
Die Wahl des ersten Landrats von der AfD im thüringischen Sonneberg am Sonntag war für viele Menschen ein Schock. Und auch in den Umfragen für die Landtagswahlen in den ostdeutschen Bundesländern ist die in weiten Teilen rechtsextreme Partei im Aufwind. Eine Studie der Universität Leipzig liefert nun mögliche Erklärungen für den Erfolg der AfD.
Jede*r zweite wünscht sich eine „starke Partei“
Eine repräsentative Befragung von 3.546 Menschen in den ostdeutschen Bundesländern ergab danach eine hohe Zustimmung zu rechtsextremen Aussagen. Chauvinistische und ausländerfeindliche Aussagen würden nur von einer Minderheit der Befragten abgelehnt, betonten die Studienleiter Oliver Decker und Elmar Brähler bei der Vorstellung der Studie am Mittwoch in Berlin.
Besonders ausgeprägt sei die Zustimmung in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. „Hier ist damit das Potential für extrem-rechte und neonazistische Parteien, Wähler zu finden, besonders hoch“, betonte Brähler. „Jeder zweite wünscht sich eine ‚starke Partei‘, die die ‚Volksgemeinschaft‘ insgesamt verkörpert. Statt pluralistischer Interessensvielfalt wird eine völkische Gemeinschaft gewünscht“, erläuterte Elmar Brähler, emeritierter Professor für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie an der Universität Leipzig.
Schwache Zustimmung zur Demokratie
Die Untersuchung zeige, „dass sich derzeit viele Menschen in den ostdeutschen Bundesländern nicht mehr demokratische Teilhabe und Sicherung der demokratischen Grundrechte wünschen, sondern die scheinbare Sicherheit einer autoritären Staatlichkeit“. Extrem-rechte Parteien wie die AfD hätten hier mit ihren ideologischen Angeboten zahlreiche Anknüpfungspunkte in die Breite der Bevölkerung.
Hinzu komme der „Wunsch nach einer Einparteiendiktatur“ wie sie viele in der DDR erlebt haben. So erfährt die Forderung nach „einer einzigen starken Partei, die die Volksgemeinschaft verkörpert“ in der Untersuchung eine hohe Zustimmung von den Menschen in Ostdeutschland. Gleichzeitig ist die Zustimmung zur im Alltag gelebten Demokratie nur sehr schwach ausgeprägt.
Die Erfahrungen aus der DDR prägen die Einstellungen der Menschen in Ostdeutschland noch heute. „Ein Viertel fühlt sich als Verlierer der Wende, nicht mal die Hälfte möchte sich als Gewinner bezeichnen. Rückblickend ist die Zufriedenheit unter den Befragten mit ihrem Leben in der DDR hoch“, erläuterte Oliver Decker, Direktor des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts für Demokratieforschung an der Universität Leipzig. Zwei Drittel der Befragten teilten eine Sehnsucht nach der DDR.