SPD-Wirtschaftsforum

Transformation: Warum der IRA ein Vorbild für Deutschland sein kann

Kai Doering25. April 2023
SPD-Chef Lars Klingbeil beim SPD-Wirtschaftsforum: „Es ist keine Zeit, sich zurückzulehnen.“
SPD-Chef Lars Klingbeil beim SPD-Wirtschaftsforum: „Es ist keine Zeit, sich zurückzulehnen.“
Mit einem groß angelegten Subventionsprogramm treiben die USA den Umbau ihrer Wirtschaft voran. Der „Inflation Reduction Act“ (IRA) kann eine Gefahr für Deutschland und Europa werden – oder ein Vorbild. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

Eigentlich geht es darum, die Auswirkungen steigender Preise auf die Wirtschaft möglichst gering zu halten. Doch seit seinem Inkrafttreten im August vergangenen Jahres ist der „Inflation Reduction Act“ (IRA) der amerikanischen Regierung unter Joe Biden zu einem Booster für amerikanische Unternehmen geworden – und zu einer potenziellen Bedrohung für europäische. Der IRA könne „in letzter Konsequenz dazu führen, dass sich Unternehmen aus Europa in die USA verlagern“, warnte etwa Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses des Europaparlaments, im März im Interview mit dem „vorwärts“.

Scharfe Kritik am Wirtschaftsministerium

Eine andere Perspektive nimmt nun das SPD-Wirtschaftsforum ein. „Europa sollte sich die technologieoffene und unbürokratische Ausgestaltung des IRA zum Vorbild nehmen“, schreibt der parteiunabhängige Wirtschaftsverband in einem Strategiepapier, das am Dienstag bei einer Tagung in Berlin vorgestellt wurde. Unter der Überschrift „Standort stärken, Investitionen und Innovationen fördern, Selbstblockaden lösen“, macht das Wirtschaftsforum Vorschläge, wie die Transformation der deutschen und der europäischen Wirtschaft hin zur Klimaneutralität gelingt.

„Unsere Wirtschaft ist zum Umbau bereit“, unterstrich die Präsidentin des Wirtschaftsforums, Ines Zenke, bei der Tagung – und übte scharfe Kritik am Bundeswirtschaftsministerium unter Robert Habeck (Grüne). Es sei „nicht akzeptabel“, dass dieses die Abwanderung von Unternehmen „achselzuckend zur Kenntnis“ nehme. Das Wirtschaftsministerium stehe „für Wirtschaft und nicht für Abwicklung“, so Zenke.

Private Investitionen als Schlüssel

Auch sie ist überzeugt, dass Deutschland „den IRA als Chancen sehen und seine Hausaufgaben machen“ muss. Dazu gehört aus Sicht des Wirtschaftsforums ein „LNG-Tempo“ bei Planungs- und Genehmigungsverfahren: In weniger als einem Jahr war es gelungen, ein Terminal für Flüssiggas an der Küste vor Wilhelmshaven zu errichten. „Das ist das Tempo, das wir wollen“, betonte Zenke. Das Beispiel zeige, „unsere Bürokratie kann schnell“.

Im Positionspapier spricht sich das SPD-Wirtschaftsforum darüber hinaus für verbesserte Rahmenbedingungen für private Investoren aus. Rund 80 Prozent des Geldes kämen aus privater und nicht aus öffentlicher Hand. Damit die Privaten investieren, sei aber Planungssicherheit wichtig. „Private Investitionen sind der Schlüssel für die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes“, schreibt der Verband in seinem Papier. Der Staat müsse „durch gezieltes Agieren und intelligente Rahmenbedingungen Investitionen anreizen“.

„Es ist keine Zeit, sich zurückzulehnen.“

Neben der Sicherung des Fachkräftebedarfs gehört aus Sicht des Wirtschaftsforums auch ein wettbewerbsfähiger Strompreis für Unternehmen dazu. Der Verband fordert daher einen „Industriestrompreis zwischen 5 und 7 Cent je Kilowattstunde zum Jahr 2024 einzuführen“. Nur so werde Unternehmen in der Transformation Planungssicherheit gegeben. Die AG Wirtschaft der SPD-Bundestagsfraktion hatte in der vergangenen Woche eine ganz ähnliche Forderung erhoben.

„Wir brauchen dringend einen Industriestrompreis“, unterstrich auch der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil bei der Tagung des Wirtschaftsforums. Deutschland habe es innerhalb eines Jahres geschafft, sich von russischen Energieimporten unabhängig zu machen. Das sollte Zuversicht geben, aber nicht dazu verleiten, die Hände in den Schoß zu legen. „Es ist keine Zeit, sich zurückzulehnen“, so Klingbeil.

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Kommentare

warum der IRA ein Vorbild...

da hat wohl der Fehlerteufel zugeschlagen, muss es nicht "die IRA" heissen?

zu IRA

Hallo Herr Freitag, danke für den Hinweis - doch sie meinen sicher die "Irish Republican Army". Hingegen geht es in dem Beitrag um den "Inflation Reduction Act". Somit stimmt an dieser Stelle der Artikel "der".

Kommentar gelöscht

Hallo Herr Plutarch, ihr Kommentar wurde gelöscht, weil er gegen Punkt 4 unserer Nettiquette verstößt.

„Scharfe Kritik“

am grünen Wirtschaftsminister der SPD-geführten Regierung äußerte „das Wirtschaftsforum der SPD, unabhängiger unternehmerischer Berufsverband, der als eigenständig eingetragener Verein keine finanziellen, personellen oder strukturellen Verbindungen zu einer politischen Partei hat“ (- sorry, so definiert sich das Forum selbst). Diesem parteiunabhängigen SPD-Wirtschaftsforum bestätigte Klingbeil, „wir brauchen dringend einen Industriestrompreis“, den auch schon „die AG Wirtschaft der SPD-Bundestagsfraktion“ gefordert hatte und der „zwischen 5 und 7 Cent je Kilowattstunde“ liegen sollte. Die Differenz zum Marktpreis, das ist die Lehre aus dem IRA der USA, subventioniert der Staat.
Die deutsche Industrie verbrauchte 2021 226 TWh Strom. Dafür müsste sie, wenn sie den Verbraucher-Preis (34,96 c/KWh) zahlen würde, 79 Mrd. € entrichten, bei einer Deckelung auf 7 c/KWh nur 15,8 Mrd. €. Die Differenz, 63,2 Mrd. würde der Staat subventionieren. Unterstellt man, dass der Industrie-Tarif nur dem halben Verbraucherpreis (17,48 c/KWh) entspricht, müsste der Staat immerhin noch 23,7 Mrd. € tragen – jedes Jahr.
„Es ist keine Zeit, sich zurückzulehnen“.