Letzter Präsident der Sowjetunion

Tod mit 91: So würdigt die SPD Michail Gorbatschow

Kai Doering31. August 2022
Michail Gorbatschow bei den Feierlichkeiten zum 140-jährigen Gründungsjubiläum der SPD 2003 in Berlin: Mit ihm starb ein mutiger Reformer, ein weitsichtiger Politiker und Staatsmann.
Michail Gorbatschow bei den Feierlichkeiten zum 140-jährigen Gründungsjubiläum der SPD 2003 in Berlin: Mit ihm starb ein mutiger Reformer, ein weitsichtiger Politiker und Staatsmann.
Mutiger Reformer, Jahrhundertpolitiker, Legende: Mit Lob und Anerkennung für seine Leistungen reagieren SPD-Politiker*innen auf den Tod von Michael Gorbatschow. Im Mittelpunkt dabei: Seine Verdienste um die Deutsche Einheit.

Nach langer, schwerer Krankheit ist am Dienstagabend Michail Gorbatschow in einem Moskauer Krankenhaus gestorben. Der letzte Regierungschef der Sowjetunion und Friedensnobelpreisträger wurde 91 Jahre alt. Weltweit würdigen Politiker*innen die Verdienste Gorbatschows, auch aus der SPD.

Michail Gorbatschow ist eine Legende.“

„Wir Deutsche haben ihm unendlich viel zu verdanken – denn seine Politik der Perestroika hat die Grundlage dafür gelegt, den kalten Krieg zu überwinden, Grenzbäume wegzuräumen und Europa und Deutschland wieder zu vereinen“, schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz auf Twitter. „Sein Mut zur Veränderung, sein Willen zur Transparenz und seine Unbeugsamkeit haben ihn ausgemacht. Mit ihm starb ein mutiger Reformer, ein weitsichtiger Politiker und Staatsmann.“

„Gorbatschow war einer der Mutigen. Ohne ihn wäre die friedliche Revolution vielleicht nicht friedlich verlaufen und es hätte die Wiedervereinigung 1990 womöglich nicht gegeben“, erinnerte SPD-Chef Lars Klingbeil ebenfalls auf Twitter. „Ohne sein Wirken für Frieden und Verständigung wäre die Mauer nicht gefallen“, schrieb dort auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser. „Michail Gorbatschow ist eine Legende.“

„Michail Gorbatschow war für uns eine große Hoffnung.“

„Seine kluge Politik war maßgeblich für die Beendigung des Kalten Kriegs und den Fall des Eisernen Vorhangs“, schrieb Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey in einer Würdigung. Damit habe Gorbatschow den Weg zur Deutschen Einheit erst ermöglicht. „Besonders die Menschen in Ostdeutschland, aber auch in ganz Deutschland und Europa haben ihm viel zu verdanken.“

Gorbatschows Verdienste um die Deutsche Einheit stellte auch der Ostbeauftragte des SPD-Parteivorstands Martin Dulig in den Mittelpunkt. „Michail Gorbatschow war für uns eine große Hoffnung“, erinnerte Dulig auf Twitter. „Glasnost und Perestroika – seine mutige Politik, die uns im Osten 1989 halfen die Freiheit zu erlangen. Ich verneige mich im Gedenken und tiefer Dankbarkeit.“

„Das vereinte Deutschland und das freie Europa verneigen sich.“

„Er suchte Verständigung, wo einst der Eiserne Vorhang für Trennung sorgte. Das war mutig und es bleibt beispielhaft“, schrieb auch die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast. „Michail Gorbatschow hat mit seinem Mut zur Veränderung die Welt aus den Angeln gehoben und unzählige Menschen aus den Fesseln von Diktatur und Unrecht befreit. Ein Jahrhundertpolitiker ist gegangen. Das vereinte Deutschland und das freie Europa verneigen sich“, würdigte ihn der Vize-Präsident des bayerischen Landtags, Markus Rinderspacher.

Auch der langjährige Präsident des Europaparlaments und heutige Vorsitzende der Friedrich-Ebert-Stiftung Martin Schulz betonte in seiner Würdigung Gorbatschows Verdienste um Europa.

Katarina Barley, Vize-Präsidentin des Europaparlaments und Europabeauftragte des SPD-Parteivorstands, schrieb auf Twitter: „Michail Gorbatschow hat einen besonderen Platz in der Weltgeschichte. Gäbe es mehr Menschen wie ihn, die Welt wäre ein besserer Ort.“

Eine Würdigung von Michail Gorbatschow anlässlich seines 90. Geburtstags lesen Sie hier.

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Kommentare

„SPD würdigt Michail Gorbatschow“_1

Völlig zurecht, denn „ohne ihn ... hätte es die Wiedervereinigung 1990 womöglich nicht gegeben“ (Klingbeil). Die geschichtliche Situation, deretwegen ihm „ganz Deutschland und Europa viel zu verdanken haben,“ beschreibt Klingbeil in seiner Zeitenwende-Rede so: „Zerfall der Sowjetunion. Die Richtung war klar: Das westliche Modell hatte sich als überlegen gezeigt, der Westen hatte gewonnen“. Und wie das geopolitisch in einer solchen Lage ist, nutzt der Sieger sie weidlich für sich. Die (heutige) EU (- ähnlich die Nato -) machte es zu ihrer offiziellen Strategie, die mit dem Zerfall der UDSSR entstandenen Staaten in „einem Ring aus Ländern“ (EU-Strategiepapier vom 12.5.2004) zwischen sich und die Russische Föderation zu legen und in die EU aufzunehmen. Ausdrücklich waren auch Belarus und die Ukraine gemeint. Für die EU-Aufnahme Georgiens, Aserbeidschans und Armeniens sprachen neben ihrer „direkten Nachbarschaft“ (Auswärtige Amt) auch ihre Bedeutung für eine „Zusammenarbeit im Energiebereich“ (KOM/2004/0373 endg.).

„SPD würdigt Michail Gorbatschow“_2

Hätten das dankbare Deutschland und Europa mit Gorbatschow über ihre Strategie gesprochen, hätte er sicher abgeraten, sie durchzusetzen. Die Russische Föderation jedenfalls hat sie nicht akzeptiert. 2008 wussten das nicht nur die Spiegel-Leser: „Nato verspricht Georgien und Ukraine Aufnahme in ferner Zukunft - Russland wütend“ (3.4.2008).

Auf dem Nato-Gipfel in Bukarest wendeten Deutschland und Frankreich (u. a.) deren Aufnahme noch ab. Die sich daran anschließenden Verhandlungen mit der Ukraine beurteilt H. A. Winkler (Zeit, 12.3.), wahrlich kein Putin-Versteher, so: „Der Westen hätte die Pflicht gehabt, ... im Dialog mit Russland um eine belastbare Sicherheitsordnung für ehemalige Sowjetrepubliken in Osteuropa zu bemühen. ... Solche Bemühungen gab es nicht, und das war eine folgenschwere Unterlassung“. Mahnend fügt er hinzu: „Wo stößt die Orientierung an den eigenen Grundsätzen und Werten an ihre Grenzen?“

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Solche Skrupel kennt unsere Jeanne d´Arc im Außenministerium nicht, genau so wenig wie unsere Wortgewaltigen in Politik und Presse. Und auch Kanzler Scholz weiß ausdrücklich: „Dass die EU weiter in Richtung Osten wächst, ist für uns alle ein Gewinn“. Darum setzt er sich ein „für die Erweiterung der Europäischen Union um die Staaten des Westbalkans, um die Ukraine, um Moldau und perspektivisch auch um Georgien“ (Rede in Prag).
Gorbatschow hätte Scholz gefragt, wo angesichts des Krieges in der Ukraine, der sich andeutenden Zerrüttung unserer Wirtschaft, der dramatische Folgen für unsere Gesellschaft und den Globalen Süden und der existenziellen Schäden für das Klima denn der Gewinn der Osterweiterung sich verberge.

Gorbatschow wäre mit uns nicht zufrieden!

„SPD würdigt Michail Gorbatschow“_1

Völlig zurecht, denn „ohne ihn ... hätte es die Wiedervereinigung 1990 womöglich nicht gegeben“ (Klingbeil). Die geschichtliche Situation, deretwegen ihm „ganz Deutschland und Europa viel zu verdanken haben,“ beschreibt Klingbeil in seiner Zeitenwende-Rede so: „Zerfall der Sowjetunion. Die Richtung war klar: Das westliche Modell hatte sich als überlegen gezeigt, der Westen hatte gewonnen“. Und wie das geopolitisch in einer solchen Lage ist, nutzt der Sieger sie weidlich für sich. Die (heutige) EU (- ähnlich die Nato -) machte es zu ihrer offiziellen Strategie, die mit dem Zerfall der UDSSR entstandenen Staaten in „einem Ring aus Ländern“ (EU-Strategiepapier vom 12.5.2004) zwischen sich und die Russische Föderation zu legen und in die EU aufzunehmen. Ausdrücklich waren auch Belarus und die Ukraine gemeint. Für die EU-Aufnahme Georgiens, Aserbeidschans und Armeniens sprachen neben ihrer „direkten Nachbarschaft“ (Auswärtige Amt) auch ihre Bedeutung für eine „Zusammenarbeit im Energiebereich“ (KOM/2004/0373 endg.).

Gorbatschow

Es ist schon richtig seine Leistung für Frieden und Entspannung zu würdigen, aber man muss auch dazu sagen daß der "Westen" die Chancen die sich boten nicht genutzt hat. 1994 zugen die letzten sowjetischen Truppen vom Territorium der DDR ab, samt Atomraketen etc.
Die "westlichen" Atomwaffen blieben, die Truppen auch und unter dem Vorwand des Iran wurden Raketenbasen bis an die russische Grenze gebracht.
Pabst Franziskus hatte schon Recht. Der Krieg begann nicht erst am 24.2.2022.
Herr Jordan: eschoffieren sie sich nicht, denn ich sage auch: Putin ist böse !!!!

ja, man hat Russland

verars........, und wundert sich nun, dass es sich dies nicht mehr gefallen lässt