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Nach der Wahl in Spanien: Wie Pedro Sánchez Ministerpräsident bleiben kann

Gero Maaß11. November 2019
Kann er eine stabile Regierung in Spanien bilden? Wahlsieger Pedro Sánchez mit Ánhängern der PSOE
Kann er eine stabile Regierung in Spanien bilden? Wahlsieger Pedro Sánchez mit Ánhängern der PSOE
Zwar ist die sozialdemokratische PSOE wieder mit Abstand als stärkste Partei aus den Wahlen in Spanien hervorgegangen, doch gibt es weder links noch rechts der Mitte eine Mehrheit. Ministerpräsident Pedro Sánchez hat nun drei Möglichkeiten.

Einmal mehr hat die Frage nach der Zukunft Kataloniens polarisiert und die Wahl beeinflusst. Anfang Oktober hatte der Oberste Gerichtshof Spaniens neun katalanische Unabhängigkeitspolitiker und -aktivisten wegen Aufstands und der Veruntreuung öffentlicher Gelder zu langjähriger Haft verurteilt. Schon kurz nach der Verkündung kam es in Katalonien zu anhaltenden, mehr und mehr auch gewaltsamen Demonstrationen.

Die politische Mitte ist geschwächt

Da war einerseits Wasser auf die Mühlen der rechtspopulistischen VOX, die erkennbar gestärkt aus der Wahl vom Wochenende hervorging und gleichzeitig eine Stärkung der separatistischen Regionalparteien Kataloniens auf der anderen Seite. In der Folge ist die Parteienlandschaft noch zersplitterter als zuvor, und mit Blick auf die Mehrheitsverhältnisse im Parlament sind Koalitionen oder parlamentarische Kooperationen noch unvorhersehbarer. Die politische Mitte wurde geschwächt.

Vor der Wahl hatte der amtierende Premier Sánchez noch für vor Weihnachten eine Vertrauensabstimmung und eine neue stabile Regierung versprochen. Davon ist derzeit nicht mehr auszugehen. Denn nach der Neuwahl vom Wochenende ist die Lage noch unübersichtlicher geworden. Aus dieser Gemengelage heraus sind verschiedene Szenarien vorstellbar:

Regionalparteien könnten Zünglein an der Waage sein

Da weder das linke noch das rechte Lager eine Mehrheit hat, bleiben beide auf die Regionalparteien angewiesen. Dabei hätte eine linke politische Kooperation mehr Aussicht auf Erfolg als ein rechtes Bündnis. Denn es ist kaum davon auszugehen, dass eine baskische oder katalanische Partei einem von der rechtspopulistischen VOX gestützten, konservativen Regierungspräsidenten ihre Stimme gibt nach den aggressiven Wahlkampfparolen der Rechtspopulisten.

Das starke Ergebnis von VOX könnte auch als Warnung für das linke Lager dienen und den Druck auf die Parteien dieses Lagers erhöhen, endlich zu einer Einigung zu kommen und alte Rivalitäten und Animositäten beiseite zu lassen. Bleibt ein neues Problem: Hatte die katalanische (separatistische) ERC bei der Vertrauensabstimmung im Juli noch ihre Unterstützung für eine Koalition aus PSOE und Podemos in Aussicht gestellt, könnten die Hürden nach dem Urteil des Obersten Gerichtshofes von Oktober nun ungleich höher ausfallen. Offen bleibt außerdem, ob Premier Sánchez sich darauf einlassen will und kann.

Sozialliberale Regierung ausgeschlossen

Ausgeschlossen ist nach dem Wahldesaster der Liberalen auf jeden Fall eine sozialliberale Koalition. Nach den Wahlen im April hätte es von den Mandaten her gesehen noch gereicht. Hoffen dürfte Regierungschef Sánchez allerdings auf eine Wahlenthaltung der Liberalen wie der Konservativen. Dann könnte er im zweiten Wahlgang mit einfacher Mehrheit gewählt werden. Das könnte dann in einem sozialdemokratischen Minderheitskabinett enden, das sich wie der konservative Rajoy vor ein paar Jahren durchwurstelt, ohne politische Impulse setzen zu können. Eine Neuwahl in ein bis zwei Jahren wäre absehbar.

War Pedro Sánchez doch im Zuge des Misstrauensvotums im Juni 2018 mit politischem Geschick und auch einem Gespür für progressive Symbolik ins Amt gekommen. Das schafft zumindest die Chance, dass der sozialdemokratische Hoffnungsträger nicht im politischen Stilstand endet.

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Kommentare

Nach der Wahl in Spanien ....

... muß auch hier für die demokratischen Parteien PSOE und den Konservativen gelten: Erst das Land, dann die Partei. Auch wenn die gegenseitige Abneigung noch so groß ist kann nur eine GroKo dem Land weiterhelfen. Sonst werden wie in Thüringen die demokratieskeptischen und demokratiefeindlichen Parteien der Links- und Rechtspopulisten von DIE LINKE und der AfD mehr als 50 % der Stimmen erreichen. Wenn die dann ihre vielen Gemeinsamkeiten entdecken und koalieren wie in Griechenland die rechte "Goldene Morgenröte" und Tsipras Sozialisten, ist der Weg zur Rückkehr in die Diktatur nicht mehr weit.

Mein Lieber Richard Frey

Sie haben das Parteienbild dees eiskalten Kriegers verinnerlicht. Wahrscheinlich würden sie auch Teile der SPD vom Verfassungsschutz ausspionieren lasse wie das vor 1971 üblich war. LINKS lehnen sie ab - warum sind sie dann in der SPD ? Ich sehe nicht wo die deutsche LINKE extremistisch wäre, was sehen sie für Gespenster ? Das gleiche gilt für Tsripas.

"eiskalten Kriegers"

Eine Bezeichnung aus dem SED-Vokabular als "eiskalter Krieger" habe ich als Sozialdemokrat in dritter Generation lange nicht gehört. Das die KPD, Vorläufer der SED/DIE LINKE, 1933 in der SPD ihren Hauptgegner sah und entsprechend bekämpfte, ist bekannt. Das setzte sich nach 1945 fort und veranlaßte Kurt Schumacher, der von den Nazis und der SED gehaßte und verfolgte Parteivorsitzende der SPD, zur passgenauen Bezeichnung für die SED als "rotlackierte Faschisten".
Gestern bei der Wahl der neuen Fraktionsvorsitzenden von DIE LINKE posierte die neue Führung vor einem Plakat mit dem Bild von Lothar Bisky und seiner Forderung nach einem "Systemwechsel". Das ist also immer noch ein wichtiges Ziel für DIE LINKE. Das ist eine weitere Gemeinsamkeit mit der AfD, über das Demokratieverständnis von Real- und Nationalsozialisten müssen wir nicht lange rätseln.