Tag des Baumes

Warum es dem Wald schlecht geht – und was dagegen getan werden muss

Kai Doering25. April 2023
Bäume im Harz: Auch die Buche hat inzwischen stark zu kämpfen.
Bäume im Harz: Auch die Buche hat inzwischen stark zu kämpfen.
Nach Jahren der Trockenheit ist der Wald in Deutschland in einem schlechten Zustand. Wie er sich erholen kann und warum es nicht reicht, neue Bäume zu pflanzen, sagt die waldpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Isabel Mackensen-Geis.

Wie geht es dem Wald in Deutschland?

Dem Wald geht es leider schlecht. Laut aktuellem Waldzustandsbericht sind vier von fünf Bäumen krank. Besonders seit 2018 hat sich der Zustand dramatisch verschlechtert. Das liegt vor allem an den heißen Sommern und viel zu wenig Niederschlag, was mit einem Absinken des Grundwasserspiegels einhergeht. Das macht vor allem Flachwurzlern wie der Fichte sehr zu schaffen. Auch die Buche hat inzwischen stark zu kämpfen. Die Trockenheit wiederum sorgt dafür, dass sich die Bäume schlechter gegen Schädlinge wie den Borkenkäfer wehren können. Wir sind bereits im fünften Jahr extremer Dürre und des Waldsterbens.

Isabel Mackensen-Geis

Kann diese Entwicklung noch aufgehalten werden?

In erster Linie kommt es darauf an, dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen, indem wir die Treibhausgas-Emissionen in allen Sektoren reduzieren. Damit unsere Wälder mit den schon jetzt veränderten Klimabedingungen zurechtkommen, müssen wir sie klimagerecht umbauen und die bereits bestehenden Schadflächen wieder aufforsten. Bei dieser Generationsaufgabe müssen wir von politischer Seite aus unterstützen.

Welche Folgen hat das Waldsterben über den Wald hinaus?

Wir sind es gewohnt, den Wald als CO2-Speicher, gleichzeitig aber auch als Freizeitraum zu nutzen. Die Leistungen, die uns der Wald tagtäglich zur Verfügung stellt und die wir nutzen sind zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Der sich verschlechternde Zustand zeigt, dass wir aktiv etwas müssen, damit unsere Wälder nicht von einer CO2-Senke zur CO2-Quelle werden und als Erholungsort erhalten bleiben. Das ist eine gewaltige Aufgabe für die Kommunen und privaten Waldbesitzenden, bei denen wir sie von Bundesseite aus unterstützen müssen.

Was bedeutet das für die Politik?

Wälder sind eigentlich Ländersache. Ich sehe aber in der aktuellen schwierigen Situation besonders den Bund gefordert, aktiv zu werden. Hier hat in den letzten Jahren zum Glück bereits ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Es wurde ein Förderinstrument eingeführt, finanziert vom Bund und von den Ländern, mit der im Zeitraum von 2018 bis 2023 die Waldbesitzenden bei der Wiederaufforstung unterstützt werden. Im Corona-Konjunkturprogramm wurden darüber hinaus 500 Millionen Euro für eine Waldprämie bereitgestellt. Seit kurzem gibt es mit dem klimaangepassten Waldmanagement ein Honorierungssystem für Waldbesitzende, die sich verpflichten, ihren Wald klimagerecht umzubauen. Bis 2026 werden dafür 900 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Wie kann der Wald denn klimafest gemacht werden?

Da gibt es verschiedene Wege. Früher war das Ziel, möglichst viel Wasser aus dem Wald herauszuholen, weil es eher eine Bedrohung für die Bäume war. Das wird heute umgekehrt. Es geht darum zu erreichen, das Wasser möglichst lange im Wald zu halten. Leider weiß heute noch niemand, welches die Baumarten der Zukunft sein werden, die sich also besonders gut an neue klimatische Bedingungen anpassen können. Wir müssen deshalb auf Vielfalt setzen und möglichst viele unterschiedliche Baumarten anpflanzen, nicht nur heimische. Das Problem ist, dass wir erst in einigen Jahrzehnten erfahren werden, welche Entscheidungen richtig und welche falsch gewesen sind.

Die Anpassung der Wälder an den Klimawandel ist das eine. Welche Rolle spielt Aufforstung im Kampf gegen das Waldsterben?

Die brauchen wir natürlich auch. Allerdings ist sie gar nicht so einfach wie es in der öffentlichen Debatte manchmal scheint. Zum einen sind die Baumschulen leergefegt. Es gibt kaum noch Setzlinge, die gepflanzt werden können. Zum anderen ist es mit dem Pflanzen nicht getan. Die jungen Bäume müssen auch geschützt und dabei unterstütz werden, sich durchzusetzen. Das ist personal- und kostenintensiv. Auch die natürlich Naturverjüngung, dass also neue Bäume aus den Samen älterer entstehen, funktioniert heute häufig nicht mehr, weil junge Bäume schlichtweg vertrocknen. Das ist ein echtes Alarmsignal.

Bewohner*innen in den Städten werden jeden Sommer aufgerufen, Straßenbäume bei extremer Hitze zu gießen. Was kann jede*r einzelne gegen das Waldsterben tun?

Ein wichtiger Beitrag zum Waldschutz ist ein achtsamer Umgang im Wald, um die Waldbrandgefahr zu verringern. Wie in jedem Frühjahr steigt mit zunehmenden Temperaturen die Gefahr von Waldbränden, daher sollte ein striktes Rauch- und Grillverbot gelten und kein Müll als Brandbeschleuniger im Wald zurückgelassen werden. Auch Pflanzaktionen sind sinnvoll, sollten aber von Profis organisiert und durchgeführt werden. Über Umweltverbände gibt es da jede Menge Möglichkeiten. Natürlich können die Bewohner*innen auch weiterhin in Dürreperioden die Straßenbäume gießen, denn diese haben es oft im Sommer unter städtischen Bedingungen nicht leicht.

Die Gesprächspartnerin

Isabel Mackensen-Geis ist waldpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion und Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald – Landesverband Rheinland-Pfalz.

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Kommentare

ja der Wald, nicht nur am

Amazonas , sondern auch bei uns. Andfererseits brauchen die Brasilianer ebenso wie wir hier bei uns im Lande die Flächen. Wir legen Photovoltaikfelder an (da stören Bäume ohnehin nur, weil sie Schatten werfen) und stellen Windräder auf, (was bei unbewaldeten Flächen sehr viel einfacher geht, man muss die Bäume nicht erst aus dem Weg schaffen), so dass die landwirtschaftliche Nutzfläche und mit ihr die Lebensmittelproduktion zurückgeht. Aber das ist ja nicht so problematisch, denn dafür steigt ja die Lebensmittelproduktion in Brasilien, wo immer größere Flächen landwirtschaftlich genutzt werden können. Der Wald hat es , als Wald , angesichts all dessen nicht leicht, da stimme ich mit dem Artikel überein. Aber es müssen sich halt alle nach der decke strecken. Wenn wir das können, ist es auch dem Wald zuzumuten . Schliesslich gibt es einstweilen ja noch den Nationalpark Bayerischer Wald- und angesichts des Klimawandels und der Gletscherschmelze können auch Gebirgslandschaften bewaldet werden, die früher dafür nicht zur Verfügung standen. Die gilt jedenfalls in den Schattenlagen der Alpentäler, wo Photovoltaik nicht lohnt. Die sollte man grossflächig bepflanzen

Wald ????

In D gibt es kaum mit Bäumen bestandene Flächen, die man noch als Wald bezeichnen kann. Statt dessen dominieren nicht Standortangepasste Nadelbaumplantagen das Bild. Das hat Vorteile für die Bretterindustrie und ihre Zulieferer, und wenn bei denen der Borkenkäfer einfällt dann schreien sie nach Subventionen, die von einer Frau Klöckner promt bedient wurden. Eine Abkehr davon sehe ich grundsätzlich nicht. Vieles mag auch der Ausbildung der Förster (Forst = Plantage) geschuldet sein die tief in der Ökonomie verwurtelt ist statt in der Ökologie. Die meisten Förster/Forstwirte, die ich kenne sind eher Bretterzüchter denn Waldbewirtschafter.

'Den' Wald gab und gibt es nicht.

Zumeist sind 'Wälder' tatsächlich Nutzholzplantagen mit ihren jeweiligen Besonderheiten. Da war und ist es Aufgabe der kommunalen und privaten 'Waldbesitzer', sich um ihren Wald zu kümmern.

Unterstützt wurden und werden sie dabei durch einige Fachhochschulen und Universitäten, an denen Fachleute forschen, lehren sowie ausbilden und die wissen, was sie tun, wenn man sie denn lässt und ihnen nicht reinredet und vorschreibt was sie tun sollen.

Mit dem Betretungsrecht [Bundeswaldgesetz] von 1975 schuf aber die damalige Bundesregierung [und auch Länderregierungen] ein Problem, das von folgenden Bundesregierungen/ Länderregierungen nicht gelöst wurde.