Sozen-Wirtschaft

Warum die Wirtschaft lahmt und was jetzt getan werden muss

Gustav Horn31. Juli 2023
Die Konjunktur springt in Deutschland nicht an. Die Gründe dafür liegen auf der Hand.
Die Konjunktur springt in Deutschland nicht an. Die Gründe dafür liegen auf der Hand.
Deutschlands Wirtschaft stagniert. Schon spielen Wirtschaftsexperten den Evergreen vom „Kranken Mann Europas“. Dabei sind die Ursachen für die lahmende Wirtschaft klar – ebenso wie das, was dagegen getan werden muss.

Wer den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht, läuft Gefahr sich zu verirren. Diesen Eindruck erwecken derzeit viele Wirtschaftsexpert*innen, wenn sie sich gedankenschwer über die lahmende Konjunktur in Deutschland äußern. Der private Verbrauch und die Bautätigkeit sind auf Talfahrt. Vor diesem Hintergrund taucht das Gespenst vom „kranken Mann“ Europas wieder am Horizont auf, dessen Wirtschaft unter lange verschleppten strukturellen Problemen leidet und der schweren Zeiten entgegen geht. Worin diese strukturellen Probleme bestehen, bleibt meist im Halbdunkel bzw. es werden so viele Probleme benannt, dass man auch wieder nichts Genaues erkennt.

Was aber in der Sichtweise dieser Expert*innen immer hilft, sind Strukturreformen, die sich anhören wie zu häufig abgespielte Evergreens aus den Nullerjahren unseres Jahrhunderts, und die vor allem zu Lasten breiter Bevölkerungsschichten gehen würden. Dabei gibt es tatsächlich ein gravierendes Strukturproblem.

Russlands Lieferstopp belastet die deutsche Wirtschaft

Das wirklich belastende Strukturproblem steht eigentlich groß und breit vor unseren Augen. Wir mussten im vergangenen Jahr binnen kürzester Zeit weite Teile unserer Energieversorgung umstellen. Weg vom russischen Gas und Öl und hin zu alternativen Anbietern sowie erneuerbaren Energien. Aufgrund seiner im internationalen Vergleich besonders engen Lieferbeziehungen mit Russland ist Deutschland in besonders hartem Ausmaß betroffen; viel stärker als z.B. Frankreich oder gar die USA. Dieser Lieferstopp erweist sich nun als eine doppelte Last für unsere Volkswirtschaft, an der sie bis heute schwer trägt.

Erstens, war der Energiepreisanstieg besonders stark und belastete die Gewinne  besonders kleinerer Unternehmen. Er belastete aber vor allem die Kaufkraft der Haushalte, die teilweise dramatische höhere Zahlungen an ihre Energieversorger leisten mussten. Zweitens, löste der Preisschub auf dem Energiemarkt noch mehr belastende  Folgepreisschübe aus. Die Unternehmen versuchten nicht nur ihre alten Gewinne wieder zu erreichen, indem sie ihre erhöhten Kosten durch höhere Preise an ihre Kunden weiterzugeben versuchen. Manche Branchen wie die Nahrungsmittelindustrie nutzen das Umfeld allgemein steigender Preise, um ihre Gewinnmargen hinter diesem Schleier sogar noch zu steigern. Im Ergebnis steht ein trotz kräftiger Lohnerhöhungen deutlich spürbarer Einbruch der Kaufkraft.

Höhere Zinsen belasten den Bau-Sektor

Verschärfend kommt nun hinzu, dass die Wirtschaftspolitik, die den ersten Preisschub mit zahlreichen Zuwendungen sowie der Gas- und der Strompreisbremse noch in starkem Umfang aufgefangen hat, zunehmend auf einen Kurs geht, der die Haushalte gleichfalls belastet. Das gilt vor allem für die Geldpolitik, die mit ihren in rascher Folge getätigten Zinserhöhungen Kredite erheblich verteuert hat. Das trifft die Investitionen insgesamt, vor allem aber jene im Bausektor. Das ist die Erklärung für die trotz Wohnungsnot einbrechende Baukonjunktur.  

Ähnlich klar ist der Befund für den schwachen Verbrauch. Die Inflationsrate ist mit gut  sechs Prozent immer noch hoch und belastet weiterhin die Kaufkraft. Hinzu kommt nun, dass die Finanzpolitik in Bund, Ländern und Gemeinden kräftigen Ausgaben in den Vorjahren zunehmend auf Sparkurs geht. Auch dies wirkt sich letztendlich negativ auf die Haushaltseinkommen aus. Kein Wunder, dass der Konsum auf Tauchfahrt geht.

Weitaus problematischer als die aktuellen negativen Folgen für die Konjunktur sind die strukturellen Probleme, die aus diesem wirtschaftspolitischen Kurs erst entstehen können. Ohne eine massive Ausweitung des Wohnungsbaus verschlimmern sich durch die steigende Mieten die Einkommenseinbußen der Haushalte, unsere Fähigkeit, dringend benötigte zusätzliche Fachkräfte aufzunehmen, verengt sich. Hohe Zinsen für Investitionen verlangsamen zudem den dringend erforderlichen Umbau unserer Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit.

Was jetzt zu tun ist

Wegen dieser drohenden Strukturprobleme besteht Handlungsbedarf. Die Geldpolitik darf, auch wenn die Inflationsrate weiter zu hoch ist, ihren Kurs zumindest nicht weiter verschärfen, um die privaten Investoren nicht noch mehr zu belasten. Mit dem Einbruch des Konsums dürfte sich die Inflation in Deutschland zudem rasch beruhigen, weil die Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie ihre Gewinnmargen so kaum halten dürften.

Zugleich bedarf es seitens der Bundes- und der Landesregierungen gezielter Anreize für Investitionen in nachhaltige Technologien und vor allem im Wohnungsbau. Diese sind derzeit weitaus wichtiger als die Einhaltung der Schuldenbremse. Denn letzteres erzeugt erst jene Strukturprobleme, deren Existenz man jetzt verfrüht beklagt. Vorrang für Investitionen wäre der Kurs, der die Wirtschaftspolitik vorm Verirren im Dickicht vermeintlicher Strukturprobleme bewahrt und zugleich Dynamik erzeugt.

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Kommentare

hohe Zinsen belasten den Bausektor, einmal mehr

eine Mär, denn das ist es ja nicht allein. Zunächst treibt der Staat die Preise, mit der Besteuerung des sogenannten Grunderwerbs, der - wenn man es sich genau ansieht- nicht nur den Grund- sondern den mit dem bauträger vereinbarten Erstellungspreis betrifft. Grundererwerbssteuern auf Steine, Kies und Wasser.

„Warum die Wirtschaft lahmt“?

Weil, antwortet Gustav Horn, „Russlands Lieferstopp (Gas, Öl, Kohlen) die deutsche Wirtschaft belastete“, die Verbraucher gar doppelt, denn nicht nur die Energielieferanten gaben den dramatischen Energiepreisanstieg an die Kunden weiter, auch die übrigen Unternehmen wälzten ihre gestiegenen Energiekosten auf ihre Kunden ab. Letztlich haben also wir Endabnehmer allein die „Suppe auszulöffeln“ – volkswirtschaftlich geht das, etwas pauschal gesagt, gar nicht anders. Dass „Russlands Lieferstopp“ auch das Bauen verteuert, liegt auf der Hand. Die Anhebung der Zinsen ist damit allein natürlich nicht zu erklären.
Am 15.5.23 war für Gustav Horn noch die „Abkehr von Russland als günstigem Energielieferanten“ der Grund dieses „wirklich belastenden Strukturproblems“; „Russlands Lieferstopp“ bürdet die Verantwortung allein Russland auf. So ist die Frage nicht mehr zulässig, ob unsere Politiker sich das nicht vor dem Ukraine-Krieg hätten überlegen sollen und erst recht nicht die, ob eine geostrategische Konfrontation – darüber wurde hier schon mehrmals gesprochen – so weit getrieben werden musste, dass die böse Partei darüber einen Krieg beginnen würde.

So oder so: Wir müssen es ausbaden.

„Russlands Lieferstopp“

So kann man das nennen, aber warum hat Rudolf Isfort „Russlands Lieferstopp“ in Anführungszeichen gesetzt ? Ich dachte allerdings daß das Sanktionen heißt und unsere Regierung hat ja laut verkündet keine russischen Energieträger mehr importieren zu wollen, aber sei es drum mit „Russlands Lieferstopp“ wissen wir alle, daß "Putin" schuld hat. Bei der Aufklärung um die Sprengung der Nordstreamleitungen gibt es verschiedenste Versionen.
Zu sagen was ist, ist eine revolutionäre Tat (Ferdinand Lassalle)

Wer Energie verteuert, schadet Wirtschaft und Bürgern

Energie wurde durch Bundesregierungen seit 1998 absichtlich verteuert, indem man KKWs abschaltete, Strom und Gas mit dem Merit-Order-Modell an Börsen handelte, EEG ... auf den Preis aufschlug/aufschlägt und schliesslich keine Kohle und Erdöl der russischen Föderation mehr w o l l t e/w i l l. Der terroristische Anschlag auf Nord-Stream 1 u. 2 wirkt sich zudem auf die Preise aus.

Benötigt würden in Deutschland vor allem Produktivitätssteigerungen, wie in den vergangenen Jahrzehnten. Dazu muss und kann man Naturwissenschaftler und Ingenieure in Deutschland ausbilden sowie aus entwickelten Staaten [USA, Schweiz, Japan ...] anwerben.

Natürlich benötigt man zu einer funktionierenden Wirtschaft auch wieder jederzeit vefügbare und preiswerte Energie.

Der Vollständigkeit halber muss man sagen, dass die 'Wohnungsnot' politisch erzeugt wurde und wird. Die massive Zunahme einer ausländischen Armutsbevölkerung schreckt übrigens Fachkräfte aus intakten Staaten ab, nach Deutschland zu kommen.

Wie in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten will man einheimischen Bürgern jedoch weismachen, Fachkräfte kämen nur aus islamisch-orientalischen Staaten und wären von dort zu werben.

tja, man kann es gar nicht oft genug sagen, um sicherzustellen,

das alle, die es wissen müssten, es auch wirklich wissen und verstanden haben. Wer das Angebot verknappt und die Nachfrage erhöht, sorgt unweigerlich für steigende Preise. Wenn dann auch noch tüchtig besteuert wird, dreht dies die Preisschraube noch weiter nach oben. Wer das dennoch macht, dem unterstelle ich, das er weiß, was er tut. Also geschieht solches mit Absicht.
Ich habe es ja oben schon ausgeführt, dass die Grunderwerbssteuer auf den Kaufpreis Erstellungspreis gezahlt wird, damit auch auf die Mehrwertsteuer, die für die Baumaterialien, die Löhne und alles weitere gezahlt werden muss, was beim Bau so gekauft werden muss. Für jeden Wasserhahn fallen Mehrwertsteuer und auf den Bruttopreis dann zusätzlich Grundsteuer an. Zudem langt dann auch noch der Notar zu- er will ja auch leben. Das gute an dem ganzen System ist allerdings, dass der Bau dann ja wieder staatlich subventioniert wird. Daher bauen immer noch einige Menschen Häuser und Wohnungen, wenn es auch weniger sind, als erwartet. Da muss der Staat dann selber Bauen, wie seinerzeit in der DDR. Die DDR als Erfolgsmodel quasi- wer hätte das gedacht?