Wahrscheinlich können sich heute nur noch wenige Sozialdemokraten an Elfriede Eilers erinnern. Sie wurde 95 Jahre alt und starb am 4. Juni in ihrer Heimatstadt Bielefeld. Dabei war sie einst eine prominente Genossin, war gleich 1945 in die Partei eingetreten. Sie besetzte höchste Parteiämter und saß für die SPD von 1957 – 1980 im Bundestag. Eines war sie dort nie: eine Hinterbänklerin. Sie war Mitglied des Fraktionsvorstands und drei Jahre lang Parlamentarische Geschäftsführerin.Von 1966 – 1977 gehörte sie dem SPD-Parteivorstand an, von 1973 – 1977 dem Präsidium. Sie war stellvertretende Bundesvorsitzende der AWO und Vorsitzende des Fachausschusses „Familie“. Daneben engagierte sie sich in der Gewerkschaft und in der ganz praktischen Arbeit in ihrem Wahlkreis. Viele Familien werden mit Dankbarkeit an sie denken.
Engagiert für die Schwachen in der Gesellschaft
Elfriede Eilers (Jahrgang 1921) gehörte zu jener Frauengeneration, die es schwer hatte im Leben, sich alles erkämpfen musste: Schulbildung, Beruf, Akzeptanz in der Politik. Sie hatte als junge Frau den Schrecken der Nazizeit erlebt, als Tochter sozialdemokratischer Eltern wahrscheinlich sehr bewusst. Das Elend der Kriegs- und Nachkriegszeit hat sie nachhaltig geprägt. Ihren sicheren Beruf als Buchhalterin bei den Stadtwerken Bielefeld warf sie 1949 hin und ging nach Mannheim an das Seminar für Sozialberufe. Nach der Staatsprüfung 1954 kehrte sie als Jugendfürsorgerin beim Jugendamt nach Bielefeld zurück.
Als sie politisch aktiv wurde, waren Frauen in Parteiämtern so selten wie weiße Raben. Sie muss damals sehr überzeugend gewesen sein, denn schon 1957 wurde sie in den Bundestag gewählt und hatte den Ruf, dass sie genau wusste, wo die Menschen der Schuh drückt. Man traute ihr zu, entschieden für die Schwachen in der Gesellschaft einzustehen.
Das tat sie mit Kompetenz und Leidenschaft, denn sie wusste ja aus eigener beruflicher Erfahrung, welche Gesetze den Praktikern der Sozialarbeit und deren Schützlingen helfen würden. Dem Milieu derer, die sich „kümmerten“, blieb sie ihr ganzes Leben lang treu. Im Dezember 2004 gründete sie die Elfriede-Eilers-Stiftung mit Sitz in Bielefeld. Die Stiftung unterstützt neue Projekte im Bereich der Kinder-, Jugend-, Alten- und Behindertenhilfe.
„Klagt nicht, organisiert euch“
In der Frauenpolitik war sie sicher eher ein Kind ihrer Zeit. Mit Annemarie Renger zusammen kämpfte sie zwar für Lohngleichheit. Mit den „jungen Wilden“ unter den SPD-Frauen (die heute auch schon die 70 überschritten haben) tat sie sich eher schwer – und die mit ihr. Sie war zwar von 1973 – 1977 Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen. Doch mit der Ungeduld vieler junger Genossinnen, die damals laut die Hälfte der Macht einforderten, tat sie sich schwer. Ebenfalls mit deren Familienbegriff, der kurz gesagt lautete: Familie ist, wo Kinder sind.
Dennoch war Elfriede Eilers in der Sozialpolitik jener Zeit eine der Großen mit einem riesengroßen Herz für Kinder und für alle, denen es schlecht ging im Wirtschaftswunderland. Wenn Leute allerdings jammerten, ohne etwas zu tun, dann konnte ihre Reaktion schroff sein: „Klagt nicht, organisiert euch.“ Daran glaubte sie ihr Leben lang: Nämlich dass Menschen stark sind, wenn sie sich zusammentun. Eine echte Sozialdemokratin eben.