Von wegen “Peanuts”, der Wulff-Prozess hat Generalstaatsanwalt Frank Lüttig zufolge “noch gar nicht richtig angefangen”. Am 22. Januar wird Wulffs ehemaliger Vertrauter Olaf Glaeseker als Zeuge vernommen.
Das war so recht nach dem Geschmack vieler deutscher Schwiegermütter, als Richter Frank Rosenow Anfang Januar dieses Jahres bekannt gab, er werde den Prozess gegen Christian Wulff beschleunigen und am 21. Januar das Urteil verkünden. Für manche Beobachter war der Prozess ohnehin zur Farce geworden, denn verhandelt wurde mit viel Aufwand angeblich über „Peanuts“. Nachdem das Landgericht Hannover im August vergangenen Jahres das Hauptverfahren gegen Christian Wulff eröffnet hatte, ging es nicht mehr um „Bestechlichkeit“ sondern nur noch um „Vorteilsnahme“. Die bestand darin, dass sich Wulff anlässlich eines Oktoberfest-Besuchs den Hotelaufenthalt vom Filmproduzenten David Groenewold hatte bezahlen lassen.
Gefälligkeitsdschungel
Das hässliche Wort „Korruption“ verhallte so in Christian Wulffs Gefälligkeitsdschungel, in dem schon zwei Sylt-Urlaube mit Groenewold und ein kostengünstiges Privatdarlehen der Osnabrücker Familie Geerkens verschwunden waren. Als Christian Wulff Anfang 2010 im Niedersächischen Landtag gefragt wurde, ob er geschäftliche Beziehungen zu Egon Geerkens unterhalte, verneinte er und erwähnte den Kredit nicht.
Gedächtnislücken
Gedächtnislücken haben bislang auch das Gerichtsverfahren gegen Wulff bestimmt. So mochte sich das Hotelpersonal nicht an die Kostenübernahme erinnern. Auch einige befragte Personenschützer und die schaupielernde Burda-Gattin Maria Furtwängler waren nicht in der Lage, Erhellendes zur Causa Wulff beizutragen. Erst als Anfang Januar seine Ex-Frau Christiane Wulff im Parallelverfahren gegen Wulffs ehemaligen Vertrauten Olaf Glaeseker und den Event-Manager Manfred Schmidt aussagte, kam Bewegung ins Spiel.
Christian Wulff hatte bislang bestritten, etwas von Urlauben seines Ex-Vertrauten Glaeseker bei Schmidt gewusst zu haben. Dem widersprach Christiane Wulff, die nach der Trennung von ihrem Mann mehrere Urlaube auf der Finca Schmidts gemacht hatte, mit den Worten: „Der erste Urlaub, davon wusste er“. Die Einladung erfolgte nach der Erinnerung Christiane Wulffs im Beisein ihres Gatten. Auch von weiteren Besuchen müsse Christian Wulff gewusst haben, da er in ständigem SMS-Kontakt mit seiner Tochter gestanden habe. Im Februar wird Christian Wulff daher als Zeuge im Glaeseker-Prozess erscheinen müssen.
Starker Tobak
Olaf Glaeseker selbst wird nun am Mittwoch als Zeuge im Prozess gegen seinen ehemaligen Chef aussagen. Die Sitzung ist spannungsgeladen, denn Anfang Januar hatte sich Glaeseker nach Ablauf der Verjährungsfrist in einem SPIEGEL-Interview erstmals zur Personalie Wulff geäußert. Großmütig erklärte Glaeseker dem SPIEGEL: „Ich habe ihm verziehen und gucke nach vorne.“ Das ist für einen Mann, der jahrelang die „Drecksarbeit“ für Christian Wulff gemacht hat, ganz schöner Tobak, denn die Aussage unterstellt dem Ex-Ministerpräsidenten und Ex-Bundespräsidenten nicht weniger, als die Unwahrheit gesagt zu haben. Wieviel davon auf den Richtertisch kommt, wird sich am Mittwoch im Landgericht Hannover zeigen. Dort hat zurzeit die Staatsanwaltschaft das Heft des Handelns in der Hand. Für den Celler Generalstaatsanwalt Frank Lüttig ist der Prozess gegen Christian Wulff noch lange nicht am Ende: „Der hat für uns noch gar nicht richtig angefangen“.