OECD-Beschäftigungsausblick 2019

Wandel der Arbeit: Warum vor allem Weiterbildung hilft

Vera Rosigkeit25. April 2019
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (re) mit dem OECD-Generalsekretär Jose Angel Gurria (li) bei der Vorstellung des OECD Beschäftigungsausblicks 2019 in Berlin
Von der Arbeitswelt der Zukunft können alle profitieren - wenn schnell gehandelt wird. Deshalb fordert die OECD in ihrem Beschäftigungsausblick 2019 mehr Weiterbildung und mehr sozialen Schutz für Beschäftigte. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will hierzu im Sommer Vorschläge vorlegen.

Die Welt ändert sich rapide. Umbrüche durch Digitalisierung und Globalisierung schüren Ängste, auch die vor Arbeitsplatzabbau. Eine Studie der OECD zur Zukunft der Arbeit gibt Entwarnung: Danach gilt ein starker Rückgang der Gesamtbeschäftigung als unwahrscheinlich. Zwar könnten ca. 14 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland automatisiert werden, gleichzeitig würden aber auch neue Arbeitsplätze entstehen.

Digitale Kluft schafft Ängste

Ob es sich bei diesen Arbeitsplätzen allerdings um gute Arbeit handelt, bleibt fraglich. Fakt ist: Es muss schnell gehandelt werden, sonst „könnten insbesondere Geringqualifizierte den Anschluss verlieren, was zu weiteren sozialen und wirtschaftlichen Spannungen führen kann“, heißt es im OECD-Beschäftigungsausblick 2019, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde.

Laut Studie sind vor allem Arbeitsplätze mit Routineaufgaben und geringeren Qualifikationsanforderungen gefährdet, von Automatisierung verdrängt zu werden. Schon in den letzten zehn Jahren habe sich die Lage besonders für junge Menschen mit geringer und mittlerer Bildung auf dem deutschen Arbeitsmarkt verschlechtert. Sie seien häufiger unterbeschäftigt, niedrig entlohnt oder gar nicht erwerbstätig, Frauen seien im Allgemeinen besonders betroffen. Zudem verweist die Studie darauf, dass sich ca. 32 Prozent aller Arbeitsplätze radikal verändern werden.

Mehr Schutz für Beschäftigte

„Die Arbeitswelt steht vor großen Veränderungen, aber wir können heute die Zukunft der Arbeit so gestalten, dass alle profitieren“, erklärt OECD-Generalsekretär Angel Gurría. Im Mittelpunkt der „Transformationsagenda“ sieht er vier zentrale Handlungsfelder: Neben sozialer Sicherung und sozialem Dialog vor allem eine umfassende Weiterbildungsstrategie – insbesondere für Geringqualifizierte und mehr arbeitsrechtlichen Schutz.

Danach müsse die Absicherung aller Beschäftigten, unabhängig von ihrem Beschäftigungsstatus, durch das Arbeitsrecht müsse gesichert seien. Die Agenda empfiehlt, „Scheinselbstständigkeit – ein bei einigen Unternehmen beliebtes Mittel zur Umgehung von arbeitsrechtlichen und steuerlichen Regeln – wirkungsvoll zu bekämpfen“, so der Bericht. Um atypische Beschäftigte besser abzusichern, sollten die Systeme der sozialen Sicherung angepasst und ausgeweitet werden.

Erwachsenenbildung ist Muss

Für Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zeigt der Beschäftigungsausblick, „dass wir die Zukunft der Arbeit auch in Zeiten des Wandels selbst gestalten können“. Die Sozialpartnerschaft sieht er dabei als eine Stärke, auf die Deutschland setzen kann. Auch für Heil ist Weiterbildung ein Muss: Mit der nationalen Weiterbildungsstrategie werde die Bundesregierung entscheidende Weichen stellen, so Heil. Dabei kommt es ihm auf drei Punkte besonders an: „Rechtsansprüche auf Weiterbildung, eine faire finanzielle Unterstützung für Lohnausfall während einer Weiterbildung und eine neu organisierte Beratungsstruktur zu Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten.“ Heil betont, dass er hierzu im Sommer Vorschläge vorlegen werde.

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Kommentare

Lobenswert !?

Es ist ja lobenswert dass Genosse Hubertus Heil mal wieder die Notwendigkeit von Weiterbildung betont, doch müssen wir auch fragen: Was hat die "Groko" bisher in dieser Frage nachgeholt ?
Nach akt. Meldungen (Deutschlandfunk) fordert nicht nur die OECD die Notwendigkeit von Weiterbildung von sogenannten "Geringqualifizierten", da, insbesondere aber nicht nur, deren Jobs in höchsten Masse von den Auswirkungen der fortschreitenden Digitalisierung bedroht sind !
Selbst im immens wichtigen Pflegebereich gibt es so gut wie keine niedrigschwellige Fort- und Weiterbildung unterhalb der "Pflegefachkraft" bspw. in berufsbegleitenden Modulen.
Auch merkliche Entlastung bei Arbeitszeit und berufsbegleitenden Gesundheitsmaßnahmen könnte den Umstieg von Arbeitnehmer/inne/n von bedrohten Jobs in ein neues bisher immer weniger beliebtes Arbeitsfeld weitaus attraktiver machen, abgesehen von einer angemessenen Bezahlung auf die Betroffene immer noch warten !
Wem dient die Digitatlisierung also nach momentaner Politiklinie ?
Besonders Gewinnmaximierern, die nicht selten die Gewinne auch noch außerhalb der Staaten wo sie erwirtschaftet werden, zu beschämenden NIedrigstsätzen versteuern !

Die Welt ändert sich rapide

Unsere Partei tut gut daran, die OECD-Studie gründlich zu studieren, ihre Schlüsse daraus zu ziehen und sie offen zu kommunizieren. Laut dieser Studie sind vor allem Arbeitsplätze mit Routineaufgaben und geringeren Qualifikationsanforderungen gefährdet, keine neue aber in unserer Partei nicht hinreichend beachtete Erkenntnis. Rund 20 % der arbeitsfähigen Bevölkerung haben keinen Berufsabschluss oder nur eine geringe Qualifikation. Und dies trotz aller Investitionen in ein aufwendiges und weithin hervorragendes Bildungssystem, vom ich als Jugendlicher nicht zu träumen wagte. So zahlen am Ende denn auch 20 % der Einkommenssteuerpflichtigen nur 0,2 % des Einkommenssteueraufkommens während 1 % der Steuerpflichtigen 22 % zur Einkommenssteuer betragen (Quelle: BFM, Datensammlung zur Steuerpolitik 2018). Wir können das Fehlen eigener Bildungs- und Ausbildungsanstrengungen nicht durch einen ständigen Anstieg von Sozialausgaben, die bereits 50 % der Staatsausgaben ausmachen, kompensieren wollen. Wenn dagegen jemand von ganz, ganz unten ausschließlich aus eigener Kraft den Weg bis ins Bundeskanzleramt schaffen kann, dann ist das auch die Erfüllung eines sozialdemokratischen Traumes.