Bund-Länder-Treffen

Aus Vorsorge vor der Corona-Mutation: Homeoffice- und verstärkte Maskenpflicht

Kai Doering19. Januar 2021
Neue Corona-Regeln: In Bussen und Bahnen gilt künftig eine Pflicht für medizinische Masken.
Neue Corona-Regeln: In Bussen und Bahnen gilt künftig eine Pflicht für medizinische Masken.
Früher als geplant haben am Dienstag die Ministerpräsident*innen und die Bundeskanzlerin über die Corona-Maßnahmen beraten. Obwohl die Infektionszahlen sinken, wird der bestehende Lockdown verlängert und teilweise verschärft – aus Sorge vor einer Mutation.

Wenn die Bundeskanzlerin und die Vertreter der Ministerpräsident*innen in den vergangenen Wochen vor die Presse traten, hatten sie meist schlechte Nachrichten. Als Angela Merkel, Michael Müller und Markus Söder am Dienstagabend nach insgesamt fast elfstündigen Beratungen die Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz im Kanzleramt präsentierten, überwog dagegen die Hoffnung.

„Die Zahlen des Robet-Koch-Instituts machen Mut“, sagte die Bundeskanzlerin. „Es gibt Hoffnung“, betonte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz Michael Müller. „Die Maßnahmen, die beschlossen wurden, wirken“, sagte sein Stellvertreter Markus Söder. Und doch stand am Ende des Bund-Länder-Treffens nicht nur eine Verlängerung des bestehenden Lockdowns bis zum 14. Februar, sondern auch eine Verschärfung der Maßnahmen.

Homeoffice-Pflicht und medizinische Masken im ÖPNV

So sollen Arbeitgeber*innen verpflichtet werden, „überall dort, wo es möglich ist, den Beschäftigten das Arbeiten im Homeoffice (zu) ermöglichen (…), sofern die Tätigkeiten es nach ihrer eingehenden Prüfung zulassen“. Eine entsprechende Verordnung für diese Homeoffice-Pflicht soll das Bundesministerium für Arbeit und Soziales erlassen – zunächst befristet bis zum 15. März. Wo das Arbeiten in Präsenz erforderlich ist, sollen die Betriebe den Arbeitnehmer*innen „medizinische Masken“ zur Verfügung stellen.

Sogenannte OP-Masken reichen dabei aus. Diese sollen laut der Beschlussvorlage künftig auch bei der Nutzung von Bussen und Bahnen sowie beim Einkaufen verpflichtend sein. Bisher reichten hier sogenannte Alltagsmasken aus Stoff aus. „Die Maskenpflicht wird erweitert, um eine höhere Schutzwirkung zu haben“, erklärte Angela Merkel die Maßnahme. Ziel sei zudem die Kontakte im öffentlichen Personennahverkehr zu reduzieren. Arbeitgeber*innen würden deshalb auch angehalten, Dienstzeiten variabler zu gestalten, um Gedränge in Bussen und Bahnen zu vermeiden.

„Ernsthafte Gefahr“ durch Virus-Mutation

Schulen und Kitas bleiben bis zum 14. Februar geschlossen, ebenso Geschäfte, die nicht den täglichen Bedarf decken. Um die Schulschließungen sei „lange gerungen“ worden, gestand Angela Merkel ein. Letztlich seien aber alle Teilnehmer*innen des Treffens mit dem Vorgehen einverstanden gewesen. „Wir tun all das aus Vorsorge“, begründete die Bundeskanzlerin die getroffene Vereinbarung. Auch wenn „die harten Einschnitte beginnen, sich auszuzahlen“, drohe durch die erstmals in Großbritannien aufgetretene Mutation des Corona-Virus B117 „ernsthafte Gefahr“. Für Merkel und die Ministerpräsident*innen ist deshalb klar: „Wenn die Infektionszahlen niedrig sind, hat das mutierte Virus wenig Chancen.“

Ziel bleibe eine Inzidenz von weniger als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner*innen innerhalb von sieben Tagen. „Kontakte zu vermeiden, bleibt das A und O“, betonte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller. Es gehe darum, „aus den Erfahrungen des Frühjahrs“ zu lernen. Damals war es gelungen, die Übertragung des Corona-Virus deutlich zu verlangsamen. „Wir dürfen auf keinen Fall abbrechen“, sagte so auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Ansonsten drohe ein „Jojo-Effekt“ wie er in anderen Ländern bereits sichtbar werde.

Die SPD begrüßte die Einigung der Ministerpräsident*innen und der Kanzlerin. „Die Zahl der Neuinfektionen ist gesunken, doch das ist kein Grund für eine Entwarnung“, betonte die Parteivorsitzende Saskia Esken. Das digitale Treffen zeige, „dass die Politik agieren und nicht nur reagieren will“. Dass das Arbeitsleben im Mittelpunkt der beschlossenen Maßnahmen steht und wo immer möglich Homeoffice genutzt werden soll, sei sinnvoll. „Wenn wir weiterhin solidarisch handeln, werden wir die Pandemie besiegen und Leben retten können“, so Esken.

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Kommentare

Fehlende Strategie fällt Politik auf die Füße

Das Vorziehen des Gipfels war komplett unnötig, und seine Ergebnisse sehr schwach. Das Drama, was in den Tagen davor gemacht wurde, steht in keinem Verhältnis. Oft sollte die Politik sich ein solches Schauspiel nicht leisten. So sorgt man für Frust, und stärkt die Extremen.

Sorgen vor den Mutationen kann man haben, noch besser wäre es natürlich, wenn wir wüssten, wie weit sie überhaupt verbreitet sind. Da wir keine guten Datenlage haben, kann man auch keine vernünftigen Entscheidungen treffen. Klar ist nur: in Deutschland wird im Verhältnis wenig getestet, und dadurch sind die offiziellen Infektionszahlen niedrig. Davon geht ja auch das RKI aus.

Die Politik hat erkennbar keine Strategie und weiß nicht, wie sie das Land aus der Krise führen soll. Einzig das Prinzip Hoffnung (auf Impfstoffe, den Frühling) scheint zu herrschen. Das ist deutlich zu wenig, und die Menschen haben ein Anspruch auf mehr. So legt man lediglich die Basis für Unzufriedenheit und Entnervtheit, und entsprechende Wahlergebnisse.

wir müssen anerkennen, dass

sie alle ihr bestes geben. Das dabei nicht mehr herauskommt, ist den begrenzten Möglichkeiten geschuldet, über die die Akteure verfügen. Wenn wir allenfalls kreisligataugliche Spieler in der Bundesliga antreten lassen, dann dürfen wir uns nicht wundern über das Ergebnis.

Seit fast einem Jahr agieren sie ungezielt, weil sie offensichtlich an präziseren Daten gar nicht interessiert sind (ÖPNV ist vermutlich der wesentliche Treiber- und der muss aus ökologischen Gründen seine saubere weste behalten) . Wäre es anders, so wären die Probleme längst abgestellt- also soll all das so sein, wie es ist.
Wir sehen uns wider bei der Bundestagswahl, einige schon vorher- und ich rechne damit, dass die hochgehaltene Spannung (die Zahlen gehen zurück, aber wir haben ja die Mutationen als Drohkulisse) erst nach den ersten Landtagswahlen zurückgefahren wird. Jetzt keine Richtungsänderung mehr, sonst straft uns der Wähler (Rh-P beginnt mE) mit Missachtung. Wenn das man nicht in die Hose geht- das Dilettieren bedient nur den rechten Rand- darauf verwette ich meinen Allerwertesten

Und man muß als kritischer

Und man muß als kritischer Zeitgenosse auch erkennen, daß mit einer von der Politik (heute in der Pressekonferenz wieder von Merkel höchstpersönlich) verbreiteten diffusen Angst so weitergemacht werden kann, nämlich im "Notstandsmodus"!