Fragen und Antworten

Tarifverhandlungen: Wie es nach dem Bahnstreik weitergeht

Kai Doering27. März 2023
Kundgebung der EVG am Berliner Ostbahnhof: Der eintägige Warnstreik vom Montag wird erstmal nicht wiederholt.
Kundgebung der EVG am Berliner Ostbahnhof: Der eintägige Warnstreik vom Montag wird erstmal nicht wiederholt.
Mit einem eintägigen Warnstreik hat die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) den Bahnverkehr in Deutschland weitgehend lahmgelegt. Wann wieder verhandelt wird und ob bald der nächste Streik droht – wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) spricht von einem großen Erfolg. „Es macht uns sehr stolz zu sehen, wie viele Kolleginnen und Kollegen unserem Aufruf gefolgt sind, heute die Arbeit niederzulegen“, erklärte die stellvertretende Vorsitzende Cosima Ingenschay am Montag.

Mehr als 30.000 Menschen an 800 Standorten

Ab Mitternacht hatten die ersten Beschäftigten der Bahn ihre Arbeit niedergelegt. Weitere folgten zum jeweiligen Dienstbeginn um drei, vier und sechs Uhr. Nach EVG-Angaben beteiligten sich mehr als 30.000 Menschen an rund 800 Standorten an dem eintägigen Warnstreik, mit dem die EVG ihren Forderungen in den Tarifverhandlungen mit der Bahn Nachdruck verleihen möchte.

„Vielerorts brauchten wir zum Warnstreik kaum mehr aufrufen, unsere Mitglieder haben sich häufig aus Eigeninitiative streikbereit gemeldet. Das macht deutlich, wie wütend alle angesichts der Verweigerungshaltung der Arbeitgeber sind“, erklärte Ingenschay. Doch wie geht es bei der Bahn nun weiter?

Wann wird wieder verhandelt?

Die EVG führt mit 50 Bahn-Unternehmen gleichzeitig Tarifverhandlungen. Neben der Deutschen Bahn AG sind das viele private Bahnen, die in unterschiedlichen Regionen Deutschlands ein Bahnnetz betreiben. Das bedeutet, dass ein Verhandlungszyklus etwa einen Monat dauert. Die erste Verhandlungsrunde wurde am 23. März beendet. Die zweite beginnt am 29. März mit den „Osthannoverschen Eisenbahnen“.

Wann verhandelt die EVG wieder mit der Deutschen Bahn?

Der nächste Termin mit der Deutschen Bahn ist für den 24. April angesetzt. Die EVG machte am Montag auch deutlich, dass sie diesen Termin nicht vorziehen, sondern am vereinbarten Zeitplan festhalten möchte. Ein weiterer Verhandlungstermin mache auch nur Sinn, „wenn ein verhandlungsfähiges Angebot“ vorliege, wie EVG-Vize Kristian Loroch am Montag bei einer digitalen Pressekonferenz betonte.

Wann wird wieder gestreikt?

Voerst zumindest nicht. Solange die zweite Verhandlungsrunde läuft (bis Ende April) will die EVG von weiteren Warnstreiks absehen und zunächst die Gespräche bewerten. Die Frage, ob vor oder zu Ostern der Bahnverkehr bestreikt werde, „können wir klar mit Nein beantworten“, sagte Kristian Loroch.

Was fordert die EVG?

Die EVG ist mit der Forderung nach einem Lohnplus von zwölf Prozent, mindestens aber 650 Euro im Monat in die Tarifverhandlungen gegangen. Das Angebot der Deutschen Bahn ist davon bisher deutlich entfernt. Sie setzt vor allem auf eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 2.500 Euro, die die EVG aber ablehnt. „Die Beschäftigten erwarten, dass auf ihre berechtigten Forderungen nach mehr Geld endlich eingegangen wird“, erklärte Cosima Ingenschay.

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Kommentare

Bahnstreik

Die beiden Komiker Michael Wirbitzki und Sascha Zeus haben es am Morgen des 28.03.2023 treffend ausgedrückt:

Ständig liest man am Bahnsteig die Anzeige, dass Züge ausfallen, nur bei einem Streik heißt es in der Anzeige Zug fällt aus wegen Streik. Der Unterschied soll wohl darin bestehen, dass die Bahnkunden über die Gewerkschafter schimpfen, nicht aber über die Bahn, bei der nicht nur an einem Tag die Züge ausfallen, sondern das ganze Jahr hindurch.

Es ist der SPD unwürdig, in ihrer Parteizeitung so neutral

über einen derart bedeutsamen Tarifkonflikt zu schreiben. Der öffentliche Dienst und insbesondere der Verkehrssektor sind seit Jahrzehnten geplündert worden. Tarifabschlüsse deutlich unterhalb der Inflation waren die Regel. Inzwischen hat der öffentliche Dienst massive Rekrutierungsprobleme, weil die Bezahlung derart schlecht ist.

Dass die SPD in ihrer eigenen Parteizeitung nicht ein kleines Wort der Solidarität für diesen überfälligen Arbeitskampf übrig hat, ist eine Schande. Können sich Partei und Vorwärts Redaktion nicht mit den Forderungen identifizieren?

Ein Bericht ist kein Kommentar

Es handelt sich bei dem Text um einen Bericht über den Streik sowie den Fortgang der Tarifverhandlungen. Natürlich ist der neutral verfasst. Das erwarten unsere Leser auch so. Hätten wir den Tarifkonflikt kommentiert, wäre dieser natürlich nicht neutral gewesen.