
Es ist ein Kompromiss, den Heiko Maas am Mittwoch vorgestellt hat. So formulierte es auch der Justizminister selbst: „Unser Kompromiss wird möglicherweise einigen nicht weit genug gehen. Denn: Das ist nicht die alte Vorratsdatenspeicherung, wie die Sicherheitspolitiker sie sich wünschen. Anderen – wie etwa den Netzpolitikern – wird er eventuell zu weit gehen.“ Daher sei es ein ausgewogener Mittelweg, sagte Maas bei der Präsentation der Eckdaten am Mittwoch in Berlin.
Zehn Wochen sollen künftig die Daten der Telefon- und Internetkommunikation aller Bürger gespeichert werden, um schwerste Straftaten wie Mord, Totschlag oder Kinderpornographie besser aufzuklären. Dabei handele es sich um „Höchstspeicherfristen“, betonte Maas. Gespeichert werden IP-Adressen und Verbindungsdaten, aber Inhalte wie etwa der E-Mail-Verkehr nicht.
Deutschland geht seinen eigenen Weg
Für Funkzellendaten, die den Standort des Nutzers offenlegen, gilt eine Speicherfrist von vier Wochen. Der inhaltliche Zugriff auf die Daten soll erst bei dem Verdacht auf schwere Straftaten und nach richterlichem Beschluss möglich sein. Über den Abruf der Daten, die nur auf Servern in Deutschland gespeichert werden dürfen, müssen die betroffenen Nutzer informiert werden. Berufsgeheimnisträger wie Ärzte, Journalisten oder Abgeordnete sind von der Regelung ausgenommen.
Mit dem Antrag, den Maas gemeinsam mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière ausgearbeitet hat, geht Deutschland einen eigenen Weg. Nachdem der europäische Gerichtshof 2014 die damalige EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für unverhältnismäßig erklärt hatte, hat die EU-Kommission in diesem Jahr erklärt, dass sie keinen neuen Vorschlag für eine EU-Richtlinie vorlegen werde.
Vorratsdatenspeicherung in der SPD umstritten
Nicht nur in der EU, auch innerhalb der SPD ist die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung umstritten. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel lobte den Vorschlag des Justizministers und bescheinigte ihm eine „wirklich hervorragende Arbeit“, die dem Beschluss des SPD-Bundesparteitags von 2011 Rechnung trage. Damals hatten sich 60 Prozent der Delegierten für eine Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen, aber zugleich strengere Auflagen gefordert. Er hoffe, dass „wir mit diesem Vorschlag die von allen Beteiligten gelegentlich allzu emotional und ideologisch geführte Debatte schnell versachlichen können“, sagte Gabriel.
Zwar lobte auch der SPD-Netzpolitiker Lars Klingbeil den von Maas gefundenen Kompromiss, weil er die Forderungen der Union begrenze, aber Klingbeil machte zugleich deutlich, dass er die anlasslose Vorratsdatenspeicherung für falsch hält. „Ich bleibe dabei: anlasslos, flächendeckend und grundrechtskonform passt nicht zusammen. #vds“, so Klingbeil via Twitter. Die Vorratsdatenspeicherung wird auch Thema auf dem SPD-Parteikonvent am 20. Juni sein. Der SPD-nahe netzpolitische Verein D64 hat auf seiner Homepage bereits einen Musterantrag gegen die Vorratsdatenspeicherung bereitgestellt.