Große Zufriedenheit mit der DDR

Studie der Uni Leipzig: Darum ist die AfD in Ostdeutschland so stark

Kai Doering29. Juni 2023
Hohe Zufriedenheit mit dem Leben in der DDR: Eine neue Studie der Universität Leipzig bietet Erklärungsansätze für die Stärke der AfD in Ostdeutschland.
Hohe Zufriedenheit mit dem Leben in der DDR: Eine neue Studie der Universität Leipzig bietet Erklärungsansätze für die Stärke der AfD in Ostdeutschland.
Warum ist die AfD besonders in Ostdeutschland im Aufwind? Eine neue Studie der Universität Leipzig gibt Aufschluss darüber. Die Demokratie hat danach im Osten einen schweren Stand, was auch an Erfahrungen aus der DDR liegt.

Die Wahl des ersten Landrats von der AfD im thüringischen Sonneberg am Sonntag war für viele Menschen ein Schock. Und auch in den Umfragen für die Landtagswahlen in den ostdeutschen Bundesländern ist die in weiten Teilen rechtsextreme Partei im Aufwind. Eine Studie der Universität Leipzig liefert nun mögliche Erklärungen für den Erfolg der AfD.

Jede*r zweite wünscht sich eine „starke Partei“

Eine repräsentative Befragung von 3.546 Menschen in den ostdeutschen Bundesländern ergab danach eine hohe Zustimmung zu rechtsextremen Aussagen. Chauvinistische und ausländerfeindliche Aussagen würden nur von einer Minderheit der Befragten abgelehnt, betonten die Studienleiter Oliver Decker und Elmar Brähler bei der Vorstellung der Studie am Mittwoch in Berlin.

Besonders ausgeprägt sei die Zustimmung in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. „Hier ist damit das Potential für extrem-rechte und neonazistische Parteien, Wähler zu finden, besonders hoch“, betonte Brähler. „Jeder zweite wünscht sich eine ‚starke Partei‘, die die ‚Volksgemeinschaft‘ insgesamt verkörpert. Statt pluralistischer Interessensvielfalt wird eine völkische Gemeinschaft gewünscht“, erläuterte Elmar Brähler, emeritierter Professor für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie an der Universität Leipzig.

Schwache Zustimmung zur Demokratie

Die Untersuchung zeige, „dass sich derzeit viele Menschen in den ostdeutschen Bundesländern nicht mehr demokratische Teilhabe und Sicherung der demokratischen Grundrechte wünschen, sondern die scheinbare Sicherheit einer autoritären Staatlichkeit“. Extrem-rechte Parteien wie die AfD hätten hier mit ihren ideologischen Angeboten zahlreiche Anknüpfungspunkte in die Breite der Bevölkerung.

Hinzu komme der „Wunsch nach einer Einparteiendiktatur“ wie sie viele in der DDR erlebt haben. So erfährt die Forderung nach „einer einzigen starken Partei, die die Volksgemeinschaft verkörpert“ in der Untersuchung eine hohe Zustimmung von den Menschen in Ostdeutschland. Gleichzeitig ist die Zustimmung zur im Alltag gelebten Demokratie nur sehr schwach ausgeprägt.

Die Erfahrungen aus der DDR prägen die Einstellungen der Menschen in Ostdeutschland noch heute. „Ein Viertel fühlt sich als Verlierer der Wende, nicht mal die Hälfte möchte sich als Gewinner bezeichnen. Rückblickend ist die Zufriedenheit unter den Befragten mit ihrem Leben in der DDR hoch“, erläuterte Oliver Decker, Direktor des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts für Demokratieforschung an der Universität Leipzig. Zwei Drittel der Befragten teilten eine Sehnsucht nach der DDR.

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Kommentare

der VORWÄRTS ist in dieser Sache etwas spät dran, denn

die Schlagzeile, die sich aus der Studie ergibt, haben sich bereits andere Medien zu Nutze gemacht, um dann beim näheren Hinsehen feststellen zu müssen, dass sich aus der Studie kaum relevantes ableiten lässt. Vergebene Mühe, vertane Zeit, wo die Fragestellung doch wahrlich mehr verdient hätte. Die Anzahl der Befragten ist zu gering, um zur Qualität einer repräsentativen Studie gelangen zu können. Noch schmerzlicher vermissen wir allen die Vergleichbarkeit mit dem "Westen". So können alle, die dies wollen, ihre Vorurteile gegen den Osten pflegen- und im Ergebnis führt dies dann noch zu weiterer Abkehr von den Parteien, die es schon vor der Wiedervereinigung gab. Ich sehe nach so vielen Jahrzehnten keinen Sinn mehr darin, diese Ost - und Westdifferenzierung immer weiter fortzusetzen. Zu den vielen Jahrzehnten gesellen sich ja die vielen Westler, die sich im Osten niedergelassen haben. Leute wie Höcke, um nur ein Beispiel zu geben. Viele Ostler sind zwischenzeitlich im alten Westen beheimatet. Sind es diese Exostler, die die AfD im Westen wählen? Kann man glauben, ist aber wohl eher Legende. Im Ernst- macht solche Studien in vergleichbaren Regionen, ohne Ost/West.
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Repräsentativ

Wie kommen Sie darauf, dass die Studie nicht repräsentativ ist?

das will ich Ihnen sagen

Die Studie war bereits gestern Gegenstand der Berichterstattung- Im DLF Kultur- Mittagssendung "Der Tag" wurde sie debattiert, und bei dieser Gelegenheit wurde die mangelnde Repräsentativität betont. Überprüft habe ich dies natürlich nicht, schließlich ist das ja nicht irgendein Sender sondern ein Qualitätsmedium aus dem ÖRR. Wenn man denen nun auch keinen Glauben mehr schenken kann, dann weiß ich es auch nicht

Repräsentativ

Das ist interessant, denn eben jeder DLF Kultur schreibt auf seiner Seite von einer "repräsentativen Studie": https://www.deutschlandfunkkultur.de/studie-rechtsextremismus-ostdeutsch...

das überrascht mich auch, die Sendung im Radio

und auch der Podcast in dem das Gespräch zwischen C. Frenzel und seinem Gast hat Gegenteiliges vermittelt. Seis drum, offensichtlich bin ich irregeleitet worden, gehen wir davon aus, dass die Studie diesen Ansprüchen genügen kann, konzentrieren uns auf die offen gelassene Problematik des Regionalbezugs- wie würden dieselben Fragen im Ruhrgebiet beantwortet werden?

Warum sind SPD, CDU, FDP, Linke u. Grüne

in den 'neuen' Bundesländern so schwach (geworden)?

Denn die Stärke der erst 2013 gegründeten AfD korrespondiert offenbar mit der Schwäche von SPD, CDU, FDP, Linke u. Grünen sowie derem Versagen von 1990-2013, da ohne diese Schwäche und ohne dieses Versagen die AfD womöglich gar nicht gegründet worden wäre.

Herr Oliver Decker (Jhrg. 1968) ist Rheinländer und Herr Elmar Brähler (Jhrg. 1946) ist Hesse. So richtig verstanden haben sie die Bürger der neuen Bundesländer wohl nicht.

Der SPD sei angeraten, wie schon viele male zuvor, sich mit der eigenen Schwäche zu beschäftigen.

Um einschätzen zu können, was genau diese repräsentative Befragung, die keine Studie ist, ergab, müsste man die Fragen und die Antwortmöglichkeiten kennen.

Denn eine wissentschaftliche Befragung enthält keinerlei vorurteilsbeladene Begrifflichkeiten und keine Wahl der falschen Alternative, bei der die Befrager schon das Ergebnis festlegen.

Was soll man von so einer

Was soll man von so einer Studie halten, die nirgendwo verlinkt wird, so das man sich die gestellten Fragen nicht im Detail ansehen kann?
Keine Ahnung wer da befragt wurde aber die These, wonach sich die ostdeutsche Wähler nach einer "Einheitspartei" sehen, halte ich für absoluten Quatsch. Genau das Gegenteil ist der Fall, man will eben nicht den Einheitsbrei der etablierten Parteien, deren Programme sich in wesentlichen Fragen nur marginal unterscheiden.
Auch lehnen Ostdeutsche nicht "die Demokratie" ab, sondern "die Demokratie, wie sie bei uns gelebt wird", da sie in den Augen vieler Ostdeutschen eben langsam in Richtung Scheindemokratie driftet, wie damals in der DDR, wo zwar auf dem Papier alles in bester demokratischer Ordnung war, nur eben in der Realität nicht.

Link zur Studie

Danke schön. Und wie bereits

Danke schön. Und wie bereits vermutet sehen die Details ganz anders aus. Die angeblich "Schwache Zustimmung zur Demokratie" sieht in Wirklichkeit so aus:

- über 90% "Zustimmung zur Demokratie als Idee"
- rund 70-80% "Zustimmung zur Demokratie, wie sie in der Verfassung steht"
- aber nur rund 40-50% "Zustimmung zur Demokratie, wie sie in der Bundesrepublik funktioniert."

Ein schönes Beispiel dafür, wie man mit einer verkürzten und bösartigen Interpretation der Studie die Spaltung in der Gesellschaft (hier zwischen west und ost) weiter vorantreibt.

mit anderen Worten; Fake News???

- was soll man dazu sagen?

Ihre Kritik

Ihre Kritik am Text kann ich nicht nachvollziehen. Dort ist ja von der "Zustimmung zur im Alltag gelebten Demokratie" die Rede, also genau von jenen 40 bis 50 Prozent, die Sie unter Ihrem dritten Punkt nennen.

Wenn das nicht bösartig war,

Wenn das nicht bösartig war, kann man Ihnen leider nur mangelndes Textverständnis bescheinigen. Die Zustimmung "zur Demokratie" beträgt über 90%. Was gering ist, ist die Zustimmung zur "Demokratie, wie sie in der Bundesrepublik funktioniert". Kritisiert wird also nicht das Konzept Demokratie, sondern die als schlecht empfundene Umsetzung durch die aktuelle Regierung. Wer diesen Unterschied nicht sehen will oder ihn einfach verschweigt, handelt unredlich und zeichnet ein verzerrtes Bild.

Textverständnis

Entschuldigung, aber genau so steht es in der Studie: "Die Zufriedenheit mit der Demokratie, wie sie im Alltag funktioniert, ist der Befragung zufolge schwach ausgeprägt. Nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung finde sich in ihr wieder."

Wo hier mangelndes Textverständnis vorliegen soll, erschließt sich mir nicht. In meinem Text schreibe ich nirgends, dass die Menschen in Ostdeutschland mit der Demokratie im Abstrakten unzufrieden sind.

Dann schauen Sie sich doch

Dann schauen Sie sich doch die konkreten Fragen an. Niemand wurde nach dem "Funktionieren im Alltag" befragt. Die Fragestellung lautete "Funktionieren in der Bundesrepublik". Hier wird schon in der Studie eine Interpretation vorgenommen. Deshalb kann ich immer nur empfehlen, sich die tatsächlich gestellten Fragen anzuschauen. Ich fürchte aber, sie wollen mich - und die Ostdeutschen im allgemeinen - gar nicht verstehen. Dann darf man sich aber auch nicht über eine mangelnde Wählergunst beschweren, denn die Wähler wenden sich dann an die, die ihnen Verständnis entgegenbringen und ihre Probleme ernst nehmen.

Ich finde die ganze Studie

Ich finde die ganze Studie unglaubwürdig. Erstens: warum wurde so eine Studie nur in Ostdeutschland durchgeführt und nicht auch eine in den westlichen Bundesländern? Damit wird sofort suggeriert, dass es nur in Ostdeutschland ein fehlendes Demokratieverständnis, Zustimmung zur AfD usw. gibt. Außerdem halte ich diese Studie absolut nicht für aussagekräftig. Es wurden 3.500 Ostdeutsche befragt...... von ca. 12,6 Mio. Bewohnern der 5 ostdeutschen Bundesländer. Das sind rund 0,03 Prozent! Selbst wenn man da Kinder rausrechnen würde, ist das ja wohl eine Witz, das Ergebnis als repräsentativ hinzustellen. Aber irgendwo braucht man ja immer einen Schuldigen. Und da sind die Ostdeutschen ja immer gut geeignet.

Repräsentativität

Für die Repräsentativität von Befragungen hat die Bundeszentrale für politische Bildung hier eine gute Erklärung: https://www.bpb.de/lernen/angebote/grafstat/wahlen-nach-zahlen/337408/m-...

was soll man machen, wenn sonst niemand zur Hand ist,

an dem man sich abarbeiten kann ? Ich bitte das im Namen der Westdeutschen zu entschuldigen- früher hatten wir nur die Ostfriesen, oder auch die Bayern- selbige sind froh, jetzt von den Ostdeutschen abgelöst worden zu sein