Zwischen Spaltung und Rivalität

Vorwahlen: Die schwierige Suche der US-Demokraten

Knut Dethlefsen13. Februar 2020
Bernie Sanders hat in New Hampshire gewonnen, aber nur knapp.
US-Vorwahlen der Demokraten: Bernie Sanders hat in New Hampshire gewonnen, aber nur knapp.
Kabale jetzt, Liebe später? Die Vorwahlen der Demokraten in den USA setzen enorme Fliehkräfte frei. Ohne Zusammenhalt aber wird es keinen Sieg über Donald Trump geben. Eine Analyse von Knuth Dethlefsen, Büroleiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Washington.

Bernie Sanders hat die zweite Runde der Vorwahlen der Demokraten am 11. Februar gewonnen, wenn auch nur knapp. In seiner Siegesrede am Wahlabend reklamierte er auch den Wahlsieg in der ersten Vorwahl in Iowa für sich, da er die meisten Stimmen erhalten hatte. Er beschrieb den Erfolg als Sieg einer Bewegung und dankte den tausenden freiwilligen Unterstützern seiner Kampagne. Bernie Sanders hat sich klar an die Spitze der progressiven Demokrat*innen gestellt. Er ist gut aufgestellt für den Vorwahlkampfmarathon. „Dieser Sieg hier ist der Anfang vom Ende von Donald Trump“, rief Sanders seinen Unterstützer*innen auf der Siegesfeier zu. Ob das wirklich so sein wird, ist freilich offen. 

Die Präsidentschaftswahlen in den USA haben die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit. Auch global geht es um etwas. Muss die Welt sich auf weitere vier Jahre einer Präsidentschaft Donald Trumps einstellen oder übernehmen die Demokraten im kommenden Jahr die Regierung in Washington? Das wird sich daran entscheiden, wen die Demokraten ins Rennen gegen Trump schicken.

Countdown bis zum „Super Tuesday“

Bis zum Nominierungsparteitag der Demokraten Mitte Juli in Milwaukee wird in jedem der 50 Staaten sowie in Washington DC abgestimmt werden. Den Auftakt machte der Bundesstaat Iowa im Mittleren Westen. Dort wurden allerdings nur 41 Delegierte für den Parteitag gewählt – das entspricht etwa einem Prozent aller Delegierten. Diese Woche war der kleine Neuengland-Bundesstaat New Hampshire an der Reihe. Dort wurden 24 Delegierte gewählt.

Ende Februar folgen Nevada und South Carolina. Am 3. März, dem sogenannten Super Tuesday, werden 14 Bundesstaaten wählen, darunter auch Texas und Kalifornien – oft brachte dieser Tag in der Vergangenheit bereits die Vorentscheidung. Doch in diesem Jahr ist das Feld der Bewerberinnen und Bewerber so groß und liegt darüber hinaus so dicht beieinander, dass die Entscheidung lange auf sich warten lassen wird ­– vielleicht sogar bis zum Nominierungsparteitag selbst.

Die Vorwahlen in Iowa waren ein missglückter Start für die Vorwahlsaison der Demokraten. Aufgrund technischer Probleme dauerte es fast eine Woche, bis die Endergebnisse vorlagen. Am Ende lag Pete Buttigieg ganz knapp vor Bernie Sanders – der Vorsprung betrug gerade einmal 0,1 Prozentpunkte (Buttigieg: 26,2 Prozent und Sanders: 26,1 Prozent). Dieser Sieg kam überraschend. Er gab dem jungen und moderaten ehemaligen Bürgermeister aus dem Staate Indiana Aufwind für das Rennen in New Hampshire.

In New Hampshire wird wie in den meisten Staaten in einer Vorwahl abgestimmt. An der Wahl konnten sowohl registrierte Demokrat*innen als auch unabhängige Wählerinnen und Wähler teilnehmen. 296 622 Menschen beteiligten sich, damit lag die Wahlbeteiligung höher als bei den Vorwahlen 2016 und 2008. Bernie Sanders war hier klar favorisiert. Er kommt aus dem Nachbarstaat Vermont und ist in New Hampshire sehr bekannt. Hier gewann er auch die Vorwahl gegen Hillary Clinton 2016 mit großem Vorsprung.

New Hampshire: Sanders nur knapp vorn

In diesem Jahr ist das Ergebnis weniger eindeutig: Sanders liegt mit 25,7 Prozent der Stimmen nur knapp vor Buttigieg, der auf 24,7 Prozent kam. Die große Überraschung gelang der moderaten Senatorin aus Minnesota Amy Klobuchar, die mit 19,8 Prozent den dritten Platz errang und ihre Kampagne nun für die nächsten Monate ausbauen wird. Der ehemalige Vizepräsident Joe Biden, der im vergangenen Jahr alle Umfragen anführte, hatte schon in Iowa schlecht abgeschnitten, doch in New Hampshire landete er mit 8,4 Prozent abgeschlagen auf dem fünften Platz. Es ist schwer vorstellbar, dass seine Kampagne noch einmal an Fahrt gewinnen wird.

Insgesamt entschied sich damit zwar die Mehrheit der Wählerschaft in New Hampshire für die Moderaten, aber die Stimmen verteilten sich auf Buttigieg, Klobuchar und Biden. Zu der Gruppe der Moderaten wird sich am Super Tuesday zudem noch der Milliardär und ehemalige Bürgermeister von New York Michael Bloomberg gesellen. Seine Gunst in den Umfragen steigt. Bloomberg hofft, dann mit einem Schlag die Führung der moderaten Demokraten zu übernehmen.

Bernie Sanders dagegen kann nach den beiden ersten Vorwahlen klar die Führung im progressiven Lager der Demokraten für sich beanspruchen. Für ihn, aber auch für Pete Buttigieg wird es nun darauf ankommen, neue Wählergruppen zu erschließen. Beide werden in Nevada und South Carolina zeigen müssen, ob sie auch in Staaten erfolgreich sein können, die eher die Diversität des gesamten Landes repräsentieren.

Die progressive Senatorin Elizabeth Warren hat in Iowa und dann vor allem in New Hampshire enttäuschende Ergebnisse erzielt. Am Wahlabend machte sie darauf aufmerksam, dass es am Ende darauf ankommen wird, dass sich die Demokraten hinter einer Persönlichkeit vereinigen werden müssen. Das aber wird zunehmend schwieriger. Die gegenseitigen Attacken im Vorwahlkampf nehmen zu, der Ton wird rauer. Elizabeth Warren empfahl sich denn auch als diejenige, die am ehesten die Fliehkräfte der Partei wird bändigen können.

Fliehkräfte statt Favorit*innen

Die innerparteilichen Fliehkräfte sind in der Tat groß. Nicht nur die Kandidatinnen und Kandidaten unterscheiden sich in Persönlichkeit und Programm, es geht auch um grundsätzliche Richtungsentscheidungen. In allen Umfragen ist klar zu erkennen, dass die Demokraten sich vor allem einen Kandidaten oder eine Kandidatin wünschen, der oder die Donald Trump schlagen kann. Die meisten sind sogar bereit, für jemanden zu stimmen, mit dem sie nicht übereinstimmen, solange diese Person den Wahlsieg erringen kann. Nur ist eben alles andere als klar, wer die Demokraten zum Sieg führen kann. Iowa und New Hampshire sind 2020 keine klaren Wegweiser.

Barack Obama erschien 2008 als Lichtgestalt. Er schaffte es, die Hoffnung auf Veränderung mit einer inspirierenden, aber eher vagen politischen Agenda auf sich zu lenken. Eine vergleichbare politische Persönlichkeit und Projektionsfläche gibt es heute nicht. Die ideale Kandidatin, der ideale Kandidat ist nicht angetreten. Die Demokraten müssen auf die richtigen Themen setzen und ihre Ideen mit den Ergebnissen der Politik Trumps kontrastieren, nicht mit seiner Rhetorik.

In den nächsten Monaten wird hart gerungen werden müssen um den Zusammenhalt der Demokraten. Ohne Zusammenstehen am Ende des Vorwahlkampfes wird es keinen Wahlsieg im November geben. Doch genau dieser Zusammenhalt wird durch den traditionell langen und harten US-Vorwahlkampf erschwert. Die Vorwahlen in Iowa und auch in New Hampshire sind eine Warnung an die Demokraten: Sie müssen die Partei und ihre potentiellen Wählerinnen und Wähler hinter einer Persönlichkeit und mit einer Kampagne einen.

Dieser Artikel erschien zuerst im IPG-Journal.

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Kommentare

Internationale Unterstützung für Sanders notwendig !!!

Da die Auswirkungen einer Globalisierung marktradikaler Schrankenlosigkeit, die vor den zu schützenden individuellen Lebenswelten, kleinen Strukturen nicht haltmacht weltweit zu Abschottungsreflexen, Fremdenfeindlichkeit., Konkurrenzängsten bei prekär Beschäftigten, begründeten Abstiegsängsten bei der Mittelschicht geführt hat, ist es allerhöchste Zeit dass die internationale Sozialdemokratie laut hörbar die Wurzel dieser Übel, eine neoliberale Gewinmaximierungmaschinerie die durch fehlende wirksame Rahmensetzung zugunsten von Ökologie, Klimaschutz, Gesundheit, Arbeitsbedingungen, Waffenexporten zus. mit den Versäumnissen in vielen gesellschaftlich relevanten Bereichen (Personal, Technik, Ausstattung, Strukturen von Bildung bis zu Sicherheit!) benennt, die zukünftige Zielsetzung aufzeigt und schnell internationale zukunftsfähige Konzepte entwickelt.
Mit einer solchen Herangehensweise hätten die progressiven politischen Kräfte auch in USA und Deutschland eine Chance dem Symptom, d. ausufernden rückwärtsgewandten, nationalistischen Konservatismus und dem Verursacher, dem marktradikalen Neoliberalismus etwas Kraftvolles entgegenzusetzen !
Deshalb morgen am Samst alle zur Demo !!!

The best is yet to come

Hoffen auf Bloomberg (78 J); möglichst in Kombination mit einem/ einer deutlich jüngeren Bewerber/ in (Buttigieg, Klobuchar). Sanders ist der direkte Weg zu einer zweiten Trump-Amtszeit. Wie allenthalben zu beobachten ist, gilt auch in den USA: Linksruck gleich Niederlage. (Die Demokraten müssen ihre moralische Überheblichkeit ablegen.) Trump got to go.

Linksruck

Sehr geehrter Herr Schumacher, Ihre Beurteilung zu Bernie Sanders ist völlig unqualifiziert, weil ohne jede Begründung!
Niemand muss Sanders-Fan sein. Aber die Welt braucht bestimmt keine Demokraten-Version von Trump.

Ein bisschen weniger asozial, neoliberal, unökologisch, rassistisch, sexistisch, militaristisch, chauvinistisch, aber von den
Demokraten - und dann ist die Welt in Ordnung ? - und hat Ruhe vor Politikern wie Bernie Sanders! Soll das eine Alternative zu Trump sein ?

Die Jugend ist zu Recht für Leute wie Bernie Sanders. Und die Jugend wird sich langfristig durchsetzen.

Sehr geehrter Herr Gelhardt,

Sehr geehrter Herr Gelhardt, meine Begründung für meine Ablehung des Herrn Sanders liegt in der hohen Wahrscheinlichkeit der Niederlage des Herrn Sanders gegen Herrn Trump. Es ist wie mit Jeremy Corbyn und Boris Johnson. Wen hätte die Linke gern gehabt? Und: Wen haben wir bekommen? Reicht Ihnen das nicht als Begründung? Einen Bill Clinton kann ich mir nicht backen. Den hätte ich gern. Ich muss auf Biden (na ja), Klobuchar, Buttigieg und Bloomberg zurückgreifen.

Nachtrag zum Nachtrag

@Herrn Gelhardt: "...und wird sich langfristig durchsetzen" (die Jugend). Nun: "Langfristig" ist die Jugend alt, so wie wir. "Kurzfristig": Stehen Wahlen in den USA an.

Clinton

Sehr geehrter Herr Schumacher, Sie erklären: "Einen Bill Clinton kann ich mir nicht backen. Den hätte ich gern."
Genau das ist das Problem: Natürlich ist (war) Bill Clinton weniger vollidiotisch als Donald Trump. Aber ist das ein
objektiver politischer Qualitätsnachweis? Müssen die USA auf ewig von Süchtigen des Neoliberalismus/Neoliberalismus-Junkies (egal ob von den Demokraten oder den Republikanern) regiert werden - nur damit die USA NICHT von einem
sich selbst so nennenden Demokratischen Sozialisten regiert werden, der politisch nach BRD-Maßstäben eher ein
halblinker Sozialdemokrat ist? Ist schon halblinke Sozialdemokratie zu revolutionär für die USA? Müssen wir schon
vorab den Unsinn/Schwachsinn und Chauvinismus mitdenken, von dem möglicherweise die schweigende Mehrheit der US-Wählerinnen und -Wähler überzeugt ist - auch mangels der Fähigkeit zu universellem Denken? Schon US-Präsident George W. Bush hielt Austria für Australien! Soll das auf ewig so weitergehen?

Sozialismus?

Sehr geehrter Herr Gelhardt, ich kenne ihre Meinung und sie wahrscheinlich meine, beide sind - gelinde gesagt - nicht deckungsgleich. Ich bin kein Sozialist. Ich bin Liberaler mit SPD-Parteibuch. Wir werden uns nicht mehr katholisch bzw. evangelisch machen. Ich sage nur eins: Trump muss weg. Aber: 9 von 10 US-Amerikanern sind zufrieden mit ihrer aktuellen Situation (neueste Umfrage). Die ökonomischen Fundamentaldaten sind exzellent. Natürlich wissen wir, wie es um die Themen Klimaschutz etc. dort bestellt ist, doch gegen die Feel good-Stimmung anzugehen, wird für die Demokraten sehr schwer. Sanders? Mir egal, ich nehme auch Sanders, solange nur Trump abgewählt wird. Ich drücke "Ihnen" die Daumen, Herr Gelhardt.

Liberaler 1

Sehr geehrter Herr Schumacher, Liberale mit SPD-Parteibuch finde ich in Ordnung.Sie werden es nicht glauben,
ich habe auch große Achtung für Sozial-Liberale/Liberale wie z.B. Karl-Hermann Flach, Burkhard Hirsch, Gerhard Baum,
welche ich auch als Anwälte der Rechte der Bürger schätze!Nicht in Ordnung finde ich Neoliberale (einem marktextremistischen Kapitalismus Gehorchende). Das Grundübel der SPD - bis jedenfalls zum letzten SPD-Parteitag im Dez. 2019 - lag (liegt ?) im "Siegeszug" des Schröder-Blair-Papiers vom 08.06.1999. (das war keine drei Monate nach dem 11.03.1999 (!)), welches die Grundlage für Hartz IV/Agenda 2010 lieferte. (Agenda 2010/Hartz IV war natürlich auch von der CDU/CSU und FDP gewollt - Angela Merkel auf dem 25. CDU-Parteitag 2012: "Die Agenda 2010 war richtig. Deshalb haben wir sie als damalige Opposition unterstützt.Ohne uns wäre sie gar nicht Gesetz geworden.Wir haben sie im Bundesrat unterstützt.").Spätestens ab da hätte man in der SPD wach werden müssen.Wurde man aber nicht! Z.B. Ottmar Schreiner, Rudolf Dreßler (in gewisser Weise auch Kurt Beck) wurden zwar vom SPD-Volk stark geschätzt, aber von den maßgeblichen "Entscheidern" als 'Unzeitgemäße' abgetan!

Liberaler 2

Herr Schumacher, Sie behaupten (wie Donald Trump) nach meiner Ansicht unreflektiert, die ökonomischen Fundamentaldaten sind exzellent.Selbst wenn das generell so wäre, ist doch zu hinterfragen, für WEN das so ist?
(Wem nützt dies am allermeisten?)Bestimmt nicht für die Mehrzahl der Farbigen/Latinos.Bestimmt nicht für die gesellschaftliche Unterschicht und die untere Mittelschicht.Noch nicht einmal durchgängig für die mittlere Mittelschicht!
Die Reichen und Superreichen, Konzerne werden bevorzugt und überproportional steuerlich begünstigt! Riesige Militärausgaben.Eine vernünftige Krankenversicherung wird als sozialistisches, freiheitsbeschränkendes Teufelswerk denunziert.Riesiges Außenhandelsdefizit gegenüber China (Schon vor Trump.).Fatale Leugnung des auch extrem bedeutend vom Menschen gemachten Klimawandels! Soziale und solidarische Projekte sind strukturell gewollt neoliberal unterfinanziert und werden wenn überhaupt in private, "gottgefällige" Spendenhände /Wohltätigkeitsveranstaltungen gelegt!(Damit sich die 'Wohltätigen' gut fühlen können!)Die USA haben viel zu wenig mit Demokratie, sozialer und ökologischer Gerechtigkeit und eindeutig zu viel mit Plutokratie zu tun!

Liberaler 3

Sehr geehrter Herr Schumacher,

ich habe gerade eben einen auch bestimmt für Sie interessanten Artikel zu Bernie Sanders auf der Internetseite

NachDenkSeiten

Hinweise des Tages vom 19.02.2020
Hinweis Nr. 18 = Frei sein, high sein, Enteignung muss dabei sein!
Quelle: Telepolis

gefunden.

Vielleicht möchten Sie ja mal da reinschauen?!

Mit freundlichen Grüßen
Helmut Gelhardt

Moderat

So nennt die FSE den Establishment-Kandidaten Buttigieg oder die Frau Klobuchar und Herrn Biden. Das sind Kanditat*** der Wallstreet und des militäriondustriele Komplexes. Mit denen ist eine friedlicher Welt und mehr soziale Gerechtigkeit nicht zu haben. Die FSE sollte mal darauf achten wen sie das hyped.

Sanders ist m.W. ein Gegner

Sanders ist m.W. ein Gegner der Globalisten. Bleibt die Frage, ob er - wie bereits 2016 - nicht von seiner eigenen Partei abgesägt wird.

Trump ./. Sander wäre ein interessanter Wahlkampf. Beide setzen sich gegen die Globalisierung ein. Da werden die Raubtiere Gift und Galle spucken.