Neue Bundesregierung

Überraschung: Christine Lambrecht wird Ministerin für Verteidigung

Vera Rosigkeit06. Dezember 2021
Christine Lambrecht führte die Bundesministerin für Justiz- und Familie. Nun soll sie neue Verteidigungsministerin werden.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz nominiert Christine Lambrecht als Verteidigungsministerin. Lambrecht nennt das eine Überraschung und erklärt, warum sie diese Herausforderung gerne annimmt.

Es ist eine Überraschung im doppelten Sinne: Denn Christine Lambrecht hatte entschieden, im September nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren. Dabei hatte die Juristin am Ende der Legislatur gleich zwei Bundesministerien zu beackern. 2019 übernahm sie das Ministerium für Justiz von Katarina Barley, als diese für die SPD als Spitzenkandidatin in die Europawahl zog, und war nach dem Rücktritt von Franziska Giffey im Mai dieses Jahres auch deren Amtsnachfolgerin als Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Herausforderung: Verteidigung

Die Leitung zweier Ministerien sei eine der ganz großen Kompetenzen und Fähigkeiten, erklärt am Montag dann auch der künftige SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz. Über genau diese Fähigkeiten müsse man verfügen, wenn man das Verteidigungsressort leiten wolle, denn das sei ein großes Ressort, fährt er fort, und schlägt die 56-jährige Lambrecht als künftige Bundesministerin für Verteidigung vor.

„Für viele wird die Nominierung als Verteidigungsministerin eine Überraschung sein“, schickt Lambrecht denn auch in ihrer Vorstellungsrunde im Berliner Willy-Brandt-Haus vorweg. Für sie sei es in erster Linie ein großer Vertrauensbeweis, aber auch eine Herausforderung. „Wer mich kennt weiß, dass ich gerne große Herausforderungen annehme“, betont sie und hat sich für diese Ausgabe bereits einiges vorgenommen.

Soldat*innen-Beruf „attraktiv machen“

Zunächst stellt sie klar, dass die Soldatinnen und Soldaten es verdient hätten, „dass wir sie mit Anerkennung und Respekt begegnen“. Dabei will sie die Reservist*innen mit einbeziehen, die „Großartiges leisten“. Als Beispiel nennt sie deren Einsatz während der Corona-Pandemie und beim Hochwasser im Ahrtal im Sommer dieses Jahres. Nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten will Lambrecht ihnen Respekt zollen und vor allen Dingen für eine gute Ausstattung sorgen. „Wir müssen das Beschaffungswesen modernisieren.“ Doch Lamrecht möchte mehr: Sie will den Beruf „attraktiv machen, damit er demografiefest ist“.

Mit Bezug auf den Afghanistan-Einsatz betont sie aber auch die Notwendigkeit, künftig Auslandseinsätze zu evaluieren. Sie müssten immer wieder überprüft werden, betont sie, auch daraufhin, dass eine „Exit-Strategie vorhanden ist“. Dafür wolle sie sich einsetzen. Es ist im Übrigen genau dieser Beschluss zum Afghanistan-Einsatz gewesen, der für Christine Lambrecht als SPD-Abgeordnete des deutschen Bundestags ein besonders schwieriger Moment gewesen sei, wie sie in einem Interview mit dem "vorwärts" im Sommer erklärte.

23 Jahre lang Bundestagsabgeordnete

In diesem Interview hatte sie auch betont, wie einschneidend für sie als Justizministerin besonders die Monate der anhaltenden Corona-Pandemie gewesen seien. „Niemals hätte ich mir vorstellen können, dass ich so weitreichende Grundrechtseinschränkungen beschließen muss“, hatte sie erklärt. Doch die Pandemie habe diese Einschränkungen erforderlich gemacht in der Abwägung von Grundrechten und Schutz für Leben und Gesundheit.

Wenn also Olaf Scholz am Montag das Verteidigungsministerium als ein Ressort vorstellt, dass eine „wichtige Verantwortung für unser Land und unsere Sicherheit hat“, lässt sich mit Gewissheit sagen, dass die Übernahme einer großen Verantwortung für Christine Lambrecht nicht neu ist. 

23 Jahre lang war sie Bundestagsabgeordnete der SPD, hat in dieser Zeit ihren Sohn bekommen und sich als Familienminsterin u.a. besonders für die Einführung einer Kindergrundsicherung stark gemacht und auch dafür, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Beides ist nun Bestandteil des Koalitionsvertrags der neuen Ampelregierung, derren Kabinett Christine Lambrecht als Verteidigungsministerin angehören wird.

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Kommentare

Christine Lambrecht als Verteidigungsministerin

Ich hoffe sehr, dass Christine Lambrecht nicht nur Verteidigungsministerin wurde weil sie eine Frau ist und die Quote eingehalten werden sollte und sonst keine kompetente Frau zur Verfügung stand. Dass sie eigentlich nicht mehr in den Bundestag wollte, begründet auch eine solche Befürchtung.
Mit vdL und AKK hatte die Bundeswehr schon zwei wenig kompetente und schwache Ministerinnen zu ertragen, die einem Vergleich mit Peter Struck an keinem Punkt standhalten konnten. Ich hoffe, mit Christine Lambrecht als Verteidigungsministerin erlebt die Bundeswehr nicht eine weitere Fehlbesetzung weil es unbedingt eine Frau sein muss.

Überraschung: Christine Lambrecht Verteidigungsministerin

Ich gebe zu, ich mag Frau Lambrecht.
Sie nimmt „gerne große Herausforderungen an“ – jetzt also die der Verteidigungsministerin. Sympathisch, dass sie den „Soldat*innen-Beruf attraktiv und demografiefest“ machen will. Aber ist es nur ihrer Überraschung zuzuschreiben, dass sie als erstes „deren Einsatz während der Corona-Pandemie und beim Hochwasser im Ahrtal“ bescheinigt, „Großartiges“ geleistet zu haben? Oder klingt da die Weitsicht an, dass die Folgen des Klimawandels auch die Aufgaben des Militärs grundsätzlich verändern werden, dass z. B. „China anno 2049 (eher) Klimaopfer statt Kriegsmacht“ sein wird und die Streitkräfte der USA, Chinas und Russlands in naher Zukunft ihre Länder „nicht gegen feindliche Raketen …, sondern gegen das zunehmende Wüten der globalen Erwärmung“ zu verteidigen haben werden? US-Biden z. B. wies im Januar seinen Verteidigungsminister an, in der nächsten „National Defense Strategy“, die „Risiken des Klimawandels zu berücksichtigen“ (Michael T. Klare).

„Politisiert in der Anti-Atomkraft-Bewegung ... sei damals für sie der Beschluss zum Afghanistan-Einsatz ein besonders schwieriger Moment gewesen“, den sie heute zum Anlass nimmt,

Christine Lambrecht Verteidigungsministerin_2

„künftig Auslandseinsätze zu evaluieren“ und nach deren „Exit-Strategie“ zu fragen – ich hoffe, sie vergisst dabei nicht den „besonders schwierigen Moment“ des Beginns, denn den größten Respekt würde sie ihren Soldaten bezeugen, sie nicht in Auslandseinsätze zu schicken. Als Juristin wird sie sich Gedanken über das Narrativ des BMVg (24.6.21) zum Thema Friedenssicherung machen müssen: „Deutschland ist sich bewusst, dass der Einsatz militärischer Kräfte nötig sein kann, um Krisen schon im Entstehungsprozess zu begegnen und Konflikt zu vermeiden“. Sie wird klären müssen, ob diese Selbstermächtigung zum präventiven „Einsatz militärischer Kräfte“, gemeinhin Krieg genannt, mit Grundgesetz und Völkerrecht kompatibel ist. Ich erwarte auch von ihr, das bisherige Selbstverständnis des BMVg und seiner militärischen Kräfte zu überdenken und Konsequenzen daraus zu ziehen, dass nämlich „unsere Sicherheitspolitik global sein muss“. Realpolitisch ist dieser Anspruch ohnehin unsinnig.

Christine Lambrecht Verteidigungsministerin_3

Ich wünsche mir, dass sich Frau Lambrecht auch als Verteidigungsministerin den Blick von außen auf die Bundeswehr erhält und nicht blind dem Primat des Militärischen verfällt – das wäre allerdings eine sehr große Herausforderung für sie.

Ich erkenne ja an, dass

dem Geschlechterproporz Rechnung getragen werden muss, abgesehen von der sexuellen Orientierung und dem Migrationshintergrund. Aber dass die ganze Besetzung ohne Berücksichtigung der Interessen des Heiko Maas vonstatten ging, ist traurig und wird seinen Leistungen für die Partei nicht gerecht. Was wird denn nun aus ihm? .

Heiko Maas

Heiko Maas wird dem Bundestag als direkt gewählter Abgeordneter weiterhin angehören.

ja, das ist

bekannt, aber so ganz ohne Amt? das hat er nicht verdient, das Absitzen auf der Hinterbank, oder sind Sie da anderer Meinung? es entsteht der Eindruck, er sei, was Landauf/ Landab als "gescheiterte Existenz" bezeichnet wird.