im Rahmen der Rettungspakete während der Corona Krise praktiziert. Auf der anderen Seite muss sie dafür sorgen, dass  alle an diesem Wandel teilhaben. Das  gilt sowohl im Hinblick auf seine Gestaltung als auch dessen Früchte, die gerecht verteilt werden müssen. Nur so lässt die sich z.B. die seit gut einem Jahrzehnt verfestigte Ungleichheit mildern.

Der Staat muss als unternehmerischer Staat handeln

Der Druck auf die staatlichen Instanzen und ihre politischen Vertreter*innen, den notwendigen Wandel zu gestalten, wird sich also in den kommenden Jahren verstärken. Um diese Herausforderungen bestehen zu können, muss sich nicht nur in der Wirtschaftspolitik ein neues Verständnis von staatlichem Handeln etablieren. Der Staat muss in Zukunft als unternehmerischer Staat handeln, als ein Unternehmen im Dienst politischer Ziele: flexibel, unbürokratisch und vorausschauend. Das wiederum führt auf das weite Feld einer Reform und Stärkung des öffentlichen Dienstes. Wenn dies jedoch alles gelingt, dann wird nicht nur dieses Jahr gut.

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Kommentare

Optimist ?

Der Beitrag ist sehr optimistisch was "unsere" Wirtschaft angeht. In meiner Umgebung kann ich beobachten wie viele Klein- und Einzelunternehmen um ihre Existenz bangen, Millionen Arbeitnehmer bangen um ihre Aebeit - wenn sie die noch nicht verloren haben, während die Aktienkurse der DAX-Unternehmen in die Höhe schießen. Diese Börsenblase halte ich für sehr bedenklich. Andere Volkswirtschaften erleiden massive Einbrüche und wenn die dann kein Geld haben kaufen sie auch nichts mehr, aber unsere Wirtschaft und Politik setzt weiter auf "Exportweltmeister" - absurd. Leider vermisse ich beim Handeln "unserer" Regierung auch konsequente Maßnahmen Richtung Umwelt- und Klimaschutz - da könnte man finanzell was in die passende Richtung lenken. Die Verbesserungen für die Arbeitenden in de Fleischindustrie sind lobenswert (wenn sie wirklich umgesetzt werden), ändern aber generell nichts an den in der Landwirtschaft üblichen ausbeuterischen Vermarktungsstrukturen. Schlascht-, Müllerei und sonstige Verarbeitungsbetriebe müssen wieder regionale strukturiert werden und dürfen nicht von Monopolen abhängig sein. Das gilt auch für den online-Handel.

ja, ja die Aktienkurse

steigen, das ist Fakt. Wichtiger als dies ist jedoch die Frage, warum sie steigen. Darüber setzen Sie sich geflissentlich hinweg, denn die Ursache ist nicht mit ihrem Weltbild kohärent.

Die EZB flutet den Markt mit Geld, damit die insbesondere in Südeuropa nicht finanzierbaren Sozialwohltaten weiterhin geleistet werden können. Gut für die Rentner in Italien, schlecht für die in Deutschland, denn neben den Aktien sind es die Wohnungen, die mit dem EZB-Geld nachgefragt werden (wohin nur mit all den Milliarden??) , so dass letztendlich auch die Wohnungskosten ins Uferlose steigen - nachfragebedingt. Die wirtschaftlichen Ergebnisse vermögen die Aktienkursentwicklung nicht zu begründen- mal abgesehen von Biontech, Dräger oder einigen anderen wenigen Krisengewinnlern.

Weltbild

Wohl richtig, daß ich damals bei Marxundengels das mit den Aktienkursen gelernt habe. Also wo viel Produktion und Absatz ist, da steigen die Aktienkurse und wenn´s am Absatz hapert, dann fallen die. Soweitsogut, es ist mir auch klar, daß mittlerweile auf die zukünftigen Umsätze und Profite SPEKULIERT wird.
Ja, die EZB haut Unmengen Geld gar zu Minuszinsen raus, aber unsereiner kommt an solches Geld ja nicht ran, aber diejehnigen, die rankommen investieren dann in Immobilien mit den beschriebenen Folge, denn Geld ist eben nur Geld, erst wenn es investiert wird wird es zu KAPITAL.
Wie sieht es aus mit gerechter Besteuerung der Krisengewinne ? Zu Adenauerbedingunen von 1952?

nein, Sie irren sich

wenn Sie meinen .......... daß mittlerweile auf die zukünftigen Umsätze und Profite SPEKULIERT wird. Spekuliert wird auf die Entwertung des schlechten Geldes, des Geldes, mit dem die EZB agiert. Dieses schlechte Geld wird in irgendwas potentiell werthaltiges getauscht, und das sind Aktien, Immonbilien usw.

Mit der Wirtschaft, Steigerung von Absatz usw. hat das alles nichts zu tun.

Hinsichtlich der Besteuerung bin ich ganz bei Ihnen, mir würden schon die Steuersätze Kohls reichen, das was unter Adenauer galt, ist unerreichbar. Was gerechte Besteuerung angeht, so sind wir aber in der SPD nicht so gut aufgehoben, oder?

Irreale Hoffnung

Da die Corona-Politik und zusaetzlich Unsinn wie die Lebenskostenverteuerungssteuer AKA "CO2 Abgabe" nahezu ausschliesslich die Buerger und Privathaushalte schaedigt sei die Frage erlaubt, wie denn der hier erhoffte und behauptete Konsumschub ohne die zerstoerte Kaufkraft erfolgen soll.

KOnsumschub

Natürlich hoffen die Politik*** auf den Konsumschub, weil das fließt in ihr Messsystem von "Wirtschaftswachstum" ein - ohne Geld, oder mit wenig Geld, mit Kurzarbeit und drohender Arbeitslosigkeit kann man nicht so gut am Konsumerismus teilhaben. Die SPD orientiert sich bei ihrem Menschen/Einkommensbild zu sehr an der Einkommensklasse der grünlich-Wähler anstatt mal die Lebensumstände der Niedrigverdiener im Blick zu haben. Die wichtigste Frage bleibt wie immer: Wann macht die SPD endlich wieder sozialdemokratische Politik ?