Ude: Kliniksterben ist längst Realität

Stefan Grönebaum25. September 2008

Mehrere zehntausend Mitarbeiter deutscher Krankenhäuser waren dem Ruf des "Aktionsbündnisses zur Rettung der Krankenhäuser" nach Berlin gefolgt. Die größte Krankenhaus-Demonstration in der
Geschichte der Bundesrepublik (so Die Welt) richtet sich "Gegen das Spardikat der Politik - es reicht, wir gehen auf die Straße". Seit Jahren sind die Budgets der Spitäler gedeckelt, seit 1995
wurden allein 50 000 Pflegejobs gestrichen - "die Sparzitrone ist ausgequetscht, das Personal bis zum letzten ausgepresst", so Frank-Ulrich Montgomery, Vizepräsident der Bundesärztekammer. "Das
Ausbluten und die Ausbeutung der Beschäftigten hat Grenzen überschritten, die das Aus einer qualitativ sicheren Patientenversorgung bedeutet," so Marie-Luise Müller, Präsidentin des Deutschen
Pflegerats. Kommunale Arbeitgeber, Ärzte- u.a. Mitarbeiterverbände und Gewerkschaften fordern von der Politik mehr Mittel für die Klinikversorgung. Bund und Länder hatten darum monatelang
gestritten. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hatte versucht, die Länder zu Investitionspauschalen zu verpflichten, war aber gescheitert. Gestern beschloss der Bund einen Kompromiss, der den
Kliniken drei Milliarden Euro zusätzlicher Mittel von den Krankenkassen sichern soll, u.a. Um 21 000 neue Pflegejobs zu bezahlen. Den Rednern auf der Großdemo reichte das bei weitem nicht aus: Drei
Milliarden Euro kosteten allein die Tariferhöhungen, rechnete die Deutsche Krankenhausgesellschaft vor. Außerdem seien Sach- und Energiekosten massiv gestiegen. Die Krankenhäuser kämen aus dem
Teufelskreis von Rationalisierung und danach Rationierung medizinischer Versorgungsleistungen nicht mehr heraus. Für Münchens OB Christian Ude bleiben die Menschen auf der Strecke, wenn sich Bund
und Länder wechselseitig die Verantwortlichkeit zuschieben. Wenn es keine gerechte Bezahlung der Beschäftigten mehr gäbe, führe dies zu Nottarifen oder Tarifflucht, was dann der Bund als
Sozialdumping brandmarke. Er verlange "keine so aberwitzigen Summen, sondern nur angemessene Beiträge." Gingen Krankenhaussterben ("das ist kein Schreckgespenst, das Interessensvertreter an die
Wand malen, sondern längst Realität") und Privatisierung weiter, sei "auf Dauer die Gesundheit der Bevölkerung gefährdet". Der Gesetzgeber sei in der Pflicht, die Häuser "für eine ständig älter
werdende Gesellschaft so auszustatten, dass dort gute medizinische Leistungen erbracht und die Patienten bestens betreut werden können." Quellen: Die Welt, FAZ, die tageszeitung vom 25. September,
www.staedtetag.de; Mehr zu dem Thema in der Anfang Oktober erscheinenden DEMO 10/2008, 49 von Jella Teuchner, MdB und Daniel Krüger.